Medical Tribune
15. Dez. 2015Innovative Forschungsleistungen

Innovatives Konzept für gezielte Therapie von CD30-positiven Erkrankungen

Der Gewinner des diesjährigen Schweizer Prix Galien heisst Brentuximab Vedotin (Adcetris®) der Firma Takeda. Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat ist eine hoffnungsvolle Option für Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem (r/r) Hodgkin-Lymphom oder r/r systemischem anaplastischem grosszelligem Lymphom, wenn andere Therapien versagt haben. Wir blicken auf die Preisverleihung zurück.

Der Prix Galien ist eine national und international renommierte Auszeichnung für besonders innovative Forschungsleistungen. Stifterin der Auszeichnung ist die Medical Tribune. Im Jahr 2015 erhielt in der Schweiz die Firma Takeda diesen Preis für das Onkologikum Brentuximab Vedotin. Das Konzept des Antikörper-Wirkstoff-Konjugats überzeugte die Jury. Die Preisverleihung fand im Rahmen eines SAKK-Symposiums am Kongress der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie statt.

Professor Dr. Christoph Renner vom OnkoZentrum Zürich blickte in seinem Referat auf die Geschichte des Hodgkin-Lymphoms zurück. Bis in die 1980er-Jahre hatten die Patienten mit dieser Erkrankung sehr schlechte Aussichten und starben bei fortgeschrittenem Befall innerhalb von sechs Monaten. Die Prognose dieser Erkrankung verbesserte sich mit dem Aufkommen einer Multidrug-Chemotherapie zwar deutlich, doch die Folgeschäden dieser Behandlung sind nicht zu unterschätzen. Etwa ein Viertel der Patienten entwickelt innerhalb von 25 Jahren Zweittumoren, sagte der Experte. Es existiert also eine wirksame Chemotherapie, die jedoch beträchtliche Nebenwirkungen hat.

Das Toxin wird nur in Kombination toleriert

Immunphänotypisch sind die klassischen Hodgkin-Lymphome durch eine Expression des CD30-Antigens charakterisiert. Der Wirkmechanismus von Brentuximab Vedotin beruht auf einem speziellen Konzept. Ein anti-CD30-Antikörper ist über einen Linker an das Toxin Monomethyl-Auristatin E (MMAE) gekoppelt. Aufgrund dessen Toxizität ist eine systemische Gabe von MMAE alleine nicht möglich. In der genannten Kombination wird es allerdings toleriert. Zellen mit dem CD30-Antigen auf ihrer Oberfläche nehmen das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat auf und im Zellinnern wird MMAE durch Proteasen abgespalten. Anschliessend kann es seine Wirkung entfalten, indem es die Mikrotubuli destabilisiert und somit die Zellteilung blockiert. Brentuximab Vedotin führt bei fast allen Patienten zu einer Tumorverkleinerung, sagte Prof. Renner.

Die Zulassung des Medikamentes gilt für folgende Indikationen: einerseits bei rezidiviertem oder refraktärem (r/r) CD30-positivem Hodgkin-Lymphom nach einer autologen Stammzelltransplantation oder nach zumindest zwei vorherigen Behandlungen, falls eine Stammzelltransplantation keine Behandlungsmöglichkeit darstellt, andererseits bei r/r systemischem anaplastischem grosszelligem Lymphom. Die Jury des Prix Galien unter dem Vorsitz von Professor Dr. Christian Ludwig ist sich bewusst, dass es sich um eine eher kleine Patientengruppe handelt, die für Brentuximab Vedotin qualifiziert. Allerdings stellt das Konzept des Antikörper-Wirkstoff-Konjugats einen neuen Mechanismus dar. Solche Konzepte können die therapeutischen Optionen in der Onkologie weiter verbessern.