Medical Tribune
9. März 2021Behandlungsalternativen zur Maske im Überblick

Obstruktive Schlafapnoe: Die CPAP-Therapie sagt nicht allen zu

Die andauernden Hypoxien im Rahmen einer obstruktiven Schlafapnoe belasten Herz und Kreislauf. Dagegen hilft die CPAP-Therapie – doch viele Patienten fühlen sich dabei unwohl. Einigen kann man die nächtliche Maskenpflicht mit konservativen Verfahren ersparen.

CPAP-Maschine, die in Reisetasche bereit für eine Reise, weißer Hintergrund legt.
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Als Therapiestandard bei der obstruktiven Schlafapnoe mit behandlungsbedürftigem Apnoe-Hypopnoe-Index gilt immer noch die nächtliche CPAP*-Atmung über dicht sitzende Masken. Viele Betroffene mögen diese Atemhilfe aber gar nicht, empfinden sie als beengend – und tragen sie demnach nicht. Das macht den therapeutischen Effekt überschaubar. Vor allem für leichtere Erkrankungsformen existieren aber auch Alternativen, erklären Professor Dr. Joachim Maurer und Dr. Sarah Leitzbach von der Sektion Schlafmedizin an der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie der Universitätsmedizin Mannheim.

1. Abnehmen

Fast alle Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe sind übergewichtig. Eine Gewichtsabnahme reduziert auch das Fettgewebe in Zunge, Velum und Pharynxwänden, damit weiten sich die oberen Atemwege und stabilisieren sich. Gleichzeitig wird auch das Bauchfett weniger. Dadurch entsteht ein nach kaudal gerichteter Zug, was sich mit einer Tonuserhöhung am kranialen Pharynxende bemerkbar macht.

Abnehmen und vor allem Halten des neuen Gewichts gestalten sich aber für viele Patienten schwierig, betonen die Experten. Deswegen kann man bei stärker Übergewichtigen einen bariatrischen Eingriff erwägen. Ist es dem Patienten gelungen, sein Gewicht zu reduzieren, sind schlafmedizinische Kontrollen angesagt. Die Schlafapnoe kann weiterhin bestehen bleiben, aber gegebenenfalls helfen nun andere Therapieoptionen weiter.

2. Volumenbegrenzung

Die meisten Menschen lagern tagsüber Flüssigkeit in den Beinen ein. Ganz besonders gilt das bei Herz-, Nieren- und venöser Insuffizienz. Dieses Volumen fliesst dann nachts wieder in Richtung Körperzentrum und auch in den Hals. Dort angekommen, begünstigt es die Obstruktion der Atemwege und damit die Schlafapnoe.

Betroffene sollten daher die tägliche Aufnahme von Salz und Flüssigkeit limitieren. Bei Patienten mit den genannten Erkrankungen sollten Sie deren Therapie optimieren. Aber auch so etwas Einfaches wie ein bisschen Bewegung oder Kompressionsstrümpfe können helfen. Wenn eine CPAP-Behandlung nicht infrage kommt, ist es essenziell, diese nächtliche Volumenverschiebung zu vermeiden, betonen die Kollegen.

3. Lagetherapie

Treten die nächtlichen Apnoen ausschliesslich oder zumindest verstärkt in Rückenlage auf, helfen Massnahmen, die genau diese verhindern. Am besten kommen Kranke mit aktiven Verfahren zurecht: Dabei tragen sie einen Vibrationsalarm am Körper und lernen über eine Konditionierungstherapie, sich automatisch umzudrehen, wenn sie im Schlaf auf dem Rücken liegen. Passive Ansätze kommen in der Regel im Schlaflabor zum Einsatz und bestehen aus speziellen Kissen, Jacken oder Rucksäcken.

4. Unterkieferprotrusionsschienen

Diese Hilfsmittel aus Kunststoff verlagern den Unterkiefer nach vorne und halten ihn dort, unabhängig von der Körperposition. Das weitet den Rachenraum, was der Obstruktion entgegenwirkt. Hierzu muss allerdings ein erfahrener Kollege aus der Zahnmedizin hinzugezogen werden, da dieser die Schiene langfristig individuell anpassen muss und der Zahnstatus eine entscheidende Rolle spielt. So sollten ausreichend viele feste Zähne oder Implantate vorhanden sein. Anfangs empfiehlt es sich allerdings, mit einem Standardmodell auszutesten, inwieweit sich die Symptome damit bessern.

Gelegentlich können myofunktionale Übungen der betroffenen Muskulatur die Apnoe-Phasen reduzieren. Spezialisierte Logopäden haben so etwas im Programm. Der Patient muss dafür aber hoch motiviert sein, daher können solche Interventionen individuell zusätzlich erwogen werden. Erfolge zeigen sich oft erst nach Monaten.

Sauerstoffgabe kann Atemantrieb ausschalten

Ebenso bleiben «Nasen-Stents» Einzelfällen vorbehalten: Im Prinzip handelt es sich dabei um Nasopharynx-Tuben, wie Sie sie vielleicht aus der Notfallmedizin-Weiterbildung kennen, nur aus besser verträglichen Materialien wie zum Beispiel weichem Silikon. Für dieses Verfahren darf der Würgereflex aber nicht empfindlich ausgeprägt sein.

Oft empfiehlt sich eine Kombination aus verschiedenen Therapieoptionen, damit der Patient auf die (ungeliebte) CPAP-Maske verzichten kann, schreiben die Experten. Ausdrücklich abzuraten ist von einer zusätzlichen Sauerstoffgabe in der Nacht, denn sie kann den letzten, hypoxisch bedingten Atemantrieb ausschalten. Ebenso warnen die Fachleute vor Medikamenten, die gegen die Apnoen selbst helfen sollen. Die Therapie von Grunderkrankungen ist damit natürlich nicht gemeint.

* Continuous Positive Airway Pressure

Maurer JT, Leitzbach S. HNO 2020; 68: 791–800.