Medical Tribune
5. Mai 2017Prophylaxe-Möglichkeiten gegen Atemwegsinfekte

Was Atemwegsinfekte wirklich fernhält

Ein beliebtes Mittel zur Präven­tion oberer Atemwegsinfekte ist das essenzielle Spurenelement Zink. Es drosselt die Produktion inflammatorischer Zytokine und soll auf diesem Weg die Infektrate senken, schreiben Dr. Sebastian Voss und Kollegen vom Institut für Hausarztmedizin der Universität Bonn.

Mit Zink schneller wieder fit fürs Büro

Doch die Wirksamkeit ist begrenzt: Zwei Cochrane-Reviews zufolge reduziert die Zinkeinnahme (75 mg/Tag) innerhalb von 24 Stunden nach Symptombeginn die Erkältungsdauer hochsignifikant. Die Häufigkeit der oberen Atemwegsinfekte bei Erwachsenen bleibt jedoch unverändert.

Für Kinder ergaben dieselben Metaanalysen eine signifikante Reduktion der relativen Häufigkeit von Erkältungsepisoden (RR 0,64), dieser Effekt wurde jedoch in einer kurz darauf publizierten Arbeit nicht bestätigt. Aufgrund unzureichender Daten befürworten die Autoren keine prophylaktische Zinkeinnahme. Kinder scheinen zwar von einer vier- bis siebenmonatigen vorsorglichen Anwendung (10–15 mg/Tag) zu profitieren, aber der geringfügige Nutzen muss gegen häufige Nebenwirkungen (Übelkeit, Diarrhö etc.) abgewogen werden.

Von Vitamin C profitieren vor allem Hochleistungssportler

Vitamin C ist laut der Übersichtsarbeit nur mit Einschränkungen zu empfehlen: Von der präventiven Einnahme scheinen in erster Linie körperlich stark beanspruchte Patienten (z. B. Marathon- oder Skiläufer) zu profitieren – ihr Risiko für obere Atemwegsinfekte halbiert sich bei der Einnahme von > 200 mg/Tag (RR 0,48). Bei körperlich weniger belasteten Personen verkürzt eine hoch dosierte Einnahme von Vitamin C (> 1 g/Tag) die Erkältung um wenige Stunden oder Tage.

Diesem begrenzten Nutzen stehen gastrointestinale Nebenwirkungen (z. B. Diarrhö) gegenüber, ausserdem fehlen Daten zur Langzeittoxizität, so die Autoren. Echinacea-Präparate sollen ebenfalls das Immunsystem stärken, doch die Studienergebnisse sind sehr heterogen. Ausserdem wurden unterschiedliche Arten der Heilpflanze untersucht (z. B. E. angustifolia, E. purpurea, E. pallida). In zwei Cochrane-Analysen konnte kein Nutzen nachgewiesen werden, nur in einzelnen Studien fanden sich positive Hinweise.

Aufgrund der dürftigen Evidenzlage halten die Autoren eine Aussage zur immunstimulierenden Wirkung derzeit nicht für möglich. Wenn Patienten dennoch ein Präparat anwenden wollten, sei E. purpurea am ehesten geeignet (Einnahmedauer 1–4 Monate).

Vielversprechender ist die Datenlage für Knoblauch: Eine drei­monatige Einnahme in Tablettenform (180 mg/Tag) reduzierte Ansteckungsrate und Symptomdauer erheblich. Dies bestätigte eine aktuelle Studie, die ermittelte Inzidenz blieb jedoch gleich. Die Autoren werteten diese Daten als Hinweis darauf, dass eine mehrmonatige präventive Knoblauch-Einnahme das Immunsystem günstig beeinflussen könne. Für einen sicheren Nachweis seien allerdings noch weitere Studien notwendig.

Wer alle Register zieht, trägt Handschuhe und Mundschutz

Physikalische Massnahmen gehören zu den effektivsten Strategien gegen Erkältungen: In einem Cochrane-Review reduzierte regelmässiges Händewaschen die Inzidenz oberer Atemwegsinfekte um die Hälfte (OR 0,54).

Noch wirksamer war das Tragen von Handschuhen und Mundschutz: Es verringerte die Häufigkeit sogar jeweils um zwei Drittel (OR 0,32). Für die Praxis raten die Hausärzte zu einem Aushang, der Patienten über physikalische Präventivmassnahmen aufklärt.

Voss S et al. Dtsch Med Wochenschr 2017; 142: 217–224.