Medical Tribune
24. Nov. 2016Hustenattacken

Chronischer Husten: Schon die drei Hauptursachen abgeklärt?

Als chronisch gilt ein Husten, der länger als acht Wochen anhält. Dem Bedürfnis zu husten sollten Betroffene nicht unkontrolliert nachgeben, weil dies die Bronchialwände aufgrund der hohen Drücke schädigen kann, warnt Dr. Thomas Rothe, Pneumologe am Zürcher RehaZentrum Davos. Anamnestisch steht die Frage nach dem Nikotingenuss an erster Stelle – einschliesslich Passivrauchen (v.a. bei Kindern).

Bei hustenden Tabakfreunden sollten COPD und Bronchialkarzinom ausgeschlossen werden. Sinnvoll ist zudem die Fahndung nach Reizstoff-Kontakt am Arbeitsplatz. Schliesslich gilt es, mittels Anamnese und klinischer Untersuchung gezielt nach weiteren Red Flags (s. Kästen) zu fahnden.

Probatorische Gabe inhalativer Steroide

Das weitere Vorgehen wird stark vereinfacht, wenn ein Nikotinabusus ausgeschlossen ist, mindestens sechs Wochen kein ACE-Hemmer eingenommen wurde und Röntgen-Thorax bzw. CT ohne pathologischen Befund verliefen. Denn dann lässt sich der chronische Husten höchstwahrscheinlich auf folgende drei Faktoren zurückführen: Bronchiale Hyperaktivität bzw. Asthma, chronische Sinusitis mit "post nasal drip" und gastroösophagealer Reflux.

  • Bronchiale Hyperaktivität: Hus­ten ist ein typisches, gelegentlich sogar das einzige Asthmasymptom. Er kann aber auch z.B. im Rahmen einer saisonalen Hyperaktivität, bei einer eosinophilen Bronchitis oder als Folge eines viralen Atemwegsinfekts auftreten. Dr. Rothe empfiehlt in all diesen Fällen einen Therapieversuch mit einem inhalativen Kortikosteroid über maximal vier Wochen. Falls dieser fehlschlägt, folgt die genauere (Allergie-)Diagnostik.
  • Post nasal Drip: Die vor allem morgens vor dem Frühstück erkennbare "Schleimstrasse" im Rachen weist auf eine chronische Rhinosinusitis hin. Kurzfristig hilft eine abschwellende Therapie (z.B. NSAR oder vasokonstriktive Nasensprays), in schweren Fällen evtl. auch orale Steroide (40 mg Prednisonäquivalent). Langfristig empfiehlt Dr. Rothe eine regelmässige Befeuchtung mit Salzwasser-Spray und die Spülung mit warmer Sole. Bei chronischer Sinusitis rät er zur mehrwöchigen Anwendung topischer Kortikosteroide. Unter der Vorstellung, dass ein Reflexbogen den Husten unterhält (vermutlich vagal innerviert), erscheint z.B. auch die nasale Gabe von Ipratropiumbromid sinnvoll.
  • Gastroösophagealer Reflux: Auch ohne Sodbrennen führt ein Magensäure-Rückfluss u.U. zu hartnäckigem Husten. In Zweifelsfällen kann ein Versuch mit hoch dosierten PPI (2 x 40 mg vor der Mahlzeit über mindestens sechs Wochen) die Diagnose klären. Dabei persistiert der Reflux zwar häufig, enthält aber keine relevante Säuremenge mehr. Wenn der Husten trotz PPI, Propulsiva und Antirefluxdiät persistiert, hilft eventuell eine Fundoplicatio. Falls diagnostische Massnahmen und probatorische Therapien nicht weiterführen, ist eine Bronchoskopie indiziert, ggf. ergänzt durch Histologie (Eosinophilie) und Lavage (DD exogen allergische Alveolitis) sowie Pertussis-PCR (Rachenabstrich).

    Als idiopathisch gilt ein trockener Hus­ten, wenn sich auch nach differenzierter Diagnostik keine Ursache finden lässt. Er beruht wahrscheinlich auf einer sensorischen Neuropathie, evtl. wirken Amitryptilin und Gabapentin. Ein anhaltender produktiver Husten hingegen ist nie idiopathisch, sondern Folge einer Bronchitis bzw. eines Post-nasal-drip-Syndroms.

Sekretdrainage steht an erster Stelle

Einen wichtigen Stellenwert hat die Physiotherapie. Bei produktivem Husten steht die Sekretdrainage an erster Stelle, dazu zählt die Inhala­tion eines Betamimetikums ebenso wie reichliches Trinken von warmem Tee und körperliche Bewegung (rasches Atmen löst Sekret von der Bronchialwand). Auch Atmen gegen Widerstand ist sinnvoll.

Bei trockenem Reizhusten empfiehlt Dr. Rothe Hustendisziplin. Das Lutschen von Pastillen (Lakritz, Isländisch Moos etc.) unterdrückt den Hustenreflex durch vermehrtes Schlucken. Falls dies nicht genügt, kommen evtl. Ipratropiumbromid, Dextromethorphan oder Kodein (Cave: Abhängigkeit) infrage.

Quelle: Rothe T. Therapeutische Umschau 2016; 73: 321-325