Medical Tribune
1. Juni 2015Langzeiteffekte einer hohen Feinstaubbelastung

China-Reisende auf den Smog vorbereiten

China boomt – und mit der zunehmenden Industrialisierung und Motorisierung kommt es in den letzten Jahren vor allem im Bereich der grossen Metropolen zu einer zunehmenden Feinstaubbelastung. Zwar gelten im Prinzip die gleichen Richtwerte für Feinstaub wie in der EU, sie werden aber häufig um ein Vielfaches überschritten, berichtete Dr. Axel J. Telzerow vom Reisemedizinischen Zentrum in Frankfurt am Main.

Feinstaubbelastete Chinesische Stadt
VichienPetchmai/gettyimages

Kleinste Staubpartikel geraten in die Blutgefässe

Vor allem der Feinstaub mit einer Partikelgrösse < 10 μm ist gesundheitsgefährdend. Die kleinen Partikel gelangen nicht nur in den Nasen-Rachen-Raum und in die Bronchien, sondern auch tief in die Alveolen. Für einen Feinstaub < 2,5 μm hat die Lunge überhaupt kein Reinigungssystem mehr, sodass sich Ablagerungen auch in Gefässen und Organen finden. Bei körperlicher Belastung steigt die Exposition durch das höhere Atemvolumen noch an.

Ein Schwellenwert für eine gesundheitsschädigende Wirkung konnte bisher nicht ausgemacht werden. Bei einem nur vorübergehenden Aufenthalt in den Smoggebieten werden eher die Kurzzeiteffekte des Feinstaubs zum Tragen kommen. Dazu gehören:

  • Augen- und Nasenreizung
  • trockener Husten und vermehrtes Räuspern
  • vermehrte Mittelohrentzündungen
  • Einschränkungen der Lungenfunktion
  • Häufung von Herzinfarkten, Herzrhythmusstörungen und zerebralen Durchblutungsstörungen
  • vermehrte Arztbesuche und Krankenhauseinweisungen
  • erhöhter Medikamentengebrauch

Gesunde besitzen hier meist genug Reserven zur Kompensation – ernste gesundheitliche Probleme treten vor allem bei vorgeschädigten Personen (z.B. mit Asthma, COPD, Herzerkrankungen) auf. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit kann aber auch für körperlich Fitte spürbar sein.

Peak-Flow sinkt, Risiko für Lungenkrebs steigt

Langzeiteffekte einer hohen Feinstaubbelastung können bei Kindern vermehrte Bronchitiden und Lungenreifungsstörungen sein. Der Peak-Flow ist auch bei Erwachsenen dauerhaft reduziert, die kardiovaskuläre und allgemeine Mortalität nimmt deutlich zu, das Lungenkrebsrisiko steigt.

Da "nicht atmen" keine Option ist – was kann man bei geplantem China-Aufenthalt empfehlen? Einen Überblick über die Luftqualität bekommt man tagesaktuell im Internet* (auch als App). Bei einem "Airquality-Index" über 200 drohen der exponierten Gesamtbevölkerung gesundheitliche Gefahren, bei zum Teil astronomischen Werten > 300 sollte man nach Möglichkeit das Haus nicht mehr verlassen.

Es empfiehlt sich, Patienten mit Vorerkrankungen wie Asthma oder COPD schon vor der Reise gut einzustellen und ggf. die Therapie zu intensivieren, riet Dr. Telzerow. Kleine Kinder, Schwangere oder chronisch Kranke stellen weitere Risikogruppen mit besonderer Gefährdung dar.

Nicht jede Atemmaske schützt effektiv

Bei hohen Feinstaubwerten sollte man die körperliche Belastung möglichst reduzieren, sich nur in Räumen aufhalten und eine zusätzliche Innenraumbelastung z.B. durch Rauchen unbedingt vermeiden. Sobald die Werte niedriger sind (z.B. nachts), sollte eine Stosslüftung erfolgen. Innenräume haben in China zum Teil auch Luftfilter mit HEPA-Filterfunktion (high-efficiency particulate arrestance), die aber gut gewartet werden müssen.

Draussen kann die Verwendung von Atemmasken sinnvoll sein. Hier muss aber schon beim Kauf darauf geachtet werden, dass sie auch eine Filterfunktion gegen Feinstaub haben (FFP-2/N95). Trägt man die Masken zu lange, kann sich bei fehlendem Ausatemventil der Atem-wegswiderstand erhöhen, warnte der Reisemediziner. Für kleine Kinder sind die Masken nicht geeignet. Hat man die Wahl, sollte man möglichst nicht in den Wintermonaten nach China fahren, da die Belastung hier deutlich höher ist.

* aqicn.org/map/china/

Quelle: 16. Forum Reisen und Gesundheit