Medical Tribune
4. Sept. 2023Gehirn an Maschine: Bitte bewegen!

Implantierbare Gehirn-Computer-Interfaces zeigen gute Verträglichkeit

Implantierbare Gehirn-Computer-Interfaces (BCI) verursachen nur selten schwere Nebenwirkungen – und die meisten Fälle gehen auf falsche Medika­tion zurück. Das ergab die bislang grösste Studie zu dieser Frage.

Eine neue Studie attestiert Gehirn-Computer-Interfaces gute Verträglichkeit.
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Sogenannte Gehirn-Computer-Interfaces oder -Schnittstellen (brain computer interfaces; BCI) sollen Paralysepatienten Mobilität, Kommunikation und funktionelle Unabhängigkeit ermöglichen. Mikroelektroden­arrays registrieren dabei Nervenimpulse direkt im zerebralen Kortex und leiten die Information an assistierende Technologien weiter. Trotz einer Menge präklinischer Daten ist die Sicherheit dauerhaft implantierter BCIs aber bislang unklar.

Hautirritationen häufigste BCI-Nebenwirkung

Ein Forcherteam der Harvard Medical School in Boston hat kürzlich Sicherheitsdaten aus der grössten und am längsten laufenden klinischen Studie mit einer implantierbaren Schnittstelle publiziert, der prospektiven BrainGate-­Studie (1). Eingeschlossen waren 14 Erwachsene mit Tetraparese wegen eines Hirnstammschlaganfalls, einer Querschnittslähmung oder einer Motoneuronerkrankung. Ihnen hatte man ein oder zwei Arrays des BrainGate-Systems implantiert. Die BCIs lagen seit durchschnittlich 872 Tagen; insgesamt konnten die Forscher auf mehr als 12.000 Tage Erfahrung zurückgreifen.

In dieser Zeit liessen sich 68 Device-bedingte unerwünschte Ereignisse beobachten, davon sechs schwere Ereignisse. In etwa der Hälfte der Fälle handelte es sich um Hautirritationen, die meist auf falsche Pflege zurückzuführen waren und die nach entsprechender Aufklärung abklangen. Ein Patient erhielt Antibiotika wegen einer lokalisierten Hautinfektion. Es traten keine unerwarteten Probleme, intrakraniellen Infektionen oder Todesfälle auf und auch keine Ereignisse, die den Behinderungsgrad bleibend erhöhten. In keinem Fall musste ein BCI wegen Nebenwirkungen entfernt werden, schreiben die Autoren.

Zwei Patienten erlitten postoperativ Krampfanfälle

Bei fünf Teilnehmern wurde das Array geplant explantiert, auch dies verlief weitgehend problemlos. In allen Fällen war wie erwartet Arachnoidea über das Array gewachsen. Zwei Patienten, die keine oder nur inkonsistent anfallssupprimierende Medikation bekommen hatten, erlitten postoperativ Krampfanfälle. Ein Patient entwickelte Monate nach der OP einen Status epilepticus. Insgesamt sei das Sicherheitsprofil vergleichbar mit dem anderer implantierter Devices, schlussfolgern die Autoren.