Medical Tribune
2. März 2016Trigeminoautonomen Kopfschmerzen

Kopfschmerz-Therapie kann Leben retten!

Eine wichtige Änderung in der aktualisierten Leitlinie** betrifft die Klassifikation: Hemicrania continua und SUNA/SUNCT-Syndrom rechnet man jetzt zu den trigeminoautonomen Kopfschmerzen.
Viele weitere Neuigkeiten gibt es zum Clusterkopfschmerz, so die Autoren:

  • Mittels Stimulation des Ganglion sphenopalatinum kann man laut einer randomisierten Multicenterstudie bei über 70 % der Cluster-Patienten die akute Attacke kupieren, die Attackenfrequenz mindern – oder beides. Nebenwirkungen der Operation (leichte/mässige Hypästhesie des N. maxillaris für bis zu drei Monate Dauer) scheinen dabei unvermeidlich. 
  • In jedem zweiten Fall von medikamentenresistentem chronischem Clusterkopfschmerz führt die bilaterale Stimulation des N. occipitalis major zum Erfolg (ist allerdings off label wegen der hohen Nebenwirkungsrate).
  • Als Alternative nennen die Experten die wiederholte Injektion von Kortikoiden und Lokalanästhetika an den N. occipitalis major (keine Langzeiterfahrungen).
  • Die Inhalation mit reinem Sauerstoff kann akute Attacken kupieren.

 Triptane nasal oder subkutan applizieren

Einige der wichtigsten Empfehlungen zur Pharmakotherapie der trigeminoautonomen Kopfschmerzen fassen die Kollegen gleich in der Einleitung zusammen. Orale Triptane richten wenig aus, die beste Wirksamkeit bei akuter Clusterkopfschmerzattacke entfalten die parenteral applizierbaren Serotoninagonisten Sumatriptan (6 mg s.c.) und Zolmitriptan (5–10 mg nasal).

Des Weiteren kommen Sumatriptan nasal (20 mg) oder Lidocain nasal (4–10%ig) in Betracht. Sehr gut bewährt hat sich die Gabe von 100 % Sauerstoff – 12 l/min über 15 bis 20 Minuten über Gesichtsmaske mit Rückatembeutel. Fast 80 % der Clusterpatienten sprechen darauf an, für die Kosten kommen die gesetzlichen Krankenkassen auf.

Was die prophylaktische Behandlung des Clusterkopfschmerzes betrifft, so gilt Verapamil als Substanz der ersten Wahl: Man beginnt mit 3–6 × 80 mg/d und steigert zunächst bis 480 mg/d. Einzelne Patienten benötigen höhere Dosen von bis zu 960 mg/d – wegen drohender Bradykardien und AV-Blockierungen muss dazu jedoch ein Kardio­loge mit ins Boot.

EKG-Kontrollen fordern die DGN-Spezialisten zu Beginn und während längerfristiger Anwendung – selbst wenn entsprechende Herz-Symptome fehlen.

Kortikoide wirken gut und gelten ebenfalls als Mittel der ers­ten Wahl. Sie sollten aber nur kurz (bis zu vier Wochen) eingesetzt werden. Man startet z.B. mit Prednison ≥ 1 mg/kgKG) und beginnt nach wenigen Tagen mit der Dosisreduktion.

Als Mittel der zweiten Wahl in der Clusterkopfschmerz-Prophylaxe nennen die DGN-Experten Lithium (Plasmaspiegel: 0,6–1,2 mmol/l) und Topiramat (100–200 mg/d). Des Weiteren führen sie Methysergid als wirksam auf (12 mg/d für bis zu sechs Monate), das aber momentan nicht erhältlich sei.

Keinerlei Chance für Indometacin bei SUNCT

Bezüglich der selteneren trigeminoautonomen Kopfschmerzen lauten die Therapieoptionen wie folgt: Als Mittel der ersten Wahl bei episodischer und chronischer paroxysmaler Hemikranie und der Hemicrania continua gilt Indometacin (100–200 mg/d) – oft genügen auch geringere Dosen.

Mittel zweiter Wahl sind Gabapentin bzw. Celecoxib. Beim SUNCT-Syndrom bewirkt indessen die Gabe von Indomethacin keinerlei Linderung. Diesen Patienten kann eher Lamotrigin (mindestens 100–200 mg/d) helfen.

*Short lasting neuralgiform attacks with autonomic symptoms (Unterform SUNCT: Short lasting unilateral neuralgiform headache with conjunctival injection and tearing)

**www.dgn.org