Medical Tribune
29. Apr. 2024Erst CD19, dann CD22

Erste Erfolge mit sequenzieller CAR-T-Zell-Therapie bei B-ALL

Pädiatrische Patienten mit refraktärer/rezidivierter akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie (B-ALL) erreichen durch eine sequenzielle Infusion mit CD19-CAR-T-Zellen und anschliessend CD22-CAR-T-Zellen tiefe und anhaltende Remissionen. Aber erst die langfristigen Ergebnisse werden zeigen, ob sich die Strategie wirklich eignet.

Eine sequenzielle CAR-T-Zell-Therapie scheint bei Kindern mit B-ALL vielversprechend.
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Auf CD19 abzielende CAR-T-Zell-Therapien führen bei 60 bis 90 Prozent der Erkrankten mit rezidivierter oder refraktärer akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie zu einer Komplettremission.

Allerdings erleiden 30 bis 50 Prozent der Personen mit anfänglicher Komplettremission einen Rückfall. Mögliche Ursachen für diese hohe Rückfallrate sind der Verlust bzw. die Herunterregulierung des Zielantigens und eine kurze CAR-T-Zell-Persistenz.

Die Konsolidierung nach CAR-T-Zellen mit einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT) kann das Leben einiger pädiatrischer Patienten verlängern. Allerdings können Faktoren wie Spendermangel oder Komplikationen wie schwere Infektionen und Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) die HSCT-Aktivität einschränken. Neue CAR-T-Zell-basierte Strategien sind daher dringend nötig, um diese Ergebnisse verbessern.

Kann die sequenzielle CAR-T-Zell-Therapie die Persistenz erhöhen?

Die Persistenz von CAR-T-Zellen lässt sich durch Modifizierung der Antigenbindungsaffinität oder der Co-Stimulationssignale sowie durch wiederholte Behandlungen erhöhen. Innovative bispezifische CAR-Ansätze, die gleichzeitig auf CD19- und CD22-Antigene abzielen, scheinen sicher und aktiv zu sein. Das deutet darauf hin, dass der Antigenverlust eine gewisse Resistenz gegen CAR-T-Zell-Therapien verursacht.

Das Team um Dr. Jing Pan, Boren Clinical Translational Center, Peking, prüfte in einer einarmigen Phase-II-Studie eine neue Strategie, um die synergistische Toxizität und die Rückfallraten zu reduzieren (1). Sie untersuchten die sequenzielle Infusion von murinen CD19-CAR-T-Zellen, gefolgt von humanisierten CD22-CAR-T-Zellen im Intervall.

81 Erkrankte im Alter von einem bis 18 Jahren mit rezidivierter oder refraktärer akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie, einer CD19- und CD22-Positivität von mehr als 95 Prozent, und einem ECOG-Performance-Status von 0–2 nahmen teil.

Sie erhielten eine Lymphodepletion mit Fludarabin- und Cyclophosphamid, gefolgt von einer Infusion von CD19-CAR-T-Zellen. Anschliessend wurden Personen, die auf die Behandlung ansprachen und bei denen Nebenwirkungen maximal den Grad 2 erreichten, mit einer weiteren Lymphodepletion behandelt, gefolgt von einer CD22-CAR-T-Zell-Infusion.

Je nach Ermessen der behandelnden Prüfärzte erhielten einige Patienten anschliessend monatliches Decitabin oder eine HSCT.

Fast jeder Tumor sprach an und blieb in Remission

Drei Monate nach der ersten Infusion sprachen 60 (97 %) der 62 Teilnehmer, welche die Zieldosis erhalten hatten, objektiv an (primärer Endpunkt). Nach einem medianen Follow-up von 17,7 Monaten fielen die Ergebnisse wie folgt aus:

  • ereignisfreies Überleben nach 18 Monaten: 79 %
  • krankheitsfreies Überleben: 80 %
  • Gesamtüberleben: 96 %

Acht von 79 Patienten erhielten eine HSCT. 80 Prozent der Erkrankten, die nach drei Monaten angesprochen hatten, verblieben in Remission.

Das Fazit der Autoren: Das sequenzielle Vorgehen führt zu tiefen und anhaltenden Reaktionen mit einem akzeptablen Toxizitätsprofil. Es bietet möglicherweise langfristige Vorteile für Kinder mit rezidivierter oder refraktärer akuter B-Zell-Lymphozytenleukämie.

Die Bewertung der längerfristigen Ergebnisse sowie die Untersuchung in anderen Kohorten wird darüber entscheiden, ob es sich um eine optimale Dual-Targeting-Strategie handelt, schreiben Dr. Regina M. Myers und Professor Dr. Dr. Stephan A. Grupp vom Children’s Hospital of Philadelphia in ihrem Editorial (2).

Sicherheitsprofil

Insgesamt vertrugen die Teilnehmer das sequenzielle Schema gut, mit geringen Raten an Zytokinfreisetzungssyndromen und Neurotoxizitäten vom Grad 3 oder höher. Es traten keine behandlungsbedingten Todesfälle auf.