Medical Tribune
21. Apr. 2023Bluttest für molekulares Tumorprofiling

Wenn eine Gewebeprobe nicht möglich ist

Für Patienten mit einer Tumorerkrankung, bei denen die Entnahme der dafür nötigen Gewebeprobe nicht möglich ist, steht jetzt am Universitätsspital Zürich (USZ) erstmals eine Liquid biopsy zur Verfügung. Diese kann Patienten ein Fenster zur personalisierten Therapie öffnen.

Am USZ steht erstmals die Liquid biopsy zur Verfügung.
Md Saiful Islam Khan/gettyimages

Ausgangspunkt der personalisierten Therapien ist eine molekularbiologische Analyse der Krebszellen, das molekulare Tumorprofiling. Dieses liefert Informationen darüber, welche Therapie im individuellen Fall die höchste Wirksamkeit erzielen kann.

Zugang zu personalisierter Therapie

Für dieses molekulare Tumorprofiling im Labor ist eine Gewebeprobe des Tumors nötig. Der Eingriff kann eine Belastung für den Patienten sein; in seltenen Fällen kann er auch zu Komplikationen führen. Bei einer Reihe von Patienten ist eine Biopsie deshalb nicht möglich, weil ihr schlechter Gesundheitszustand einen solchen Eingriff nicht zulässt. Oder ein Tumor ist so gelegen, dass er für eine Probenentnahme nicht erreicht werden kann. Bei diesen Patientinnen und Patienten konnte bisher kein Tumorprofiling durchgeführt werden.

Als erstes Institut in der Schweiz bietet das Institut für Pathologie und Molekularpathologie am USZ einen auf der Liquid Biopsy basierenden Test seit Anfang März 2023 an. «Damit kann eine Patientengruppe von einer im Idealfall hoch wirksamen und lebensrettenden Therapie profitieren, zu der sie bisher keinen Zugang hatte», bringt Dr. Martin Zoche, wissenschaftlicher Abteilungsleiter am Institut für Pathologie und Molekularpathologie, die Einführung des Tests auf den Punkt. «Gerade weil wir schon häufig Erfolge mit personalisierten Therapien erlebt haben, ist das für die Versorgung von Patientinnen und Patienten in der Schweiz ein echter Fortschritt.»

«Die Aussagekraft des Tests im Blut ist ähnlich gut wie ein Tumorprofiling der Gewebeprobe», betont Dr. Zoche. «Der Test ergänzt unser Spektrum der Diagnostik daher enorm».

Bluttest statt erneuter Gewebeentnahme

Die herkömmliche molekulare Untersuchung der Gewebebiopsie wird der Bluttest deshalb in absehbarer Zeit aber nicht ablösen. Für die Klassifizierung des Krebses und die weiter­führende Diagnostik ist eine Gewebeprobe weiterhin nötig. Dank des Bluttests sind aber zukünftig sicherlich weniger Gewebeentnahmen erforderlich. Beispielsweise können mit dem neuen Test im Blut auch Veränderungen des Tumorgenoms erfasst werden, die das Ansprechen des Tumors auf Medikamente oder die Entwicklung von Resistenzen erklären.

«Auch für diese Patientinnen und Patienten», so ergänzt Professor Dr. Holger Moch, Direktor des Institutes für Pathologie und Molekularpathologie, «ist der Wegfall eines weiteren Eingriffs, um eine neue Probe zu gewinnen, eine enorme Erleichterung.»