Medical Tribune
3. Nov. 2021Pilzähnliche Strukturen auf der Haut

Welche Behandlung bei Mycosis fungoides?

Die grösste Untergruppe beim kutanen T-Zell-Lymphom (CTCL) bilden Patienten mit einer Mycosis fungoides. An einem Medical Tribune-Webinar stellte Professor Dr. Dr. Emmanuela Guenova, CHUV, Lausanne, die therapeutischen Optionen bei dieser langsam progredienten Erkrankung vor.

Die Mycosis fungoides manifestiert sich durch meistens scharf begrenzte, schuppende und häufig stark juckende flache oder infiltrierte Hautveränderungen, die sich zu Tumoren entwickeln können. Die Tumoren in sehr fortgeschritten Stadien können pilzähnliche Strukturen nachahmen, daher die historische Namensgebung Mycosis fungoides.

Rote Flecken auf der Haut des Rückens bei einem 33 Jahre alten Patienten mit Mycosis fungoides.

Mycosis-fungoides-Geschwüre am Bein eines 83-jährigen Mannes.

Die Mycosis fungoides wird in das Patch-, Plaque- und Tumorstadium eingeteilt. «Die Stadieneinteilung ist wichtig, weil sich danach die Therapie richtet», betonte Prof. Guenova. Im frühen Stadium der Mycosis fungoides (Ia, Ib und IIa) wird die hautgerichtete Therapie eingesetzt mit topischen Kortikosteroiden, Mechlorethamin, PUVA und UVB.

Bei der Lichttherapie besteht heute Konsens, dass bei Patches (Stadien Ia und IIa) eher die nbUVB (Narrow-Band Ultraviolet-B) und bei ausgedehnteren Stadien mit Plaques (Ib und IIb) die PUVA (Psoralen plus UV-A) eingesetzt werden kann. «Die nbUVB kann einfacher durchgeführt werden, weil kein Psoralen eingesetzt wird», erklärte Prof. Guenova.

Gutes Ansprechen auf Chlormethin

Das seit über 30 Jahren bekannte topische Chlormethin ist in der Schweiz nicht zugelassen. Das Gel kann man in allen Stadien anwenden. Weil es nicht systemisch absorbiert wird, kann es auch grossflächig aufgetragen werden. Das Augenmerk muss auf lokale Irritation und allergische Hautreaktionen gerichtet sein. Die Gesamtansprechrate für Ledaga®, einem relativ jungen, von der EMA zugelassenen Produkt, liegt bei bis zu 60 Prozent. Einige Patienten sprechen sogar komplett auf diese neue Formulierung an.

Die Radiotherapie sollte nur im palliativen Setting angewandt werden. Sie kann das kosmetische Hautbild verbessern oder ausgedehnte Tumorläsionen entlasten. Eine Ausnahme von der ausschliesslich palliativen Empfehlung stellt die so genannte unilokuläre Mycosis fungoides dar, welche sich mit nur einer einzelnen Hautläsion manifestiert. Für die unilokuläre Mycosis fungoides ist die Radiotherapie eine kurative Behandlungsoption. Die Dosis braucht nicht so hoch sein, wie in älteren Publikationen gefordert. Sie darf durchaus niedriger gewählt werden, da die Lympho-T-Zellen besonders radioempfindlich sind.

Wird mit der ersten Therapiemassnahme im frühen Stadium kein zufriedenstellendes Resultat erreicht, stehen in der zweiten Linie als empfohlene Massnahmen systemische Therapien mit niedrig dosiertem Methotrexat, Ganzkörperbestrahlung oder Retinoiden zur Verfügung. Ein ursprünglich für die Mycosis fungoides zugelassenes INF-alfa-Präparat wurde vom Markt genommen.

In den fortgeschrittenen Stadien steht ein Potpourri von Massnahmen in der zweiten und dritten Linie mit vielen Kombinationsmöglichkeiten zur Verfügung. Dabei darf nach einer systemischen Therapie auch wieder auf eine hautgerichtete Therapie gewechselt werden.

Mycosis fungoides ist eine Form des Non-Hodgkin-Lymphoms. Die Krankheit entwickelt sich von juckenden Hautflecken zu Tumoren, die schliesslich geschwürig werden.

Extrakorporale Photopherese im fortgeschrittenen Stadium der Mycosis fungoides

Bei der extrakorporalen Photopherese, die in der Schweiz zur Behandlung der Mycosis fungoides zugelassen ist, wird weissen Blutkörperchen extrakoporal 8-Methoxypsoralen zugefügt, anschliessend werden sie mit UVA bestrahlt und reinfundiert. Zur Anwendung kommt die extrakorporale Photopherese beim Sézary-Syndrom, eine etwas seltene Untergruppe des kutanen T-Zelllymphoms, und im fortgeschrittenen Stadium IV der leukämisch verlaufenden Mycosis fungoides. Neue Forschungsergebnisse beim Sézary-Syndrom weisen darauf hin, dass bei dieser Behandlung natürliche Killerzellen eine Rolle spielen und dass eine erhöhte antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität mit der Therapieantwort assoziiert ist.

Das in der Schweiz nicht zugelassene orale Bexaroten ist ein selektiver Retinoid-X-Rezeptor- Agonist mit einer Gesamtansprechrate von 30–50 Prozent. Der exakte Wirkmechanismus bei kutanem T-Zell-Lymphom ist nicht bekannt. Man sollte es zusammen mit Fenofibrat und L-Thyroxin geben, da Hypertriglyzeridämie und Schilddrüsenunterfunktion zu den unerwünschten Nebenwirkungen gehören. Bexaroten darf erst dann zur Anwendung kommen, wenn mindestens eine vorausgegangene systemische Behandlung nicht wirksam war und zudem die Krankheit in einem fortgeschrittenen Stadium ist.

Weitere Zulassungen erwartet

In der Schweiz sind derzeit nur die extrakorporale Photopherese und Brentuximab Vedotin bei Mycosis fungoides zugelassen. Weitere Zulassungprozesse laufen. «Der monoklonale anti-CD30-Antikörper Brentuximab Vedotin hat der Behandlung des CTCL zu einem Durchbruch verholfen», sagte Prof. Guenova.

«Es ist auch das erste Medikament, bei dem wir ein hohes Evidenz-Niveau haben dank einer internationalen, prospektiven, placebokontrollierten und randomisierten Studie, in der Patienten mit CD30-postivem kutanem T-Zell-Lymphom untersucht worden sind», so die Expertin.

Brentuximab Vedotin beim kutanen T-Zell-Lymphom

Brentuximab Vedotin ist ein Antikörper-Drug-Konjugat, bei dem das Anti-CD30-Molekül an Monomethylauristatin E gekoppelt ist. In der Zelle wird das Antikörperkonjugat gespalten und das aktivierte Agens, das Monomethylauristatin E, blockiert die Mikrotubuli, verhindert damit die Zellteilung und es kommt zum Zelltod. Brentuximab Vedotin ist bei erwachsenen Patienten mit CD30+ kutanem T-Zell-Lymphom indiziert, welche unter systemischer Therapie eine Progression zeigen oder für die eine andere systemische Therapie nicht in Frage kommt.

Als Nebenwirkung kann es zu einer peripheren Neuropathie kommen.Zu den CD30-exprimierenden Lymphomen gehört u.a. das primäre kutane anaplastische grosszellige T-Zell-Lymphom (pcALCL), bei dem Brentuximab Vedotin nur in Ausnahmefällen bei sehr grosser Ausdehnung eingesetzt werden muss, weil es in der Regel eine gute Prognose hat, so Prof. Guenova. «Bei der Mycosis fungoides kann man mit einer Ansprechrate von 77 im Vergleich zu 41 Prozent unter Methotrexat oder Bexaroten rechnen, respektive mit 75 vs. 40 Prozent bei pcALCL», sagte Prof. Guenova.

Mogamulizumab könnte bald die Klinik erreichen

Eine neue Substanz zur Behandlung der Mycosis fungoides ist der humanisierte anti-CCR4-Antikörper Mogamulizumab. Er ist in der Schweiz noch nicht zugelassen, findet aber im Rahmen von Compassionate- oder Off-Label-Use bereits Anwendung. Sehr häufig kommt es zu einem generalisierten Erythem, das teilweise schwierig von einem Progress zu differenzieren ist. Die ORR betrug bei Mycosis fungoides 21 und beim Sézary-Syndrom 37 Prozent.

zVg

Prof. Dr. Dr. Emmanuela Guenova

CHUV Lausanne

«Der Ausblick für unsere Patienten sieht gut aus», so Prof. Guenova. Zahlreiche Substanzen werden derzeit von der Forschung untersucht.

* Medical Tribune-Webinar. Kutane T-Zell-Lymphome: klinische und histopathologische Merkmale, Differentialdiagnose und Behandlung. 15. September 2021. Unterstützt von Takeda und Therakos. www.medical-tribune.ch/fortbildung