Medical Tribune
13. Feb. 2024Schwindsucht im Bauch

Darmtuberkulose von Morbus Crohn abgrenzen

Eine Darmtuberkulose wird leicht mit einem Morbus Crohn verwechselt. Daher sollte man bei chronischen Abdominal­beschwerden auch an Mykobakterien denken. Ein negativer Keim­nachweis in der Biopsie ist kein Gegen­beweis.

Granuloms aus Bakterien und Leukozyten in der Darmschleimhaut
Science Photo Library/CNRI
In diesem Fall haben die Tuberkel-Bazillen zur Bildung eines klassischen Granuloms aus Bakterien und Leukozyten in der Darmschleimhaut geführt.

Ein Fallbeispiel verdeutlicht, wie schnell man bei Darmtuberkulose auf die falsche Fährte geraten kann. Ein 48-jähriger Patient hatte seit einem Jahr Durchfälle, Asthenie, Gewichtsverlust und Nachtschweiss. Die Ileokoloskopie zeigte zwei Ulzera im terminalen Ileum und eines im Zökum. Die bioptischen Befunde deuteten auf eine chronische Ileitis hin, im Colon ascendens fand sich eine ulzeröse Läsion mit Granulom.

Da in der MRT auch zwei Fisteln am Analrand sichtbar waren, wurde Morbus Crohn diagnostiziert und eine Steroid-Therapie begonnen. Ein negativer Gamma-Interferon-Test ermöglichte die zusätzliche Behandlung mit Azathioprin, berichten Thomas Calixte von der Inneren Medizin am CHUV in Lausanne und Kollegen (1).

Keine Referenzuntersuchung für die Darmtuberkulose

Wenige Wochen später verschlechterte sich der Zustand des Mannes. Er entwickelte Husten und eine zunehmende B-Symptomatik. In der nun durchgeführten Thorax-CT wurden mehrere Kavernen festgestellt. Der PCR-Test auf Mycobacterium tuberculosis im Sputum war positiv. Aufgrund der anhaltenden Verdauungsbeschwerden wurde nun eine Darmtuberkulose vermutet. Diese wurde mittels PCR-Test aus den zuvor entnommenen intestinalen Biopsaten bestätigt. Die Ärzte stoppten daraufhin die immunsuppressive Behandlung und begannen eine antituberkulöse Vierfach-Therapie, woraufhin sich die Symptome langsam besserten.

Die Autoren zufolge entsteht Darm-Tbc meist durch das Schlucken von kontaminiertem Sputum bei gleichzeitigem Lungenbefall. In der Regel handelt es sich um die Reaktivierung einer latenten Tbc. Betroffene leiden vor allem an Bauchschmerzen (85 %) und Durchfall (20 %). Auch Obstipation, perianale Läsionen und gastrointestinale Blutungen können auftreten. Bei Lungenbefall kommen respiratorische Beschwerden hinzu. Manche Patienten bleiben jedoch asymptomatisch.

Bisher gibt es keine Referenzuntersuchung, die für alle Patienten mit Darm-Tbc geeignet ist. Die Diagnose kann gestellt werden, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

  • Nachweis von M. tuberculosis in Gewebekulturen (z.B. Kolon-Biopsat) oder positiver PCR-Test
  • Vorhandensein typischer säure- und alkoholfester Stäbchen oder käsiger Granulome in der Histologie (PCR-Test mit Biopsie-Material zur Bestätigung empfohlen)

Steroide beeinflussen Gamma-Interferon-Test

Negative mikrobiologische Unter­suchungs­ergebnisse (Mikroskopie, PCR oder Kultur) von Biopsaten dürfen nicht zum Schluss verleiten, dass keine Tuberkulose vorliegt, betonen die Kollegen. Beim Gamma-Interferon-Test sollte man berücksichtigen, dass während einer Steroid-Behandlung mit falsch negativen Resultaten zu rechnen ist.

Bei der intestinalen Tbc besteht vor allem Verwechslungsgefahr mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Malignomen (Adenokarzinom, Lymphom) und anderen Infektionen (Typhus, Aktinomykose, Amöben, M. Whipple etc.). Oft wird ein Morbus Crohn vermutet. Dieser unterscheidet sich von der Darm-Tbc jedoch schon im medianen Manifestationsalter (23 vs. 44 Jahre).

Ausserdem finden sich bei der Tbc in der Bildgebung eher kurze Läsionen (< 3 cm), während beim Morbus Crohn längere Läsionen auftreten und mehrere Segmente betroffen sind. Die Unterscheidung der beiden Erkrankungen ist besonders relevant, da eine immunsuppressive Behandlung das Fortschreiten der Tbc begünstigt.

Die intestinale Infektionskrankheit spricht in der Regel gut auf die übliche Vierfach-Medikation an. Die Patienten erhalten zwei Monate lang Rifampicin, Isoniazid, Ethambutol und Pyrazinamid, gefolgt von einer Zweifach-Kombination mit Rifampicin und Isoniazid für vier Monate.

Brisante Komplikationen

Nicht oder unzureichend behandelte Patienten mit intestinaler Tbc können eine Darmobstruktion entwickeln, was mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einhergeht. Perforationen treten mit einer Inzidenz von bis zu 13 % auf. Auch Stenosen und Darmfisteln sind möglich. Extraintestinal droht die Ausbreitung auf andere Organe oder eine Miliartuberkulose.