Medical Tribune
6. Feb. 2024Traumferien mit üblen Nachwirkungen

Durchfall bei Reiserückkehrern behandeln

Im Winter fliehen viele Menschen in wärmere Gefilde. Doch in vielen Reiseländern besteht ein hohes Risiko für Reisediarrhö. Einige Urlauber schleppen den Durchfall sogar mit nach Hause. Eine neue Leitlinie fasst zusammen, was bei einer Gastroenteritis von Reiserückkehrern zu tun ist und wie man sich vor Reisediarrhö schützen kann.

Ein Durchfall auf Reisen ist nicht selten.
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Die Definition von Reisediarrhö ist einfach: Ein Patient hat eine Reisediarrhö, wenn er im besuchten Land mindestens drei ungeformte Stühle pro Tag ausscheidet.

Wenn der Durchfall nach der Rückkehr anhält, spricht man von Diarrhö bei Reiserückkehrern. Ein schwerer Verlauf zeigt sich durch Fieber, blutige Stühle und eine vorbestehende Krankheit (z.B. Immunsuppression). Besonders gefährdet sind Säuglinge und Senioren.

Von E. coli bis Norovirus

Die Erreger in Risikogebieten unterscheiden sich deutlich von denen in Mitteleuropa. So treten Infektionen mit enterotoxischen E.-coli-Stämmen (ETEC) in typischen Reiseländern häufiger auf. Auch andere pathogene Kolibakterien (z.B. enteroaggregative E. coli [EAEC], enteroinvasive E. coli [EIEC]) sowie Shigellen und Protozoen (Giardia lamblia, Entamoeba histolytica) werden vermehrt nachgewiesen. In den letzten Jahren sind auch Noroviren vermehrt aufgetreten, berichten deutsche Autoren in einer neuen nationalen Leitlinie zu Gastrointestinalen Infektionen (1).

Eine mikrobiologische Abklärung ist bei Reiserückkehrern indiziert, wenn mindestens eine der folgenden Konstellationen vorliegt:

  • fieberhafter oder blutiger Durchfall,
  • Durchfall, der länger als fünf Tage anhält,
  • schwerer Verlauf mit Austrocknung, niedrigem Blutdruck und/oder schmerzhaftem Stuhldrang

Aus epidemiologischen Gründen wird auch bei Ausbrüchen und Gruppenerkrankungen eine mikrobiologische Diagnostik empfohlen.

Rückkehrer aus Malariagebieten mit Fieber und Durchfall sollten ausserdem sofort auf eine Infektion mit Plasmodien untersucht werden, fordern die Verfasser der Leitlinie. Bis zu 25 Prozent der Patienten mit M. tropica leiden an Durchfall. Eine Unterscheidung von anderen Ursachen für fieberhaften Durchfall ist aufgrund ähnlicher Symptome oft nicht möglich.

Anhaltender Durchfall erfordert Erregerdiagnostik

Bei allen Durchfallpatienten mit einer Körpertemperatur über 38,5°C wird empfohlen, Blutkulturen anzulegen. Dadurch können bakteriämische Verläufe von Shigellose, Salmonellose oder Campylobacterinfektionen erfasst werden. Auch andere wichtige Differenzialdiagnosen wie der Typhus abdominalis können ausgeschlossen werden.

Patienten mit anhaltendem Durchfall (> 14 Tage) nach einer Fernreise sollten primär auf bakterielle Erreger (Campylobacter, Salmonellen, Shigellen), Entamoeba histolytica und Lamblien untersucht werden. Das weitere Vorgehen hängt von der Situation ab. Wenn die erste Diagnostik keinen pathologischen Befund ergibt, sollte vor allem bei Immunsupprimierten nach Yersinien, Mykobakterien, Kokzidien, Mikrosporidien und Helminthen gesucht werden.

Eine vorherige Antibiotika- oder Chemotherapie lässt den Verdacht auf Clostridioides difficile aufkommen. Eine Eosinophilie kann auf Strongyloides stercoralis oder Isospora belli hinweisen. Nach einem längeren Aufenthalt im Reiseland ist mit einer tropischen Sprue zu rechnen (Dünndarmbiopsie).

Bei Patienten mit Fieber und/oder Blut im Stuhl oder einem erhöhten Komplikationsrisiko ist eine empirische Antibiotikatherapie notwendig. Die Autoren empfehlen eine möglichst kurze Therapiedauer, zum Beispiel 1000 mg Azithromycin als Einzeldosis. Bei nicht blutigem Durchfall können nicht resorbierbare Wirkstoffe wie Rifamycin oder Rifaximin verschrieben werden.

Wenn der Verdacht auf eine Infektion mit Entamoeba histolytica besteht, sollte vor Beginn der antibiotischen Behandlung eine mikrobiologische Diagnostik durchgeführt werden. Schwer kranke Patienten können auch empirisch behandelt werden. Dafür eignet sich zum Beispiel Metronidazol in einer Dosierung von dreimal täglich 10 mg/kg Körpergewicht (maximal 3 800 mg). Die Anwendung erfolgt intravenös oder oral über zehn Tage. Zur anschliessenden Beseitigung der Zysten eignet sich Paromomycin (25-35 mg/kg Körpergewicht oral für 7-10 Tage).

Rehydratation steht an erster Stelle

Vor der Reise empfehlen die Autoren der Leitlinie eine gründliche Aufklärung über Möglichkeiten zur Selbstbehandlung. Die Patienten sollten wissen, dass im Ausland erworbene Durchfälle in der Regel leicht und selbstlimitierend verlaufen.

Die Rehydratation steht an erster Stelle der Therapie. Neben kommerziellen Produkten ist die WHO-Trinklösung mit einer Osmolarität von 245 Osm/l geeignet. Folgende Zusammensetzung auf 1 Liter Wasser wird empfohlen: Natriumzitrat 2,9 g, Natriumchlorid 2,6 g, Glukose 13,5 g, Kaliumchlorid 1,5 g. Die Wirkung von Tannin, Kaolin, Pektin und Carbo medicinalis ist bisher nicht nachgewiesen.

Wenn eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme oral nicht möglich ist, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden, erinnern die Autoren der Leitlinie. Dies gilt auch bei fieberhaften oder blutigen Durchfällen, anhaltendem Erbrechen, reduziertem Allgemeinzustand (Austrocknung, niedriger Blutdruck, Kollapsneigung) und relevanten Begleiterkrankungen wie Immunsuppression.

Patienten mit starken Durchfallbeschwerden dürfen vorübergehend Loperamid einnehmen. Die Anwendung des Motilitätshemmers sollte jedoch auf zwei Tage und maximal 16 mg pro Tag begrenzt werden. Bei blutigem Stuhl und Fieber ist die Anwendung aufgrund des erhöhten Risikos eines toxischen Megakolons kontraindiziert. Alternativ kann der Enkephalinase-Inhibitor Racecadotril in Betracht gezogen werden.

Keine Indikation für Probiotika zur Durchfall-Prävention

Vor einer Reise ist es sinnvoll, eine Beratung zur Nahrungsmittelhygiene und zu individuellen Risikofaktoren durchzuführen. Am besten gibt man den Patienten die Informationen schriftlich mit, empfehlen die Autoren. Dadurch werden sie eher ernst genommen. Es besteht keine Indikation für den vorbeugenden Einsatz von Probiotika. Auch eine Antibiotikaprophylaxe ist nicht generell zu empfehlen. In Ausnahmefällen kann sie jedoch für Risikopatienten wie Immunsupprimierte oder Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen infrage kommen.