Interaktion zwischen Darmflora und Psychopharmaka
Dass die Diversität des Mikrobioms mit Depressionen und Angststörungen zusammenhängt, ist schon länger bekannt. Nun mehren sich Hinweise, dass die Darmflora auch in den Arzneistoffwechsel eingreifen können – zum Beispiel bei Psychopharmaka.

Zwischen Darm und Gehirn herrscht ein reger Austausch: Einerseits reguliert das Zentralnervensystem via N. vagus und Nn. splanchnici das Gedärm und seine Beweglichkeit, andererseits nehmen die Billionen von Mikroorganismen im Darm – vor allem Bakterien, aber auch Pilze, Viren und Protozoen – samt ihrer Stoffwechselprodukte Einfluss auf Kognition und Stimmung.
Sowohl in Laborexperimenten als auch in menschlichen Kohorten zeigte sich eine funktionell bedeutsame, weitgehend gleichartige Veränderung der Darmflora bei der Entwicklung von Angststörungen und Major Depression.
Die psychiatrischen Symptome werden durch eine veränderte Neurotransmitterproduktion, Zytokinsynthese bzw. Inflammation und die Aktivität des Vagusnervs beeinflusst – also praktisch über die gesamte Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse.
Was aber passiert, wenn oral verabreichte Psychopharmaka auf die Darmflora treffen? Diese Frage stellen Nadia Suryawinata und Prof. Dr. Sarkis Mazmanian, California Institute of Technology. Belege dafür, dass das Mikrobiom die Arzneimittelwirkung beeinflusst, gibt es etwa für Metformin. Das Biguanid verschiebt die Zusammensetzung der Mikrobiota in Richtung von Taxa, die den Zuckerabbau fördern, was den therapeutischen Effekt verstärkt.
Risperidon-Ausscheidung mitunter beschleunigt
Auch in Bezug auf die psychiatrische Medikation gibt es erste Erkenntnisse. Die Darmflora kann etwa beim atypischen Neuroleptikum Risperidon, das eine charakteristische chemische Ringstruktur aufweist, die Ausscheidung durch Modifikationen am Ring beschleunigen. Dadurch sinkt die gewünschte Wirkung etwa gegen Schizophrenie.
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer gelten als Standardtherapie bei Depression und Angst. In vitro zeigte sich jedoch, dass rund 10 % der getesteten Bakterienstämme Wirkstoffe wie Fluoxetin chemisch abbauen. Dadurch könnte der antidepressive Effekt abgeschwächt werden. Auch moderne Antidepressiva wie Duloxetin sind davor nicht gefeit. Die Substanz kann sich in bestimmten Bakterien ansammeln, was ihre Verfügbarkeit senkt und möglicherweise Einfluss auf die Nebenwirkungen der Behandlung hat.
Die individuelle Zusammensetzung der Darmflora könnte eine Erklärung dafür liefern, warum die Ansprechraten insbesondere bei Psychopharmaka so stark variieren, so die Autoren. Noch fehle es aber an ausreichendem Wissen, um diesen Aspekt in klinischen Dosierungsschemata berücksichtigen zu können.
Auch wenn es sich bisher meist um präklinische Befunde oder erste Sequenzierungsstudien mit kleinen Fallzahlen handelt, eröffnet sich ein spannendes Feld: Denkbar wären Versuche, das Mikrobiom so zu beeinflussen, dass es die Medikamentenwirkung verstärkt, spezifischer macht oder unerwünschte Ergebnisse verringert. Dass dies nicht leicht wird, zeigen aktuelle Studien mittels Hochdurchsatz-Screening. Dort wurden 76 individuelle Stämme verschiedener humaner Mikrobiota-Taxa identifiziert, die mit mehr als 100 herkömmlichen Medikamenten reagierten, darunter auch Anxiolytika.
Suryawinata N, Mazmanian SK. Does Gut Microbiome Composition Influence the Efficacy of Psychiatric Drugs? EMJ 2025; 10: 40-46; doi: 10.33.590/emj/CSEB2440