Medical Tribune
29. Okt. 2025Steckbrief

L-Methionin: Antioxidans, Entgifter und Metabolitenschmiede

L-Methionin und sein aktiver Metabolit S-Adenosyl-Methionin (SAM) übernehmen zentrale Rollen im Stoffwechsel, wirken antioxidativ, unterstützen die Entgiftung und beeinflussen Neurotransmitter – mit klinisch relevanten Anwendungen von Depressionen bis Harnwegsinfekt.

Inhaltsverzeichnis
Methionin-Molekülstruktur, 3D-Modellmolekül, proteinogene Aminosäuren, Strukturformel (mikroskopische Ansicht)
Сергей Шиманович/stock.adobe.com

L-Methionin gehört zu den essenziellen Aminosäuren und spielt eine Schlüsselrolle in zahlreichen Stoffwechselprozessen. Seine aktive Form, das S-Adenosyl-Methionin (SAM), entsteht durch die Übertragung einer Adenosylgruppe von Adenosintriphosphat (ATP) auf Methionin. Der in beiden Molekülen enthaltene Schwefel trägt wesentlich zu den physiologischen Wirkungen bei: Er ist Bestandteil wichtiger Proteine, wirkt antioxidativ und kann mit Schwermetallen Komplexe bilden, was insbesondere der Entgiftung in der Leber dient.

SAM fördert zudem die Bindung von Glutathion an körperfremde Substanzen und unterstützt deren Ausscheidung. Seine antioxidativen Eigenschaften machen SAM für Erkrankungen interessant, die mit oxidativem Stress einhergehen – etwa Alzheimer-Demenz, Typ-2-Diabetes oder chronisch entzündliche Erkrankungen. Positive Ergebnisse liegen auch für die Behandlung der Osteoarthritis vor.

Eine weitere zentrale Funktion von SAM ist seine Rolle als Methylgruppengeber. Diese Eigenschaft ist entscheidend für die Bildung zahlreicher Substanzen wie L-Carnithin, Cholin, Serotonin, Melatonin, Adrenalin, Noradrenalin und Acetylcholin. In Studien zeigte sich, dass SAM bei depressiven Patienten positive Effekte haben kann. Auch der Histaminabbau erfolgt durch Methylierung – ein Mechanismus, der den Einsatz von SAM beziehungsweise Methionin bei Allergien plausibel macht.

Im Verlauf des Methioninstoffwechsels entsteht Homocystein als Zwischenprodukt, aus dem wiederum L-Cystein und Taurin gebildet werden. Für diese Umwandlungen wird Vitamin B6 als Cofaktor benötigt

Hinweise für die Praxis

L-Methionin kann bei rezidivieren Harnwegsinfekten hilfreich sein, da es den pH-Wert des Urins senkt. Verantwortlich dafür ist die Schwefelsäure, die beim Abbau überschüssigen Methionins entsteht. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt bei Bakterienstämmen, die den Urin alkalisch machen, etwa Proteus.

Dosierungsempfehlungen:

  • akuter HWI: 3 g L-Metionin pro Tag
  • Rezidivierende HWI: 1,5 g L-Methionin pro Tag

Bei längerer Einnahme ist jedoch Vorsicht geboten. Die durch Methionin bedingte Harnansäuerung kann die Calciumausscheidung erhöhen und damit langfristig das Osteoporoserisiko steigern. Zudem kann bei täglichen Mengen von 5 g oder mehr der Homocysteinspiegel ansteigen. Daher sollte auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B6, Vitamin B12 und Folsäure geachtet werden.