Medical Tribune
22. Okt. 2025Akne, Rosazea und POD zuverlässig unterscheiden

Herausforderung Gesichtsdermatose

Akne, Rosazea und die periorale Dermatitis (POD) gehören zu den häufigsten Dermatosen des Gesichts. Oft sind sie schwer auseinanderzuhalten. «Nicht alle Pickel im Gesicht sind gleich eine Akne», betonte MBA Dr. Christian Greis von der Dermatologischen Klinik des Universitätsspitals Zürich in seinem praxisnahen Update. Stattdessen geben Alter, Lokalisation und Begleitsymptome entscheidende Hinweise.

Porträt einer jungen kaukasischen Frau mit geschlossenen Augen und Rosazea auf den Wangen. Weißer Hintergrund. Kopierraum.
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Schwierig an der Diagnose von Gesichtsdermatosen ist, dass die möglichen Formen nicht nur isoliert, sondern auch kombiniert auftreten können. «Das macht die Differenzialdiagnose herausfordernd», so Dr. Greis. Die gute Nachricht: Die Behandlungsmöglichkeiten überlappen teilweise – was die praktische Versorgung erleichtert.

Akne: Hauptkennzeichen Komedonen

MBA Dr. Christian Greis
Privat

MBA Dr. Christian Greis

Eine der häufigsten entzündlichen Dermatosen ist die Akne. Sie äussert sich in Komedonen, Papeln und Pusteln und betrifft vor allem talgdrüsenreiche Areale wie Gesicht, Dekolleté und Rücken. Eines der Hauptkennzeichen ist das Vorhandensein von Komedonen. «Fehlen sie, ist es in der Regel keine Akne», erinnerte Dr. Greis.

Hinter der Akne stecken multifaktorielle Ursachen:

Neben hormonellen Einflüssen wirken genetische Prädisposition, Verhornungsstörungen und Veränderungen des Hautmikrobioms zusammen, und auch Medikamente und okklusive Kosmetika können die Aknebildung fördern.

Bei einigen Betroffenen verschlechtert auch der Konsum von Milchprodukten und stark glykämischen Lebensmitteln das Hautbild, «ein Verzicht verbessert die Akne aber nicht bei jedem», betonte der Experte.

Bei leichten Verlaufsformen reichen topische Therapien mit Fruchtsäurepeelings, Azelainsäure, Retinoiden oder einer keratolytischen Behandlung mit Benzoylperoxid.

Red Flags sind entzündete Knoten oder beginnende Narben. Bei ihnen sollte eine systemische Therapie in Betracht gezogen werden, um irreversible Schäden zu verhindern. Hier kommen unter anderem Antibiotika wie Tetrazykline zum Einsatz. «Ihre Wirksamkeit beruht bei der Akne primär auf ihrem antientzündlichen Effekt», so Dr. Greis. Bei schweren Fällen kommen systemische Retinoide (Isotretinoin) infrage. Zudem könne eine hormonelle Kontrazeption aufgrund ihres antiandrogenen Effekts – sofern ohnehin indiziert – angedacht werden.

Dr. Greis kündigte ausserdem eine neue Leitlinie zur Dermatokosmetik bei Akne an, an der er mitwirkt. Sie betont die pflegerische Basisbehandlung: «Gerade bei leichter Akne lässt sich damit viel erreichen, bevor der Weg in die Sprechstunde nötig wird.»

«Plötzlich wieder Pickel»: die periorale Dermatitis

Vor allem bei Frauen zwischen 20 und 40 Jahren berichten in der Praxis häufig, «ihre Akne sei zurückgekommen», berichtete der Experte. Die Läsionen befinden sich jedoch meist – untypisch für die Akne – nur in der unteren Gesichtshälfte. Bleibt dann auch noch das Lippenrot von den Rötungen, Bläschen und Pusteln ausgespart, und fehlen Komedonen, deutet das auf eine periorale Dermatitis (POD), auch «Mundrose», hin.

Bei dieser liegt die Ursache nicht in einer Infektion, sondern in einer Überpflege, erklärte Dr. Greis. «Ich vergleiche das gerne mit einem Biotop: Ist zu viel Feuchtigkeit vorhanden, kippt das Mikrobiom.» Die Folge sei eine Entzündung, die durch falsche Pflege und topische Steroide noch verstärkt werde.

Eine Sonderform ist die periokuläre Dermatitis, meist am lateralen Augenlid infolge von nachts ablaufender Tränenflüssigkeit.

Der erste Therapieschritt sei einfach, aber entscheidend: ein Pflegestopp. «Die Patientinnen müssen mit der Überpflege aufhören.» Kortison sei absolut kontraindiziert. «Es hilft kurzfristig, langfristig kippt das Hautmilieu aber noch mehr.» Wird eine Pflege benötigt, seien leichte Produkte vorzuziehen.

Als effektive und nebenwirkungsarme Massnahme nennt der Experte Schwarztee-Umschläge. «Lassen Sie den Tee zehn bis 15 Minuten ziehen, damit sich die Gerbstoffe lösen, dann legen Sie mit Tee getränkte Baumwollpads auf. Die adstringierende Wirkung ist oft besser als jede Systemtherapie.»

Daneben haben sich Azelainsäure und topisches Metronidazol bewährt. In hartnäckigen Fällen können Calcineurininhibitoren eine kortisonfreie Alternative bieten. Wichtig ist es, die Patientinnen darauf vorzubereiten, dass es nach Absetzen von Kortison-Therapien während der ersten Wochen zu einer vorübergehenden Verschlechterung kommen kann.

Rosazea: Wenn Entzündung, Gefässe und Milben zusammenspielen

Treten Rötungen zentral im Gesicht auf – an Nase, Stirn und Wangen – und fehlen Komedonen, spricht das für eine Rosazea. Typisch sind Rötungen, Papeln und Pusteln, in schweren Fällen ein Rhinophym. Das Erkrankungsalter liegt meist ab dem mittleren Lebensalter, der Verlauf ist chronisch-schubartig.

Hinter der Erkrankung steckt ein komplexes Zusammenspiel aus Gefässveränderungen, Mikrobiomveränderungen und chronischen Entzündungsprozessen. «Wir gehen von einer Fehlregulation des vascular endothelial growth factors (VEGF) aus, die zu einer krankhaften Vermehrung von Blutgefässen führt», erklärte Dr. Greis.

Eine besondere Rolle spielt das Demodex-Milbenmikrobiom. Dieses ist bei Rosazea überrepräsentiert und aktiviert das angeborene Immunsystem. Therapeutisch lässt sich dieser Mechanismus gezielt mit Ivermectin adressieren.

Klinisch unterscheidet man drei Subtypen:

  1. Erythematotelangiektatische Rosazea (Typ I) – anhaltende Rötung, Gefässzeichnungen, Hitzegefühl, Flushes
  2. Papulopustulöse Rosazea (Typ II) – entzündliche Papeln und Pusteln ohne Komedonen
  3. Phymatöse Rosazea (Typ III) – Verdickungen, vor allem an der Nase (Rhinophym), häufiger bei Männern

In der Praxis bestehen jedoch häufig Mischformen, die sich im Verlauf verändern können.

Auch eine okuläre Beteiligung ist möglich. «Fragen Sie Ihre Patienten gezielt nach einer möglichen Augenbeteiligung und sehen Sie sich die Lider genau an», empfahl Dr. Greis. Eine unbehandelte Rosazea kann zu irreversiblen Hornhautschäden führen.

Auslöser und Therapie

Zu den häufigsten Triggern zählen UV-Strahlung, Alkohol, Temperaturwechsel und scharfe Gewürze; sie sollten möglichst gemieden werden.

Bewährt haben sich antientzündliche und antiparasitäre Präparate:

  • Ivermectin 1%: wirkt gezielt gegen Demodex und reduziert die Entzündung
  • Metronidazol und Azelainsäure wirken antientzündlich und sind auch bei empfindlicher Haut gut verträglich
  • Brimonidin-Gel kann persistierende Rötungen temporär reduzieren.

Bei stärkerer papulopustulöser Ausprägung kommen niedrig dosierte Tetrazykline zum Einsatz.

Ergänzend helfen Laserverfahren – etwa Farbstofflaser oder intensiv gepulstes Licht (IPL) gegen Telangiektasien und persistierende Erytheme. Und auch bei der Rosazea spielt die Dermatokosmetik eine zentrale Rolle: «Eine milde, nicht fettende Pflege mit einem UV-Schutz kann den Verlauf deutlich bessern.»

Teledermatologie als erste Anlaufstelle

Bei Gesichtsdermatosen hat sich die Teledermatologie als wertvolle Ergänzung etabliert. «Wir arbeiten am Universitätsspital Zürich seit Jahren mit telemedizinischen Konsultationen», sagte Greis. «Gerade im Gesicht lassen sich viele Befunde sehr gut digital beurteilen.»

Das Universitätsspital Zürich (USZ) bietet hierfür eine Online-Sprechstunde für Hauterkrankungen an, die sich besonders als erste Anlaufstelle für Patienten mit unklaren oder chronischen Gesichtsdermatosen eignet.

Eine aktuelle Auswertung aus dem Journal of Dermatological Treatment zeigt, dass Akne, periorale Dermatitis und Rosazea zu den häufigsten Diagnosen in teledermatologischen Konsultationen gehören.