Methylphenidat gegen Fatigue
Patienten mit hämatologischen Neoplasien kämpfen oft mit Fatigue. Neue Studien deuten darauf hin, dass Methylphenidat eine vielversprechende, wenig toxische Behandlungsoption sein könnte.

Fatigue gilt bei Betroffenen als häufigstes und belastendstes Symptom, das bisher unzureichend therapiert wird, erklärte Prof. Dr. Henrik Frederiksen von der Universitätsklinik Odense am EHA 2025 (1).
Es mindert nicht nur die Lebensqualität, sondern erschwert auch die Therapietreue. Bislang stehen lediglich nicht-pharmakologische Ansätze wie Bewegung, psychosoziale Unterstützung oder verbesserte Schlafhygiene zur Verfügung.
Seit Längerem wird Methylphenidat, ein mildes ZNS-Stimulans, als unterstützende Therapie gegen krebsbedingte Fatigue untersucht. «In bisherigen Studien waren jedoch kaum Patienten mit hämatologischen Tumoren vertreten», so Prof. Frederiksen. Mit der doppelblinden, placebokontrollierten Cross-over-Studie MICRO wollte sein Team diese Lücke schliessen.
Ein kaum erforschtes Mittel in der Hämatologie
Die Studie umfasste 152 Erwachsene mit hämatologischen Neoplasien und einem Fatigue-Score von mindestens 4 auf der visuellen Analogskala. 130 Teilnehmer schlossen die Studie ab. Voraussetzung war, dass sie in den acht Wochen zuvor keine Chemotherapie erhalten hatten, keine schwere Anämie (Hb < 8 mg/dl) aufwiesen und keine kardiovaskulären Erkrankungen wie unkontrollierten Bluthochdruck hatten.
Die Behandlung erfolgte randomisiert: Entweder erhielten die Teilnehmer Methylphenidat (10 mg in zwei Dosen in Woche 1, 20 mg in Woche 2, 40 mg in Woche 3–6) oder ein Placebo über sechs Wochen. Nach einer einwöchigen Washout-Phase wechselten die Gruppen. Der primäre Endpunkt war die Veränderung des FACIT-Fatigue-Scores zwischen Woche 0 und 6.
Klarer Vorteil gegenüber Placebo
In beiden Behandlungsarmen verbesserte sich die Fatigue bis Woche 6, unter MTP mit + 8,9 Scorepunkten aber deutlich stärker als unter Placebo mit + 3,9 (Delta 5,0). Der Benefit zugunsten von MTP wurde bereits nach zwei Wochen sichtbar und vertiefte sich dann weiter. Bei den Erkrankten, die zunächst Placebo erhalten hatten, zeigten sich ähnliche Verbesserungen, nachdem sie auf MTP umgestellt worden waren.
Die Teilnehmenden gaben zudem an, unter MTP mehr wache Stunden pro Tag zu haben. Auch in anderen Fragebögen, die in der Studie ergänzend zum Einsatz kamen, dokumentierten die Forschenden in Woche 6 einen relevanten Unterschied zwischen Verum und Placebo beim Symptom Fatigue – im EORTC-QLQ-C14 etwa mit einem Delta von - 14,2 Scorepunkten (p < 0,001).
«Methylphenidat ist ein potenzieller Kandidat zur Linderung von Fatigue bei Erkrankten mit hämatologischen Tumoren», so Prof. Frederiksens Fazit. Die Toxizität sei niedrig; dies müsse aber für alle Betroffenen gelten, was noch zu zeigen wäre. Zudem wurden die Nebenwirkungen nicht über einen Zeitraum von 14 Wochen hinaus bestimmt. Interessant sei es, MTP zukünftig in Kombination mit nicht-pharmakologischen Interventionen zu evaluieren.
- Frederiksen H et al. Methyphenidate alleviates fatigue on haematological cancer: A randomized, double-blind, placebo-controlled, crossover-trial – the MICTO trial. EHA 2025; Abstract S327