Medical Tribune
4. Sept. 2025Erste Hinweise auf leichte Kausalbeziehung

Hängen Mikrobiom und Insomnie zusammen?

Das Mikrobiom könnte eine deutliche Rolle bei Schlafstörungen haben: Eine neue Studie legt nahe, dass bestimmte Arten von Darmbakterien das Risiko für eine Insomnie geringfügig erhöhen oder senken können. Auch umgekehrt könnte Schlaflosigkeit die Zusammensetzung des Mikrobioms verändern.

Junge Frau leidet an Insomnie.
pitipat/stock.adobe.com

Insomnie ist ein sehr häufiges Problem – bis zu einem Fünftel der Menschen weltweit leidet gelegentlich darunter, bei ungefähr der Hälfte der Betroffenen sind die Schlafstörungen chronisch.

Der schlechte Schlaf begünstigt dabei diverse psychische und körperliche Erkrankungen. So verdoppelt sich bei Personen mit chronischer Insomnie das Depressionsrisiko. Zudem ist bekannt, dass Schlafentzug oder -unterbrechung die Zusammensetzung des menschlichen Mikrobioms verändern kann. Ausserdem wurde bereits in mehreren Untersuchungen ein abweichendes Darmbakterienmuster bei Personen mit Insomnie festgestellt.

Ein chinesisches Forscherteam wollte nun mögliche Kausalzusammenhänge zwischen Darm-Mikrobiom und Insomnie prüfen (1). Dazu wendeten sie die Zwei-Stichproben-Mendelschen Randomisierung durch, mit der randomisierte Studien zum Vergleich von Behandlungs- und Kontrollarmen simuliert werden können.

Für die Analyse wendeten sie Daten von fast 390.000 Teilnehmenden einer Genom-weiten Assoziationsstudie zu Insomnie heran, sowie Mikrobiomdaten aus dem MiBioGen-Konsortium und dem Dutch Microbiome Project.

14 Taxa erhöhen das Risiko

Die Auswertung ergab zunächst, dass insgesamt 14 bakterielle Gruppen mit einem leicht erhöhten Insomnie-Risiko assoziiert waren (Odds ratio [OR]: 1,01-1,04). Acht weitere Gruppen hatten offenbar einen leicht protektiven Effekt (OR: 0,97-0,99). Nach Korrektur der Falscherkennungsrate (FDR) blieb jedoch nur die Clostridium innocuum-Gruppe als robustes Signal bestehen. Der Keim ist für die Produktion der kurzkettigen Fettsäure (SCFA) Acetat und seine Rolle im Tryptophanmetabolismus bekannt.

Umgekehrt zeigte sich mittels reverser Mendelscher Randomisierung, dass eine Insomnie mit einer um bis zu 80 % reduzierten Häufigkeit von sieben Bakteriengruppen und einer bis zu vierfachen Zunahme von zwölf weiteren assoziiert war. Auch hier verloren sich die meisten Assoziationen nach FDR-Korrektur. Auf beiden Seiten erhalten blieb zudem die Gattung Odoribacter.

Mögliche Mechanismen

Seit längerem ist bekannt, dass das Mikrobiom über die sogenannte Darm-Hirn-Achse physiologische Prozesse beeinflussen kann. So können sich Störungen der Diversität oder Zusammensetzung des Mikrobioms auf das Risiko für systemische Erkrankungen auswirken, darunter Allergien, Adipositas, oder Autoimmunerkrankungen.

Wie genau die Wechselwirkungen zwischen Mikrobiom und Schlaf zustande kommen, ist bislang offen. In ihrer Arbeit diskutieren die Autoren verschiedene biologische Pfade. Dazu gehören etwa bakterielle Stoffwechselprodukte wie SCFA genauso wie Neurotransmitter – z.B. Serotonin – oder entzündliche Signalwege, die über die Darm-Hirn-Achse auf das zentrale Nervensystem wirken.

Mehrere Limitationen

Die Autoren nennen einige deutliche Einschränkungen. Dazu gehört, dass die Untersuchungen beinahe ausschliesslich Daten von Menschen europäischer Herkunft einbezogen hatten, sodass die Übertragbarkeit auf andere Populationen eingeschränkt sein könnte. Zudem konnten in der Analyse nicht alle Störfaktoren ausgeschlossen werden.