Kein Aspirin bei kolorektalen Karzinomen mit Lebermetastasen!
Aspirin gilt bei kolorektalen Karzinomen als Hoffnungsträger und wird für einige Settings bereits empfohlen. In der am ASCO-Jahreskongress präsentierten ASEC-Studie konnte die Gabe von Acetylsalicylsäure zur Rezidivprophylaxe bei Patienten mit Lebermetastasen nun aber nicht punkten. Aspirin verlängerte dabei weder das rezidivfreie noch das Gesamtüberleben – und könnte möglicherweise sogar schaden.

Zahlreiche Beobachtungsstudien und einige randomisierte Studien untermauern, dass Aspirin und Cyclooxygenase-2 (COX-2)-Hemmer beim kolorektalen Karzinom eine präventive Wirkung haben können. Mittlerweile wird die Acetylsalicylsäure – die auch mit einigen Risiken verbunden ist – in einigen Patientenkollektiven bereits zur Primärprävention und Rezidivprophylaxe eingesetzt.
Die skandinavische Aspirin after Surgery for colorectal liver mEtastases (ASEC)-Studie (1) prüfte nun erstmals im Rahmen einer RCT, ob die adjuvante Gabe von niedrigdosiertem Aspirin Rezidive bei Patienten mit entfernten kolorektalen Lebermetastasen verhindern kann. Dieses Kollektiv hat ein hohes Rückfallsrisiko und dringenden Bedarf an neuen Therapieoptionen, so ASEC-Studienleiter Dr. Sheraz Yaqub, Universität Oslo.
Wie wirkt Aspirin beim metastasierten kolorektalen Karzinom?
Die doppelblinde multizentrische Phase-III-Studie rekrutierte zwischen Dezember 2017 und Februar 2022 insgesamt 466 Patienten aus Norwegen, Schweden und Dänemark. Bei ihnen waren Lebermetastasen kolorektaler Karzinome kurativ reseziert oder ablatiert worden. Im Anschluss erhielten die Teilnehmer randomisiert entweder 160 mg Aspirin oder Placebo täglich.
Primärer Endpunkt der ASEC-Studie war das krankheitsfreie Überleben (DFS) nach drei Jahren Behandlung. Hier gab es in der am ASCO präsentierten Analyse keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen (Hazard Ratio [HR] 1,06). Das Ergebnis beim Gesamtüberleben deutete mit einer HR von 1,6 (p=0,057) aber sogar auf einen möglichen Nachteil in der Aspirin-Gruppe hin. Zurückzuführen sein dürfte das auf die signifikant erhöhte Rate schwerer unerwünschter Ereignisse unter Aspirin (24% vs. 5%). Darunter waren etwa Myokardinfarkte, Duodenalulzera und zerebrale Blutungen.
«Die Resultate legen nahe, dass Aspirin bei Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen nicht zu empfehlen und sogar kontraindiziert sein könnte», so das Fazit des Vortragenden.
«Potenzial bei PIK3CA-Mutationen und MRD-Positiven»
«Aspirin ist kein Placebo», mahnte auch Prof. Dr. Jason Zell (UC Irvine) in der anschliessenden Diskussion. Dass das Resultat bei den Gesamtüberlebensdaten in die falsche Richtung ging, ist für ihn trotz mangelnder statistischer Signifikanz ein deutlicher Warnhinweis. Das metastasierte Setting könnte etwa eine andere biologische Dynamik als das nicht metastasierte aufweisen.
Für den Kommentator sei es jedenfalls nicht ratsam, unkritisch Aspirin in Hochrisikopopulationen anzuwenden. Er sieht jedoch nach wie vor Potenzial für Aspirin in molekularen Subgruppen wie bei PIK3CA-mutierten Tumoren. Bei diesen zeigte erst kürzlich die randomisierte ALASCCA-Studie einen signifikanten DFS-Vorteil bei nicht metastasierten Patienten (HR 0,51). Aufgrund der Ergebnisse empfiehlt die NCCN im Stadium II/III in ihren aktuellen Guidelines nun bei Nachweis einer PIK3CA-Mutation die Gabe von niedrigdosiertem Aspirin über drei Jahre. Mehr Klarheit zur Chemoprävention im metastasierten Setting soll darüber unter anderem eine Subgruppenanalyse der ASEC-Population bringen.
Post-hoc-Analysen der (primär negativ verlaufenen) CALGB/SWOG 80702-Studie zu Celecoxib deuten ausserdem darauf hin, dass eine PIK3CA-Mutation mit einem signifikanten Ansprechen auf COX-2-Inhibitoren assoziiert sein könnte. In einer weiteren Post-hoc-Analyse von CALGB/SWOG 80702 war dies auch bei Patienten mit positiver ctDNA der Fall. Ein weiterer Biomarker für einen Benefit von Aspirin oder COX-2-Hemmer könnte also die minimale Resterkrankung darstellen.
- Yaqub et al. Adjuvant aspirin after resection or ablation of colorectal cancer liver metastases: the Scandinavian ASEC trial. Abstract #LBA3511