Medical Tribune
19. Mai 2025Phytomedizin-Steckbrief

Rosmarin – mehr als ein Küchengewürz

Der Rosmarin blickt auf eine lange Geschichte zurück und überzeugt bis heute durch seine vielseitige Wirkung. Ob bei Verdauungsbeschwerden, Kreislaufschwäche oder Muskelschmerzen – Rosmarinus officinalis ist innerlich wie äusserlich ein bewährtes Phytotherapeutikum mit fundierter Evidenz.

Kleine Flasche ätherisches Rosmarinöl
kazmulka/stock.adobe.com

In der Antike der Göttin Venus geweiht, verleiht Rosmarin mit seinem betörenden Duft mediterranen Küsten sein charakteristisches Flair. Ob in Frankreich, Portugal oder Tunesien, die rituelle und arzneiliche Verwendung der Rosmarinblätter ist im Mittelmeerraum verankert.

Als robuster Strauch konnte der immergrüne Rosmarin dank Karl dem Grossen in Topfkultur auch in Mitteleuropa Fuss fassen. Konservierend, geschmacksgebend und als anregendes Heilkraut ist Rosmarinus officinalis (L.) seit dem Mittelalter etabliert.

Kneipps Empfehlung legitimierte den Einsatz bei dyspeptischen Beschwerden, Kreislaufschwäche und als Rheumamittel. In der heutigen Phytotherapie ist Rosmarin ein anerkanntes Therapeutikum mit abgesicherten Qualitätsstandards.

Inhaltsstoffe

Wirksamkeitsbestimmend ist das ätherische Öl des Rosmarinblatts. Bis zu 2,5 Prozent sind in der Droge nachweisbar. Hauptkomponenten sind Monoterpene, deren Zusammensetzung je nach Herkunftsgebiet variiert. In europäischen Sorten dominieren dabei Cineol, Campher und α-Pinen mit je ca. 20 Prozent. Nordafrikanische Sorten zeigen hingegen bis zu 55 Prozent Cineolanteil im ätherischen Öl (ÄÖ).

Das Blattextrakt enthält bis zu drei Prozent Lamiaceaegerbstoffe, vorwiegend Kaffeesäurederivate (z.B. Rosmarinsäure). Die Gerb-stoffe sind für die choleretische Wirkung des Rosmarins verantwortlich. Flavonoide und organische Säuren (Carnosolsäure) sind enthalten. Letztere und die Abbauprodukte Carnosol und Rosmanol sind wesentlich an der antibakteriellen Wirkung des Rosmarins beteiligt und bestätigen den traditionellen Gebrauch von Rosmarin als Konservierungsmittel fetter Speisen (1).

Ethanolische Extrakte des Rosmarins zeigen in vitro und in vivo spasmolytische Wirkung, die über Aktivität der Inhaltsstoffe an zellulären Kalziumkanälen die krampflösende Wirkung bei dyspeptischen Beschwerden erklärt (2,3). Hepatoprotektive und choleretische Wirkungen wurden ebenfalls nachgewiesen. Positive Ergebnisse liefern Studien, wonach Extrakte antiviral gegen Herpes-­simplex-Viren Typ-2 wirken (4).

Praktische Anwendung

Als Therapeutikum wird Rosmarin aufgrund seiner spasmolytischen Wirkung in Form von Tees zur Linderung leichter Darmbeschwerden empfohlen. Als Teezubereitung zweimal täglich 1 TL (= 2 g), ev. auch das reine ätherische Öl (max. 20 Tr./Tag) wirkt bei Verdauungsstörungen wie Blähungen, Appe­tit­losigkeit und zur Steigerung der Magensaftsekretion.

Äusserlich können wir Präparate oder Zubereitungen als Bäder, Fluids oder Salben bei rheumatischen Beschwerden, Gelenks- und Muskelschmerzen im Rahmen von Erkältungserkrankungen sowie nach körperlicher Belastung empfehlen. Bei topischer Anwendung erfolgt die kreislauftonisierende Wirkung reflektorisch über Haut­reizung und Hyperämisierung. Vermehrte Durchblutung fördert den Abtransport gewebsschädigender Stoffe im entzündeten Areal.

Im Rahmen der Aromatherapie sind Bäder und Körperemulsionen mit Rosmarini aetheroleum unterstützend zur Kreislaufstabilisierung im Einsatz.

CAVE: Rosmarin kann bei übermässigem Genuss zur Reizung der Magenschleimhaut führen, äusserlich nicht auf geschädigte Haut und nur verdünnt auftragen. Wer auf Tradition steht, kann natürlich das rosmarinhaltige Kölnisch Wasser auf die Schläfen tupfen!

Muskelentspannendes Bad

Rosmarini folium 50,0 g
Aqua fontis cal. 1000 g
DS: Zubereitung für 1 Vollbad, 10 min ziehen lassen, dem Badewasser beifügen

Steckbrief

StammpflanzeRosmarinus officinalis L.
FamilieLamiaceae
Herkunftnördliches und südliches Mittelmeergebiet
Verwendete Pflanzenteilereine Blattdroge, vorwiegend aus Wildsammlung
MonographienPh. Eur. 8.0, HMPC und WHO (Rosmarinblätter und Rosmarinöl), ESCOP
AnwendungsbereicheInnerlich: dyspeptische Beschwerden, leichte krampfartige Verdauungsbeschwerden, zur Verbesserung der Leberfunktion
Äusserlich: Badezusatz, Salbeneinreibung gegen leichte Muskel- und Gelenkschmerzen, bei rheumatischen Erkrankungen, Antiseptikum, Kreislaufbeschwerden