Medical Tribune
30. Apr. 2025Neue Evidenz aus China und den USA

Intensive Blutdruckkontrolle senkt Demenzrisiko

Die konsequente Behandlung einer Hypertonie kann das Risiko, an Demenz zu erkranken, signifikant reduzieren. Das belegen die Daten einer grossangelegten Studie aus China und den USA.

Durch eine konsequente Blutdruckkontrolle lässt sich möglicherweise auch das Demenzrisiko senken.
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Die in Nature Medicine veröffentlichte CRHCP-3-Studie (1) untersuchte knapp 34.000 chinesische Erwachsene mit zuvor unbehandelter Hypertonie.

Bei ihnen führte eine intensive Behandlung zur Blutdrucksenkung, bestehend aus Antihypertensiva, Lebensstiländerungen und regelmässigen Blutdruckmessungen innerhalb von vier Jahren zu einer Reduktion des Demenzrisikos um 15 Prozent. Auch das Risiko für andere kognitive Beeinträchtigungen sank ihnen um 16 Prozent.

Hypertonie schadet dem Gehirn

Ein beständig hoher Blutdruck belastet nicht nur die Gefässe. Seit Jahren weisen Studien darauf hin, dass Bluthochdruck das Risiko für kognitive Beeinträchtigungen und Demenz bei älteren Erwachsenen erhöhen könnte.

Einige Interventionsstudien legen ausserdem nahe, dass das Absenken des Blutdrucks diesen Effekt abschwächen kann. In der SPRINT MIND-Studie aus dem Jahr 2018 konnten Teilnehmer mit einem ähnlich intensiven Blutdrucksenkungsprotokoll wie in der vorliegenden Studie ihr Risiko für leichte kognitive Einbussen reduzieren. Einen signifikanten Zusammenhang mit dem Demenzrisiko gab es allerdings nicht (2).

Aussagekräftig unter anderem dank hoher Teilnehmerzahl

Die China Rural Hypertension Control Project Phase-3 (CRHCP-3)-Studie liefert nun dank ihrer grossen Teilnehmerzahl und der randomisierten Durchführung zusätzliche Evidenz dafür, dass eine wirksame Blutdrucksenkung sich positiv auf das Demenzrisiko auswirkt.

Die Forscher schlossen für die Arbeit 33.995 erwachsene Personen ab 40 Jahren mit bislang unbehandeltem Bluthochdruck ein (medianes Alter: 63 Jahre). Die Teilnehmer stammten aus 326 ländlichen Dörfern Chinas. Sie stellen eine oft unterversorgte Bevölkerungsgruppe mit hohem Risiko für eine unbehandelte Hypertonie dar.

Die cluster-randomisierte Studie teilte dabei ganze Dörfer zufällig entweder der Interventionsgruppe mit einer strukturierten Blutdruckbehandlung, oder der Kontrollgruppe mit üblicher Versorgung zu. Durch diese Art der Randomisierung vermeidet man, dass sich Intervention und Kontrolle innerhalb eines Dorfes vermischen («Kontaminationseffekt»).

Die 14.541 Teilnehmern in der Interventionsgruppe erhielten dabei eine intensive Blutdruckbehandlung durch geschulte nicht-ärztliche Gesundheitspersonen («village doctors»). Diese umfasste die strukturierte Gabe von blutdrucksenkenden Medikamenten wie Kalziumkanalblocker, Angiotensinrezeptorblocker (ARBs) oder Thiazid-Diuretika nach einem Stufenplan.

Darüber hinaus wurden die Patienten ausführlich beraten, unter anderem zu Gewichtsreduktion, Salz- und Alkoholkonsum, und der Selbstüberwachung des Blutdrucks. Die 13.594 Teilnehmer in der Kontrollgruppe erhielten hingegen lediglich das regional übliche Blutdruckmanagement. Dazu gehörten etwa Blutdruckmessungen in der Klinik, strukturierte Medikationspläne oder Anstösse zu Lebensstilanpassungen bekamen sie aber nicht.

Demenzrisiko sank mit dem Blutdruck

Ziel der Interventionen war eine Senkung des systolischen Blutdrucks auf < 130 mm Hg, und des diastolischen Blutdrucks auf < 80 mm Hg. Dies gelang 68 Prozent der Teilnehmer in der Interventionsgruppe und 15 Prozent der Teilnehmer mit üblicher Versorgung.

In der Interventionsgruppe war der systolische Blutdruck vier Jahre nach Studieneinschluss von 157,0 auf 127,6 mm Hg gesunken, der diastolische Blutdruck von 87,9 auf 72,6 mm Hg (Kontrollgruppe, systolisch: 155,4 auf 147,7 mm Hg; diastolisch: 87,2 auf 81,0 mm Hg). Das entspricht einer signifikanten Verbesserung im Vergleich zur Kontrollgruppe (p<0,0001).

Gleichzeitig war die Blutdrucksenkung in der Interventionsgruppe mit einem um 15 Prozent niedrigerem Demenzrisiko (Risk Ratio [RR]: 0,85; p < 0,0001), und mit einem um 16 Prozent niedrigerem Risiko für kognitive Einschränkungen ausser Demenz (RR: 0,84; p < 0,0001) verbunden.

Weniger schwere Nebenwirkungen mit effektivem Blutdruckmanagement

Dieses Ergebnis blieb auch nach Korrektur für andere Risikofakoren für Demenz erhalten, darunter Alter, Geschlecht, Bildungsstatus, Rauchen, BMI oder Nüchternglukose.

Im Schnitt nahmen Patienten in der Interventionsgruppe innerhalb des Beobachtungszeitraumes 3,0 antihypertensive Präparate ein. In der Kontrollgruppe waren es lediglich 1,2.

In den beiden Gruppen trat eine ähnliche Zahl an Nebenwirkungen auf. Schwere Nebenwirkungen waren in der Intervensionsgruppe aber seltener (RR: 0,94; 95%-KI: 0,91 – 0,98; p = 0,0006). Behandlungsbedürftige Stürze, Hypotonien oder Synkopen traten allerdings in beiden Gruppen etwa gleich häufig auf.

Gut fürs Herz, gut fürs Gehirn

Für die Forscher liefert die CRHCP-3-Studie überzeugende Belege für die Wirksamkeit der blutdrucksenkenden Behandlung zur Reduktion des Demenzrisikos bei Patienten mit Hypertonie. Dem stimmt auch die Professorin für angewandtes Neuroimaging, University of Edinburgh, in einer Pressemeldung des britischen Science Media Centre zu. «Niemand sollte mit weniger als optimal eingestelltem Blutdruck leben – aus einer Vielzahl von Gründen. Wir müssen etwa mehr Wert auf Rauchentwöhnung, regelmässige Bewegung, Salzreduktion, eine gesunde Ernährung und eine gute Schlafhygiene legen», so die Expertin.

«Zweifelsohne ist die Reduktion des Blutdrucks nicht nur für die Gefässgesundheit wichtig, sondern kann auch dazu beitragen, Demenz jeglicher Ursache und kognitiven Abbau verringern», sagt Prof. Wardlaw weiter. Warum sich die Blutdrucksenkung positiv auf die Demenz auswirkt könnte mehrere Gründe haben. Dazu gehören die Vermeidung von Schlaganfällen und die Verringerung diffuser Gefässschäden durch mikrovaskuläre Erkrankungen, sowie der Erhalt der zerebrovaskulären Gesundheit.