Kachexie bei Tumorerkrankung früh erkennen und behandeln
Eine Tumorkachexie schwächt Betroffene nicht nur körperlich, sondern belastet sie auch psychisch stark. Die Behandlung kombiniert Ernährungsberatung, Sport und appetitsteigernde Medikamente wie Glukokortikoide oder Olanzapin.

Insbesondere Tumoren des Pankreas, der Leber und des Gallensystems sowie des oberen Magen-Darm-Trakts führen oft zur Kachexie.
Bis zu 80 Prozent der Krebserkrankten können dieses komplexe Syndrom entwickeln, das Appetitlosigkeit, Fett- und Muskelabbau sowie Erschöpfung und verminderte Aktivität umfasst.arakterisiert ist.
Kachexie betrifft nicht nur Patienten im Endstadium, sondern auch solche mit potenziell heilbaren Tumoren. Sie führt oft zu weniger effektiver Therapie, reduzierter Lebensqualität und kürzerem Überleben. Daher ist es wichtig, Kachexie früh zu erkennen und zu behandeln, betonen Forscher um Michael Yule vom Edinburgh Cancer Research Centre, University of Edinburgh.
Gewichtsverlust, niedriger BMI und Nährstoffmangel
Zur Diagnose einer Kachexie dienen Kriterien der Malnutrition:
- Gewichtsverlust von über fünf Prozent in sechs Monaten oder über zehn Prozent über längere Zeit,
- Ein BMI unter 20 kg/m² oder unter 22 kg/m² bei über 70-Jährigen sowie
- Reduzierte Nährstoffaufnahme.
Muskelmasse- und Kraftverlust gehen oft dem sichtbaren Gewichtsverlust voraus. Zeichen einer Entzündung, wie erhöhtes C-reaktives Protein, sind ebenfalls wichtig, da Entzündungen die Tumorkachexie fördern. Der Tumor selbst treibt diese Prozesse an, indem er Substanzen freisetzt, die Kachexie und Entzündung verstärken.
Neben Muskel- und Fettgewebe sind auch Leber, Herz und zentrales Nervensystem betroffen. So führt eine Fehlfunktion des Hypothalamus führt zu Appetitlosigkeit und Müdigkeit, oft begleitet von depressiver Stimmung und sozialem Rückzug.
Kachexie bei Tumorpatienten behandeln
Im Rahmen der Behandlung einer Tumorkachexie geht es zum einen darum, die unerwünschten Wirkungen der onkologischen Therapie zu reduzieren, die den Appetit beeinträchtigen. Dies betrifft vor allem die mit der Chemotherapie einhergehende Übelkeit.
Zum anderen werden ein optimales Management von Begleitkrankheiten, der Verzicht aufs Rauchen, entsprechende Ernährungsberatung inklusive gezielter Gabe von Supplementen sowie eine geeignete Sporttherapie empfohlen. Künstliche Ernährung bei fortgeschrittener Krebserkrankung scheint weder die Körperzusammensetzung noch das Gesamtüberleben zu verbessern. Unverzichtbar ist dagegen eine begleitende psychosoziale Unterstützung.
ESMO empfiehlt kurzfristige Gabe von Glukokortikoiden
Mehrere randomisierte Studien prüften appetitsteigernde Medikamente für kachektische Patienten mit fortgeschrittenen Malignomen. Auf Grundlage der Ergebnisse empfiehlt die European Society for Medical Oncology (ESMO) die kurzfristige Gabe von Glukokortikoiden.
Auch Olanzapin verbesserte in einer Studie Appetit Körpergewicht und kann bei fortgeschrittenen Tumoren mit dem Ziel der Gewichtszunahme eingesetzt werden. Aktuell geprüft wird zudem Ponsegromab, ein monoklonaler GDF(Wachstumsdifferenzierungsfaktor)-15-Antikörper, der über die Hemmung der Inflammation der Kachexie entgegenwirkt.
Die Autorengruppe betont, dass alle Massnahmen zur Bekämpfung der Kachexie auf das Stadium der Krebserkrankung abgestimmt sein sollten. Ernährungsinterventionen werden für Patienten mit einer Überlebensprognose von mehr als einigen Monaten empfohlen. Bei einer verbleibenden Lebensspanne von weniger als einigen Wochen sollte die Behandlung darauf abzielen, belastende Symptome wie Durst und Übelkeit zu lindern und die Versorgung am Lebensende zu planen.
- Yule MS et al. Cancer cachexia. BMJ 2024; 387: e0080040; doi:10.1136/bmj-2024-080040