Parkinson-Prävention durch Hörgeräte?
Hörverlust ist ein bekannter modifizierbarer Risikofaktor bei Demenz. Zur Parkinson-Krankheit gab es dazu bislang allerdings noch kaum Daten. Eine neue Studie belegt jetzt einen Zusammenhang – und zeigt, dass Hörgeräte möglicherweise in der Lage sind, das Parkinson-Risiko von Menschen mit Hörminderung zu senken.
In der Kohortenstudie in JAMA Neurology (1) untersuchten US-amerikanische Wissenschaftler die Assoziation zwischen Hörverlusten und der Inzidenz der Parkinson-Krankheit anhand von Gesundheitsdaten von mehr als drei Millionen Veteranen.
Nach zehn Jahren Beobachtung hatten Personen, bei denen ein geringer Hörverlust festgestellt wurde, ein leicht erhöhtes Risiko für eine Parkinson-Diagnose. Noch häufiger betroffen waren Menschen mit deutlicher ausgeprägten Hörminderungen.
Protektiv war in der Studie hingegen, wenn Menschen frühzeitig ein Hörgerät verwendeten.
Parkinson-Krankheit und Hörverlust – wenige und widersprüchliche Ergebnisse
Die Parkinson-Krankheit ist eine chronisch fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die in Deutschland rund 120 von 100.000 Personen über 50 Jahren betrifft. Eine kausale Therapie gibt es bislang nicht. Wie gut das Management funktioniert, hängt aber von einer frühen Diagnose und Behandlung ab.
Studien deuten darauf hin, dass sensorische Verluste wie Sehbeeinträchtigungen, Hörverlust und Hyposmie (verminderter Geruchssinn) Prodromi (frühe Anzeichen) für neurodegenerative Erkrankungen sein könnten. So ist etwa ein Zusammenhang mit Hörverlusten in den mittleren Lebensjahren mit der Alzheimer-Krankheit gut belegt.
Da es zwischen der Alzheimer-Krankheit und Parkinson enge Zusammenhänge gibt, wurden Hörminderungen auch als Risikofaktor für die Parkinson-Krankheit diskutiert. Bisherige Daten aus Fall-Kontroll-Studien waren allerdings etwa aufgrund geringer Nachbeobachtungszeiträume und Personenanzahlen nur wenig aussagekräftig. Darüber hinaus lieferten sie auch teils widersprüchliche Ergebnisse, so die Autoren der vorliegenden Studie.
Mehr als drei Millionen Veteranen untersucht
Darin nutzten sie nun elektronische Gesundheitsdaten von fast 3,6 Millionen Veteranen im Alter von mindestens 40 Jahren. Alle Teilnehmer hatten zwischen den Jahren 1999 und 2002 zumindest eine Untersuchung ihres Hörvermögens durchlaufen. Ausgeschlossen waren Personen mit bereits bekannter Parkinson-Diagnose.
Bei den meisten untersuchten Veteranen (79,2 %) wurde beim Hörtest eine Hörminderung festgestellt, jeweils rund 30 Prozent hatten einen leichten oder moderaten Hörverlust. 15 Prozent hatten einen moderaten bis schweren, rund vier Prozent einen schweren bis sehr schweren Hörverlust.
Dosisabhängige Risikosteigerung
Nach einem Zeitraum von zehn Jahren nach Studieneinschluss war in der Personengruppe mit leichtem Hörverlust eine erhöhte Anzahl an Parkinson-Fällen aufgetreten als bei jenen mit normalem Gehör (zusätzliche 6,1 Fälle pro 100.000 Personen).
Bei Veteranen mit moderatem, moderaten bis schwerem oder schwerem Hörverlust beliefen sich die zusätzlichen Parkinson-Fälle sogar auf 15,8; 16,2 und 12,1 Personen. Das Risiko für die Erkrankung nahm also dosisabhängig zu, je stärker der Hörverlust ausgeprägt war.
Hörgeräte wirken Parkinson entgegen
Zusätzlich untersuchten die Forscher auch, ob Hörgeräte Abhilfe schaffen könnten – mit vielversprechendem Ergebnis. Unter den Veteranen, die frühzeitig ein Hörgerät nutzten, fiel die Zahl der Parkinson-Diagnosen im Verlauf von zehn Jahren um rund 21 Fälle pro 100.000 geringer aus.
Hörgeräte bremsen das Parkinson-Risikos laut den Forschern dabei wahrscheinlich dadurch ein, indem sie kognitive Funktion erhalten, und der sozialen Isolation der Betroffenen entgegenwirken.
Die Ergebnisse betonen laut den Autoren daher auch die Bedeutung von Hörscreenings und einer rechtzeitigen Versorgung mit Hörgeräten bei älteren Erwachsenen.
- Neilson LE et al. Hearing Loss, Incident Parkinson Disease, and Treatment With Hearing Aids. JAMA Neurol. 2024 Oct 21. doi: 10.1001/jamaneurol.2024.3568.