Gastrointestinale Blutung: Bei Älteren nur unauffällige Symptome
Auch wenn blutiges Erbrechen und Blut im Stuhl typische Symptome einer gastrointestinalen Blutung sind, kann man sich bei älteren Menschen nicht darauf verlassen. Sie zeigen oft kaum Beschwerden oder nur eine Anämie. Die Blutung aufzuspüren und schnellstmöglich ihre Ursache zu behandeln, ist in jedem Alter geboten.
Gastrointestinale Blutungen sind potenziell lebensbedrohlich und gehören zu den zehn häufigsten Gründen für einen Besuch beim Gastroenterologen, wie Dr. Guntje Kneiseler und Professor Dr. Alexander Dechêne vom Klinikum Nürnberg berichten (1).
Je nach Lokalisation – proximal oder distal des Treitz-Bandes – unterscheidet man zwischen oberer und unterer gastrointestinaler Blutung. Bei der oberen Blutung sind zudem variköse von nichtvarikösen Formen zu differenzieren.
Obere GI-Blutungen häufiger bei Männern
Während nur knapp die Hälfte der Patienten mit oberer Magen-Darm-Blutung blutig erbrechen, haben fast alle eine Meläna oder Hämatochezie.
Auch wenn Teerstuhl in etwa 90 Prozent der Fälle mit einer oberen gastrointestinalen Blutung einhergeht, kann Meläna auch auf eine untere gastrointestinale Blutung hinweisen. Für diese sind ansonsten frische Blutungen, Absetzen von Blutkoageln oder Blutbeimengungen zum Stuhl typisch.
Im Gegensatz zu jüngeren Patienten zeigen ältere Patienten bei einer gastrointestinalen Blutung häufig keine oder nur unspezifische Beschwerden und/oder eine Eisenmangelanämie, schreiben die Autoren.
Obere gastrointestinale Blutungen finden sich häufiger bei Männern. Risikofaktoren für eine tödliche nichtvariköse obere Blutung sind zunehmendes Alter und schwere Begleiterkrankungen.
Auch bei einer unteren gastrointestinalen Blutung sind ältere Patienten besonders gefährdet. Denn sie leiden häufig an Erkrankungen, die mit einem erhöhten Blutungsrisiko einhergehen – etwa
- Magen-Darm-Ulzera,
- chronische Entzündungen des Magen-Darm-Trakts,
- Kolondivertikel oder
- Hämorrhoiden.
Zudem nehmen vor allem ältere Patienten wegen anderer Erkrankungen oft NSAR und Thrombozytenaggregationshemmer ein, die die Blutungsneigung erhöhen.
ASS und Antikoagulation bei Magen-Darm-Blutung
Viele Patienten mit einer gastrointestinalen Blutung nehmen aufgrund von Komorbiditäten Thrombozytenaggregationshemmer oder Antikoagulanzien ein. Die Weitergabe dieser Substanzen richtet sich nach der Schwere der Blutung.
Für Ulkusblutungen konnte gezeigt werden, dass Patienten, die ihr niedrig dosiertes ASS weiter einnahmen, zwar ein erhöhtes Risiko für Rezidivblutungen aufwiesen, insgesamt aber eine deutlich geringere Mortalität hatten als die Patienten, deren ASS pausiert wurde.
ASS zur Sekundärprophylaxe sollte deshalb bei gastrointestinaler Blutung nicht abgesetzt werden, schreiben die Experten. Erhält der Patient eine duale Thrombozytenaggregationshemmer-Therapie, ist ASS fortzuführen und die jeweils zweite Substanz vorübergehend, aber möglichst kurz zu pausieren.
Ähnliches gilt für Warfarin: Eine frühe Wiederaufnahme der therapeutischen Antikoagulation nach schwerer gastrointestinaler Blutung war im Vergleich mit einem Wiederbeginn nach 30 Tagen mit einem geringeren Mortalitäts- und Thromboembolierisiko verbunden – ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen. Eine therapeutische Antikoagulation sollte deshalb unter Berücksichtigung des individuellen Blutungs- und Thromboembolierisikos möglichst frühzeitig wieder aufgenommen werden.
Versorgung und Risikoeinschätzung
Die Versorgung bei gastrointestinaler Blutung schliesst neben der genauen Anamnese die Suche nach der Blutungsquelle ein. Gegebenenfalls ist eine Notfalltherapie erforderlich.
Die Laboranalyse sollte
- Blutbild,
- Gerinnung,
- Laktat,
- Blutgaswerte,
- Leber- und Nierenwerte sowie die
- Bestimmung der Blutgruppe
umfassen. Anhand des Glasgow-Blatchford-Scores lässt sich das Risiko beurteilen: Bei niedriger Gefahr ist keine stationäre Therapie nötig, bei hohem Risiko ist hingegen eine frühe Endoskopie, evtl. mit Intervention, angezeigt.
Erythromycin kann Schleimhautbeurteilung vereinfachen
Kurz vor der Endoskopie verabreicht, verbessert das prokinetisch wirksame Erythromycin die Beurteilbarkeit der Schleimhaut. Bei Verdacht auf eine nichtvariköse obere Blutung empfiehlt sich zudem die Gabe eines Protonenpumpeninhibitors, die gegebenenfalls für drei Tage fortzuführen ist. Vermutet man hingegen eine Varizenblutung, ist eine präendoskopische Therapie mit Vasokonstriktoren sinnvoll.
Liegt der vermuteten varikösen Blutung eine Leberzirrhose zugrunde, ist eine vor der Endoskopie beginnende i.v.-Antibiotika-Therapie mit einem besseren Outcome assoziiert.
Im Sinne eines restriktiven Transfusionsmanagements sollten, vor allem bei Leberzirrhose, die Hämoglobinwerte zwischen 7 und 9 mg/dl stabil gehalten werden. Bei nicht beherrschbarer Blutung kann eine Korrektur der Gerinnung nötig werden. Allerdings wurden für die Gabe von gefrorenem Frischplasma bei Ösophagusvarizenblutung oder auch Tranexamsäure keine positiven Ergebnisse gezeigt. Die Autoren empfehlen, sich bei der Gerinnungssubstitution an Ergebnissen viskoelastischer Verfahren zu orientieren.
Notfallmässige Endoskopie bei oberen GI-Blutungen
Die Endoskopie selbst sollte bei oberen gastrointestinalen Blutungen im Fall einer Varizenblutung und bei instabilen Kreislaufverhältnissen notfallmässig erfolgen; ansonsten unter Monitoring der Vitalparameter innerhalb von 12 Stunden nach Aufnahme. Auch bei nichtvariköser oberer Blutung ist bei hämorrhagischem Schock nach Kreislaufstabilisierung möglichst zeitnah zu endoskopieren, ansonsten ein Zeitfenster von bis zu 24 Stunden nach Aufnahme und nach Kreislaufstabilisierung einzuhalten.
Endoskopisch lässt sich die nichtvariköse Blutung anhand der Forrest-Kriterien klassifizieren, um das Risiko einer Rezidivblutung einschätzen zu können. Während der Untersuchung sollen thermische und mechanische Verfahren sowie gegebenenfalls zusätzliche Injektionstherapien die Blutung stoppen. Over-the-Scope-Clips werden speziell bei Ulkusblutungen empfohlen. Im Fall von Varizen wird eine medikamentöse Therapie kombiniert mit Ligatur empfohlen. Bei refraktärer Blutung ist als vorübergehende Versorgung ein Metallstent angezeigt. Bleiben diese erfolglos, gelten Sengstaken-Sonde im Ösophagus und Linton-Nachlas-Sonde im Bereich des Magenfundus als Alternativen. Bei Hochrisikopatienten wird auch die Anlage eines portosystemischen Shunts (TIPSS) empfohlen.
Untere GI-Blutungen im Alter oft durch Divertikel
Unteren gastrointestinalen Blutungen liegen im Alter oft Divertikel zugrunde. Solche Blutungen sistieren oft spontan. Falls nicht, können sie endoskopisch mithilfe von Injektionsverfahren und/oder per Bandligatur bzw. Clipapplikation therapiert werden.
- Kneiseler G, Dechêne A. Z Gastrointestinale Blutung im Alter. Gerontol und Geriat 2024; 59–70; doi: 10.1007/s00391-023-02258-0