Medical Tribune
8. Aug. 2024Hoffnungsschimmer bei primärer biliärer Cholangitis?

Verbesserte Lebensqualität bei PBC durch PPAR-Agonisten?

In den letzten Monaten wurden Studienergebnisse zu zwei PPAR-Agonisten für die Therapie der primären biliären Cholangitis (PBC) veröffentlicht. Wie weit sind Elafibranor und Seladelpar von einer breiteren Anwendung entfernt?

Primär biliäre Zirrhose (PBC), lichtmikroskopische Aufnahme
Science Photo Library/Downer, Nigel
Lebergewebe bei PBC unter dem Lichtmikroskop.

Bei der primären biliären Cholangitis (PBC) entzünden sich die kleinen intrahepatischen Gallengänge chronisch und sterben schliesslich ab, schreibt David Assis von der Yale School of Medicine, New Haven (1).

Dies führt zu zunehmender Cholestase, Leberfibrose und -zirrhose, Leberinsuffizienz und unbehandelt zum Tod der Betroffenen. Wirksame Therapien sind rar. Zwar profitieren viele Patienten von Ursodeoxycholsäure, aber fast die Hälfte spricht nicht darauf an. Die einzige zugelassene Zweitlinientherapie, Obeticholsäure, ist ebenfalls nicht bei allen Patienten erfolgreich und verursacht oft Juckreiz oder verschlimmert bestehenden Pruritus.

PPAR-Agonisten als Zweitlinientherapie?

PPAR (peroxisome proliferator-activated receptor)-Agonisten könnten eine weitere Option sein. Fenofibrat und Bezafibrat haben in Studien und teilweise auch unter Real-World-Bedingungen erste Erfolge gezeigt. Nun wurden Elafibranor und Seladelpar, zwei selektive PPAR-Agonisten, in Phase-III-Studien getestet.

Elafibranor

Dr. Kris Kowdley vom Liver Institute Northwest, Seattle, und Kollegen untersuchten in einer Studie mit 161 Patienten die Wirksamkeit und Sicherheit des PPAR-α-/δ-Agonisten Elafibranor (2). Alle Teilnehmer litten an PBC und sprachen nicht auf Ursodeoxycholsäure an oder hatten inakzeptable Nebenwirkungen. Die Prüfärzte teilten die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip im Verhältnis 2:1 entweder Elafibranor 80 mg einmal täglich oder Placebo zu.

Nach 52 Wochen war bei 55 der 108 Patienten unter Elafibranor (51 %) die alkalische Phosphatase (AP) auf Werte unterhalb des 1,67-fachen oberen Normwerts und um mindestens 15 Prozent gegenüber dem Ausgangswert gesunken, in der Placebo-Gruppe war das nur bei zwei der 53 Patienten (4 %) der Fall. Diese Besserung begann schon innerhalb der ersten vier Wochen nach Einnahmebeginn und hielt an. Bei 15 Prozent der Teilnehmer, die Elafibranor erhielten, lag die AP-Konzentration sogar wieder im Normbereich, was unter Placebo bei keinem Patienten der Fall war.

Auch das Blutfettprofil verbesserte sich in der Interventionsgruppe. Nach 52 Wochen waren die Konzentrationen der Triglyzeride und des VLDL-Cholesterins anhaltend niedriger als bei den Kontrollen. Bei Patienten mit moderatem bis schwerem Pruritus zu Studienbeginn fand sich jedoch nach 52 Wochen kein Unterschied in der Veränderung des Pruritus zwischen den Behandlungsgruppen.

Nebenwirkungen traten unter beiden Substanzen ähnlich oft auf und waren meist leicht oder moderat. Allerdings klagten unter Elafibranor mehr Patienten über gastrointestinale Probleme wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.

In der Interventionsgruppe kam es häufiger zu Erhöhungen der Kreatinkinase. Wegen stark erhöhter Werte mussten vier Patienten die Studie abbrechen. Zwei von ihnen nahmen begleitend Statine ein, ein Teilnehmer litt unter einer chronischen Nierenerkrankung, ein weiterer unter einer Autoimmunthyreoiditis.

Seladelpar

Dr. Gideon Hirschfield vom Toronto Centre for Liver Disease am Toronto General Hospital und Kollegen untersuchten Seladelpar, einen weiteren PPAR-Agonisten (3). Sie nahmen 193 Patienten mit PBC in ihre randomisierte Studie auf. Die Betroffenen hatten entweder nicht auf Ursodeoxycholsäure angesprochen oder inakzeptable Nebenwirkungen entwickelt. Sie erhielten nach dem Zufallsprinzip (im Verhältnis 2:1) Seladelpar einmal täglich oder Placebo, wobei die meisten weiterhin Ursodeoxycholsäure einnahmen.

Nach zwölf Monaten war in der aktiv behandelten Gruppe die zu Beginn erhöhte Konzentration der AP bei signifikant mehr Patienten um mindestens 15 Prozent gesunken und betrug maximal das 1,67-Fache der oberen Norm, während das Bilirubin im Normbereich lag (61,7 vs. 20 %). Bei einem Viertel der Patienten unter Seladelpar hatte sich der AP-Wert sogar normalisiert, in der Placebo-Gruppe war das bei keinem Teilnehmer der Fall.

Seladelpar minderte zudem einen zuvor bestehenden mässigen bis schweren Juckreiz stärker als das Placebo. Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen ähnlich häufig auf.

Die beiden Studien verdeutlichen die zentrale Rolle von PPAR-Agonisten in der Zweitlinientherapie der PBC, kommentiert Assis (1). Im Vergleich zu Obeticholsäure können sowohl Elafibranor als auch Seladelpar punkten. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass die Verringerung des Pruritus als neues Ziel in der Behandlung der PBC festgeschrieben werden sollte. Der Einsatz von PPAR-Agonisten könnte sowohl zu besseren klinischen Ergebnissen führen als auch die Lebensqualität der Patienten erhöhen, meint der Experte. Bis dahin sei es allerdings noch ein weiter Weg. Offen bleibe zudem, wie man Patienten behandeln könne, die auch auf PPAR-Agonisten nicht ansprechen.

PPAR-Agonisten bei primärer biliärer Cholangitis (PBC)

PPAR sind Rezeptoren am Zellkern, die bei Bindung an einen Liganden die Expression verschiedener Gene in Gang setzen, erklärt Bernd Schnabl vom Department of Medicine der University of California in La Jolla (4). Zu diesen Genen gehören auch solche, die bei chronischen Entzündungsprozessen mitwirken. PPAR-Agonisten besetzen eine oder mehrere Untergruppen dieser Rezeptoren (α, δ und γ sind bisher bekannt) und können die Aktivierung von inflammatorischen Genen unterdrücken. Auch die Produktion von Gallensäuren und teilweise deren Toxizität und Wiederaufnahme in die Leberzellen werden reduziert. Insgesamt halten sie die Cholestase auf und können teilweise sogar die Leberfibrose vermindern.