Nach Abtreibung oder Totgeburt leiden auch die Väter
Erstlingsväter haben nach ungünstigen Schwangerschaftsverläufen wie Totgeburten oder Abtreibungen zumindest ein Jahr lang ein deutlich erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen. Das zeigt eine neue Studie aus Dänemark.
Die Registerstudie untersuchte 192.455 Erstväter ohne psychiatrische Behandlungen in der Vorgeschichte. Verglichen mit Vätern, deren Kind gesund und reif geboren wurden, hatten Männer, die mit einer geplanten Abtreibung oder Totgeburt konfrontiert wurden ein deutlich erhöhtes Risiko dafür, aufgrund einer psychischen Erkrankung behandelt zu werden.
Die Autoren fordern ein höheres Bewusstsein für die psychische Verfassung von Erstlingsvätern unter besonderen Bedingungen.
Auch für Väter stellt Elternschaft eine psychische Herausforderung dar
Zum ersten Mal Eltern zu werden verändert das Leben aller Menschen. Unabhängig vom Ausgang der Schwangerschaft kann dieses Erlebnis eine Herausforderung darstellen, schreiben die Autoren der Arbeit im Journal JAMA Network Open.
Mittlerweile ist gut bekannt, dass Mütter nach Ende einer Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen haben. Ist die Schwangerschaft ungünstig verlaufen, und beispielsweise mit einer Totgeburt erlitten haben oder einem induzierten Schwangerschaftsabbruch oder einem Abort verbunden, stellt das ein noch grösseres psychisches Risiko für Mütter dar.
Erst seit den letzten Jahren widmet man auch den zugehörigen Männern dieser Schwangeren etwas mehr Aufmerksamkeit. Nun zeigen bereits einige Studien die zeigen, dass auch bei Vätern während der Schwangerschaft und nach der Geburt ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen besteht.
So liegt bei ihnen die Prävalenz für eine Spitalseinweisung wegen einer psychischen Störung drei Monate nach einer Geburt bei 0,37 pro 1.000 Geburten. Die kumulative Inzidenz von Verschreibungen für Psychopharmaka liegt ausserdem bei 14,5 pro 1.000 Geburten während des ersten Jahres der Vaterschaft.
Wie sehr leiden Männer im ersten Jahr nach Abtreibung oder Totgeburt?
Die vorliegende Studie ist die erste, die sich damit beschäftigt hat, wie stark ungünstige Schwangerschaftsergebnisse die psychische Gesundheit von Vätern beeinträchtigen.
Die dänische Kohortenstudie untersuchte landesweit Erstlingsväter ohne psychiatrische Vorgeschichte zwischen den Jahren 2008 und 2017. Sie wurden unterteilt in Väter gesunder, voll entwickelter Kinder, sowie in Väter, die mit unerwünschten Schwangerschaftsfolgen konfrontiert wurden. Dazu gehörten
- induziertem Aborte,
- Spontanaborte,
- Totgeburten,
- geringes Gestationsalter (SGA),
- Frühgeburt und
- angeborene Fehlbildungen.
Die Forscher verwendeten Daten über die Verschreibung von Psychopharmaka, Psychotherapie, einen Besuch bei einem Psychologen oder einen Kontakt mit einem psychiatrischen Krankenhaus bis zu einem Jahr nach Ende der Schwangerschaft als Näherungswerte für psychiatrische Ereignisse.
Nichtpharmakologische psychiatrische Behandlungen nach Totgeburt 23-fach erhöht
Von den untersuchten 192.455 Vätern erlebten 31,1 Prozent ein ungünstiges Schwangerschaftsergebnis. Am höchsten war das Risiko für eine psychiatrische Erkrankung bei Vätern in diesem Kollektiv nach einer Totgeburt. Sie hatten ein rund 23-fach erhöhtes Risiko, eine nichtpharmakologische psychiatrische Behandlung in Anspruch zu nehmen, und ein neunfach erhöhtes Risiko für eine Behandlung mit Hypnotika.
Das besonders hohe Risiko für nichtpharmakologische Interventionen nach Totgeburten könnte dabei laut den Autoren auch das Ergebnis davon sein, dass Paaren, die eine Totgeburt erlebt haben, häufiger eine Psychotherapie angeboten wird.
An zweiter Stelle standen Väter, die mit einer späten geplanten Abtreibung nach der 12. Woche konfrontiert waren. Ihr Risiko für eine nichtpharmakologische Behandlung war um das vierfache erhöht.
Väter, deren Partnerinnen eine geplanten Abtreibung vor der 12. Woche durchführen liessen, hatten ausserdem ein 70 bis 80 Prozent erhöhten Risiko, innerhalb eines Jahres nach dem Abbruch eine Behandlung mit Anxiolytika und Hypnotika zu beginnen.
Väter gezielt im Auge behalten
Laut den Autoren könnte es vorteilhaft sein, Väter nach dem Ausgang einer Schwangerschaft stratifiziert zu betreuen, schreiben die Autoren.
Darüber hinaus deuten für sie die Ergebnisse darauf hin, «dass selbst werdende Väter, die einen Schwangerschaftsabbruch erlebt haben, ein erhöhtes Risiko für damit verbundene psychiatrische Symptome haben könnten, auch wenn sie nach der Schwangerschaft nie eine Entbindung erlebt haben.»