Medical Tribune
17. Apr. 2024Die Folgen von Mangel oder Überfluss

Erhöhte oder zu niedrige Phosphat-Werte: Symptome und Therapie

Der Phosphathaushalt im Körper wird von einer Vielzahl von Einflussfaktoren beeinflusst. Ein Ungleichgewicht, sei es ein Zuviel oder Zuwenig an Phosphat, macht sich nicht sofort bemerkbar, kann aber schwerwiegende Folgen haben. In einer aktuellen Publikation haben Ärzte Informationen zur Regulation der Phosphataufnahme und -ausscheidung, zur Notwendigkeit von Laborkontrollen und zu den verfügbaren Therapieoptionen zusammengestellt.

Bei erhöhten Phosphatwerten ist zunächst eine Diätberatung angezeigt.
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Bei erhöhten Phosphatwerten ist zunächst eine Diätberatung angezeigt.

Verschiedene Organe, von den Muskeln bis zum Darm, sind an der Aufrechterhaltung der Phosphathomöostase beteiligt. Besonders wichtig sind dabei das Parathormon (PTH), der Fibroblast Growth Factor 23 (FGF23) und Calcitriol (1,25-(OH)2-Vitamin-D3).

Hypophosphatämie durch Durchfall, Medikamente und Hungry-Bone-Syndrom

Die Nieren spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Phosphatkonzentration durch Rückresorption. Parathormon und FGF23 wirken phosphaturisch, indem sie die Wiederaufnahme von Phosphat verringern. Beide sind Gegenspieler von Calcitriol, das die Rückresorption fördert. Der Knochen dient als Speicher für Phosphat und Kalzium und produziert gleichzeitig FGF23, wie Professor Dr. Andreas Serra von der Klinik Hirslanden in Zürich und Kollegen erklären (1).

Das Parathormon setzt Phosphat aus dem Knochen frei, während Calcitonin und Calcitriol den Einbau von Phosphat in den Knochen fördern, also die ossäre Mineralisierung. Bei einem plötzlichen PTH-Abfall (z.B. nach einer Parathyreoidektomie) kommt es bei chronischer Niereninsuffizienz oft zu einem Hungry-Bone-Syndrom. Dabei wird die Aufnahme von Kalzium und Phosphat im Knochen erhöht, was zu einer Hypophosphatämie führt.

Auch der Darm spielt eine Rolle: Es besteht eine lineare Beziehung zwischen der Phosphataufnahme und dem Angebot an Phosphat in der Ernährung. Durch Durchfall und Steatorrhö kann es zu einem Phosphatmangel kommen.

Zwei- bis dreifach positiv geladene Moleküle bilden ausserdem Komplexe mit Phosphat und reduzieren so die Aufnahme im Darm. Dies kann bei der Einnahme von Antazida und Abführmitteln, die Kalzium, Aluminium und Magnesium enthalten, oder bei der Behandlung mit Phosphatbindern auftreten.

Mögliche Folgen von Hypophosphatämie

Eine anhaltende Hypophosphatämie kann zu Störungen der Knochenmineralisation mit Minderwuchs, Knochendeformationen, Frakturen sowie extraossäre Muskelschwäche, Muskelschmerzen und Nephrokalzinose führen. Eine chronische Hyperphosphatämie tritt dabei praktisch nur im Zusammenhang mit einer chronischen Niereninsuffizienz auf. Die familiäre tumoröse Kalzinose ist eine Rarität.

Die Autoren empfehlen bei verschiedenen Störungen eine Evaluation des Phosphathaushalts (siehe Kasten). Der Normbereich der fraktionierten Phosphat­­ausscheidung –FE(PO4) –liegt zwischen 0 und 20 Prozent. Bei Patienten mit Hypophosphatämie deutet ein Wert über fünf Prozent auf einen Verlust über die Nieren hin.

Wann das Phosphat kontrolliert werden sollte

  • Niereninsuffizienz
  • Uronephrolithiasis
  • Knochenverformungen
  • Frakturen nach Bagatelltrauma
  • Intensivierung der Insulintherapie
  • Refeeding nach Mangelernährung
  • Alkoholintoxikation
  • Parathyreoidektomie
  • Alkalose
  • Diarrhö
  • Steatorrhö
  • Anwendung von Medikamenten, die den Phosphathaushalt stören (z.B. Diuretika, Kortikosteroide, Chemotherapeutika, hohe Vitamin-D-Dosen)

Ist die renale Ausscheidung erhöht, lässt sich bei Erwachsenen mit niedrigem Serumharnsäure und Glukosurie ein Fanconi-Syndrom in Betracht ziehen. Fehlen diese Befunde, ist bei erhöhtem PTH ein Hyperparathyreoidismus auszuschliessen. Bei normalem PTH, aber verstärkter Kalziumausscheidung sollte hingegen nach seltenen Ursachen wie HHRH (Hereditäre hypophosphatämische Rachitis mit Hyperkalziurie) und idiopathischer Hyperkalziurie gesucht werden. Wenn keine erhöhte Kalziumausscheidung vorliegt, könnte eine X-linked Hypophosphatämie oder eine tumorinduzierte Osteomalazie vorliegen.

An der Ursache ansetzen

Die Behandlung der Hypophosphatämie orientiert sich zunächst an der Ursache. Eine Supplementierung ist erst bei einem Spiegel unter 0,6 mmol/l indiziert und sollte vorzugsweise oral erfolgen. Die Autoren empfehlen eine tägliche Dosis von 20-30 mmol anorganischem Phosphat oder Kaliumphosphat. Alternativ kommt fettreduzierte oder entrahmte Milch in Betracht

Eine intravenöse Phosphatgabe empfehlen die Autoren erst, wenn der Serumspiegel unter 0,3 mmol/l sinkt. Bei einem Wert über 0,6 mmol/l wird die Substitution beendet. Eine gleichzeitig bestehende Hyperkalzämie sollte vor der Phosphatgabe korrigiert werden (z.B. mit Cinacalcet). Vitamin-D-Präparate eignen sich ebenfalls zur Behandlung eines Phosphatmangels im Blut. Der Antikörper Burosumab hemmt die Aktivität von FGF23 und ist zugelassen für die X-linked Hypophosphatämie und die tumorinduzierte Osteomalazie.

Therapie der Hyperphosphatämie

Die Therapie der Hyperphosphatämie bei chronischer Nierenerkrankung beginnt mit einer Diätberatung. Der Patient sollte möglichst wenig Phosphat aufnehmen, ohne eine Mangelernährung zu riskieren. Es sollten beispielsweise konservierte Fleisch- und Fischwaren, Schmelz- und Streichkäse, Milchprodukte sowie Fertiggerichte und Cola vermieden werden. In der Praxis werden Serumphosphatwerte von bis zu 1,8 mmol/l akzeptiert und ein Parathormon-Zielbereich des Zwei- bis Neunfachen des oberen Normbereichs angestrebt.

Eine akute und schwere Hyperphosphatämie wird mittels Dialyse behandelt.