Medical Tribune
22. Feb. 2024Einschränkungen halten bis zu 15 Jahre nach dem Rauchstopp an

Wie Rauchen das Immunsystem schädigt

Sogar Jahrzehnte nachdem Menschen das Rauchen eingestellt haben, zeigen sich noch Spuren im Immunsystem. Das ist das Ergebnis einer Studie an 1.000 gesunden Freiwilligen.

Rauchen hat langfristige Effekte auf das Immunsystem.
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Ziel der in Nature veröffentlichten Studie (1) war es, nach Faktoren zu suchen, die erklären, warum die Immunsysteme von Menschen so unterschiedlich reagieren.

Zusätzlich zum Zigarettenrauchen fanden die Forscher, dass auch ein höherer Body-Mass-Index und eine vorhergehende Infektion mit dem Zytomegalovirus die Immunreaktion stark beeinflussen.

Warum einige einen potenziell tödlichen Virus nicht einmal bemerken

Wie unterschiedlich gut Immunsysteme funktionieren, zeigte die Covid-19-Pandemie. Hier führte eine Infektion mit ein und demselben Virus bei einigen Menschen zu einem Aufenthalt auf der Intensivstation, während andere ihn gar nicht bemerkten.

Frühere Studien konnten bereits einige Faktoren aufzeigen, die die Qualität von Immunreaktionen beeinflussen. Dazu gehören etwa das Geschlecht, das Alter und die Genetik. Die volle Diversität der Immunreaktionen können diese drei aber nicht erklären.

Forscher um die Bioinformatikerin Violaine Saint-André vom französischen Pasteur-Institut wollten dem jetzt auf den Grund gehen. Sie rekrutierten für ihre Arbeit 1.000 gesunde Freiwillige aus der Bretagne im Alter von 20 bis 70 Jahren und nahmen ihnen Blut ab. Diese Blutproben exponierten sie gegenüber unterschiedlichen Immunstimulanzien aus viralen und bakteriellen Erregern. Schliesslich bestimmten die Forscher die Zytokine, die von den Zellen in den unterschiedlichen Blutproben gebildet wurden.

Rauchen schädigt das Immunsystem für bis zu 15 Jahre

Die Ergebnisse der Immunstimulationen verglichen die Autoren mit Informationen zu 136 Merkmalen aus den Datensätzen der Probanden. Unter den untersuchten Variablen (z.B. Anzahl der geschlafenen Stunden, Kinderkrankheiten, Impfungen, Lebensumfeld), stachen drei heraus: Rauchen, latente Infektionen mit Zytomegaloviren, und der Body-Mass-Index. Sie hatten auf einige Teile der Immunreaktion ähnlich grosse Effekte wie Alter, Geschlecht, und Genetik.

Eine schädliche Wirkung sowohl auf das angeborene als auch auf das adaptive Immunsystem hatte das Rauchen. So bilden Zellen von Rauchern nach Kontakt mit einem Erreger wohl eine stärkere erste Immunantwort aus. Gleichzeitig war die Aktivität von einigen adaptiven Immunzellen, vor allem des Immungedächtnisses, bei Rauchern in der Studie verringert. Letztere Effekte hielten auch nach einem Rauchstopp noch zehn bis 15 Jahre an, wie ein Vergleich von Nichtrauchern mit Ex-Rauchern zeigte.

Epigenetische Prozesse durch Tabakrauch

Die Forscher konnten ausserdem nachverfolgen, wodurch diese langfristigen Veränderungen entstanden: Sie sahen, dass es bei Rauchern epigenetische Unterschiede (DNA-Methylierungen) in für adaptive Immunzellen wichtigen Prozessen gibt.

Die Studie ist damit die erste, die den langfristigen Einfluss von Rauchen auf die Immunantwort zeigt. Ob die Ergebnisse generalisierbar sind, wird sich allerdings erst zeigen, wenn der Probandenkreis auf andere Ethnien erweitert wird. Das werden Saint-André und ihr Team nun machen: Sie haben ihre Studie erweitert und untersuchen nun Teilnehmer aus dem Senegal und aus Hong Kong.