Neurodermitis: Kardinalsymptom Juckreiz
Neurodermitis gehört zu den häufigsten Hautkrankheiten - sie ist eine entzündliche Erkrankung mit immer wiederkehrenden Schüben und chronischem Verlauf. Dermatologe Prof. Dr. Peter Schmid-Grendelmeier erläutert, wie sich eine Neurodermitis bemerkbar macht und wodurch sie sich von anderen dermatologischen Diagnosen abhebt.
Das atopische Ekzem (Neurodermitis) nimmt unter den Ekzemen eine Sonderstellung ein, erklärt Prof. Dr. Peter Schmid-Grendelmeier, Leiter der Allergiestation der Dermatologischen Klinik am Universitätsspital Zürich. «Dabei handelt es sich um eine Entzündung der Haut, bei der es unter anderem durch Neuropeptide zu einem extrem belastenden Juckreiz kommt.»
Beispiele für andere, nicht-atopische, Ekzeme sind das Kontaktekzem, das einerseits aufgrund durch Kontaktstoffe wie Nickel oder Duftstoffe ausgelöst werden kann. Aber durch häufiges Händewaschen mit aggressiven Seifen oder Desinfektionsmitteln (kumulativ-toxisch) kann ein Kontaktekzem entstehen. Ein Exsikkationsekzem hingegen tritt auf bei zu trockener Haut, und das seborrhoische Ekzem bei zu fettiger Haut.
Differentialdiagnosen nicht ausser Acht lassen
Die Neurodermitis kann alle Altersgruppen betreffen. Bei der Neurodermitis kommt es zu Juckreiz, symmetrisch an Unterarmen und Unterschenkeln oder im Gesicht, mit trockener Haut. Auch ein Dermographismus ist nicht untypisch: Dabei kommt es in auf der geröteten Haut an den entzündeten Stellen bei Druckauswirkung vorübergehend zu weissen Stellen.
Kardinalsymptom der Neurodermitis ist der Juckreiz, bei erwachsenen Patienten sieht man auch oft eine Lichenifikation (Vergröberung der Hautfältelung) durch die chronische Entzündung. Differentialdiagnostisch muss an an andere Dermatosen gedacht werden wie beispielsweise an Psoriasis (siehe Kasten), ein Erysipel, Lichen ruber, Skabies, oder auch das kutane T-Zell-Lymphom. Eine kutane Neoplasie wie das kutane T-Zell-Lymphom sollte insbesondere ausgeschlossen werden, wenn es sich um erythemato-squamöse Hautveränderungen im Alter handelt, bei denen keine Besserung trotz Therapie eintritt. Hier kann meist nur eine histologische Untersuchung Aufschluss geben.
Auch eine Mykose «tarnt» sich gelegentlich als Neurodermitis, so Prof. Schmid-Grendelmeier. Eine solche lässt sich oft schon durch die Präsentation ausschliessen: Ekzeme sind meist unscharf begrenzt und jucken – bei der Mykose gibt es hingegen eine Randbetonung der Schuppung. Im Direktpräparat oder in der Kultur gilt ein Pilzwachstum als Beweis für eine Mykose. Seltenere Differenzialdiagnosen sind auch Arzneimittelexantheme.
Bei Säuglingen im Gesicht, an Armen und Beinen, bei Erwachsenen als Beugenekzem
Die Klinik der atopischen Dermatitis variiert im Alter: Beim Kleinkind sind oft das Gesicht und der ganze Körper betroffen. Seltener finden sich Läsionen in der Windelregion; diese ist durch die hohe Feuchtigkeit und eine charakteristische Besiedlung mit Bakterien und Hefepilzen oft ausgenommen. Mit dem Alter wandert die atopische Dermatitis dann von den Streckseiten in die Beugeseiten, erklärt Prof. Schmid-Grendelmeier: «Typischerweise findet sich die atopische Dermatitis beim Erwachsenen in den Kniekehlen, aber auch im Gesicht und an den Händen.»
Therapie: Rückfetten als Basistherapie
Bei Patienten mit atopischem Ekzem ist die Haut sehr trocken. Die gestörte Hautbarriere führt zu erhöhter Empfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen; schonendes Reinigen und regelmässiges Einfetten sind notwendig. Zusätzlich sollte der Juckreiz symptomorientiert behandelt werden. Hierzu eignen sich Kortikosteroide (Stärke des Präparates und Dosis richten sich nach Hautbefund). Calcineurin-Inhibitoren oder eine UV-Bestrahlung können bei schwerem Befall, auch in Kombination mit Kortikosteroiden, in Betracht gezogen werden. Bei mittlerem bis schwerem Schweregrad können heute auch hochwirksame Biologika und andere immunmodulatorisch wirkende Moleküle (Janus-Kinase-Inhibitoren) eingesetzt werden.
...oder doch Psoriasis?
Die Psoriasis findet sich typischerweise an den Streckseiten und am Haarboden – Patienten zeigen oft typische Nagelveränderungen (Ölflecken, Tüpfelnägel, Krümelnägel). Die Psoriasis ist eine Systemerkrankung, weshalb es zu einer Gelenksbeteiligung kommen kann.
Zur einfacheren Diagnostik bei Rötung und Schuppung empfiehlt Prof. Schmid-Grendelmeier folgende Regel: Ist die Rötung und Schuppung symmetrisch und scharf begrenzt, kann dies eine Psoriasis sein; ist sie ausfliessend, spricht dies eher für ein Ekzem. Ist sie asymmetrisch, sollte eine Mykose ausgeschlossen werden. Im Zwiefelsfall kann eine Hautbiopsie zur histologischebn Untersuchung weiterhelfen.
Referenz
- WebUp «Update Allergologie 6 Highlights in 60 Minuten» des Formus Medizin Fortbildung (FOMF) vom 12.10.2022.