Rhinosinusitis in der Praxis
Eine Rhinosinusitis kommt bei fast 15 Prozent der Menschen einmal im Jahr vor. Doch wie sieht die Diagnose aus und wie lautet das aktuelle Behandlungsschema? Das neue europäische Positionspapier European Position Paper on Rhinosinusitis and Nasal Polyps 2020 (EPOS) gilt als Zusammenfassung aktueller Studien und Literatur und löst die vorgängigen Standards und Empfehlungen seit 2012 ab.
Die Rhinosinusitis ist ein häufiges Problem in der Hausarztpraxis; die akute Rhinosinusitis hat eine Einjahresprävalenz von sechs bis 15 Prozent, chronisch liegt diese bei fünf bis zwölf Prozent der Betroffenen vor. Die finanziellen Ausgaben sind grösser als für Asthmaerkrankungen - in Amerika zählt die Rhinosinusitis zu den zehn teuersten Erkrankungen, vor allem aufgrund der damit verbundenen Arbeitsausfälle.
Dr. Nikos Kastrinidis, Facharzt FMH ORL vom Ärztezentrum Sihlcity Zürich, fasst die Definitionen der Rhinosinusitis, topische Steroide und neue Behandlungsmethoden zusammen.
Definition und Diagnose
Die Rhinosinusitis gliedert sich in akut versus chronisch (Beschwerdedauer unter zwölf Wochen akut, über zwölf Wochen als chronisch). Beteiligt sind bei der Erkrankung die Nase und Nasennebenhöhle, für eine Diagnose müssen lege artis kumulativ mindestens zwei Symptome von zwei unterschiedlichen Symptomengruppen vorhanden sein.
Die erste Gruppe von Symptomen beinhaltet
- eine verstopfte oder blockierte Nase
- Rhinorrhoe (egal ob anterior oder posterior), Gesichtsschmerzen
- Druck über den Nasennebenhöhlen
- verminderter Geruchssinn
Ein zweites Symptom muss entweder ein endoskopischer Befund wie Polypen, ein eitriges Sekret oder ein Ödem oder Veränderungen in der Computertomografie (Veränderung der Schleimhaut im Bereich der Nase oder Nasennebenhöhlen) sein.
Bakterielle Rhinosinusitis: chirurgische Intervention nicht verpassen
Bei einer akuten bakteriellen Rhinosinusitis müssen mindestens drei der folgenden Befunde vorliegen:
- Ein verfärbtes Sekret
- Schmerzen über den Nasennebenhöhlen
- Fieber
- erhöhte Entzündungswerte im Blut
- Verschlechterung der Symptome
- zweigipfliger Verlauf der Erkrankung
Therapiert wird die bakterielle Rhinosinusitis mit Antibiotika (Co-Amoxicillin) und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) sowie lokal abschwellenden Massnahmen (topische Steroide).
Eine chirurgische Intervention kann ferner indiziert sein, vor allem bei Kindern darf diese Indikation nicht verpasst werden. Kinder sind sehr gefährdet, Folgeerkrankungen zu entwickeln, denn die Bakterien können vom noch sehr dünnen Ethmoid sehr schnell ins Auge diffundieren, woraus dann ein subperiostaler Abszess entstehen kann - dieser kann im schlimmsten Fall sogar den Optikusnerv beeinträchtigen.
Neue Aufteilung der Rhinosinusitiden gemäss EPOS
Ursprünglich wurde die chronische Variante der Rhinosinusitis nach Vorhandensein oder Fehlen von Polypen in der Nasenhaupthöhle unterteilt. Man nannte dies chronische Rhinosinusitis mit nasalen Polypen (CRSwNP) und chronische Rhinosinusitis ohne Polyposis (CRSsNP).
Das EPOS teilt neu ein in primäre und sekundäre Form der chronischen Rhinosinusitis (durch Grunderkrankungen wie zystische Fibrose oder mechanische Obstruktion durch Tumoren/Aspergillome etc.) Bei der primären chronischen Rhinosinusitis wird dann wiederum zwischen uni- und bilateral differenziert, die dann weiter nach vorliegender Typ-2- oder Nicht-Typ-2-Inflammation unterteilt werden.
Topische Steroide als gute Therapie, Patienten über verzögerten Wirkungseintritt aufklären
Dr. Kastrinidis empfiehlt zur Therapie der chronischen Sinusitiden Nasenspülungen, topische Steroide und gegebenenfalls systemische Steroide als Stosstherapie. Er betont auch, dass in gewissen Fällen eine funktionelle endoskopische Sinuschirurgie angezeigt ist.
Weiter führt der Referent aus, dass die topischen Steroide die eosinphilen-getriggerte Entzündungsreaktion hemmen, die Lymphozyten und deren Aktivierung reduzieren und die interzellulären Verbindungen (Tight Junctions) verstärken.
Topische Steroide werden in der Praxis oft verschrieben, es ist daher umso wichtiger, Patienten gut aufzuklären: Topische Steroide verursachen keine Abhängigkeit, sie sind sogar harmloser als die rezeptfrei erhältlichen Xylometazolin-Sprays, so Dr. Kastrinidis. Bei den topischen Steroiden kommt es im Übrigen zu einem verzögerten Wirkungseintritt von drei bis vier Wochen – dies soll den Patienten unbedingt mitgeteilt werden.
Newcomer: Biologika mit schnellem Wirkungseintritt
Neu werden auch Biologika zur Therapie der Rhinosinusitis verschrieben, indiziert sind diese bei einer Rhinosinusitis mit Polypen und auch in Kombination mit Asthma, bei atopischer Diathese, bei Patienten, welche bereits operiert wurden, bei Rezidiven oder auch bei einem Nichtansprechen auf wiederholte topische und systemische Steroide. Die Kosten belaufen sich auf zirka CHF 12.000 pro Jahr, Patienten müssen sich alle zwei Wochen selbst eine Spritze verabreichen. Bereits nach einer bis zwei Spritzen berichten Patienten über eine deutliche Besserung der Symptome (Wiederherstellung des Geruchssinns, nasale Atmung wieder möglich und die Sekretion nimmt ab).
Referenz
- WebUp «Updates für Hausärztinnen und Hausärzte - 6 Highlights in 60 Minuten » des Forums Medizin Fortbildung (FOMF)