Medical Tribune
3. Sept. 2022Nurses‘ Health Study

Stark verarbeitete Lebensmittel erhöhen das Darmkrebs-Risiko

Seit den 1990er-Jahren nehmen wir weltweit immer mehr hochprozessierte Lebensmittel (UPF) zu uns. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass diese – regelmässig verzehrt – das Risiko für lebensstilbedingte Erkrankungen erhöhen. Eine neue Studie zeigt, dass UPF auch die Entstehung von kolorektalen Karzinomen fördern.

Stark verarbeitetete Lebensmittel begünstigen Darmkrebs, zeigt eine neue Studie
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Zu den ultraverarbeiteten Lebensmitteln (ultra processed foods, UPF) gehören beispielsweise Süssigkeiten, Knabbereien, Softdrinks und Fertigprodukte. In den letzten 30 Jahren hat ihr Konsum global jedes Jahr zugenommen. Kein Wunder, denn sie sind meist leicht verfügbar, kostengünstig, und so konzipiert, dass sie den meisten Menschen geschmacklich zusagen.

Auf der anderen Seite sind sie hochgradig chemisch verarbeitet und enthalten bedenkliche Mengen an Zusätzen, Zucker, minderwertigen Fetten und Salz.

Negative Effekte für Gefässe, Gehirn und Darm

Bereits jetzt ist klar, dass diese Mixtur sich negativ auf die Gesundheit auswirkt. Ein Zusammenhang mit einer UPF-reichen Ernährung konnte bisher etwa für kardiovaskuläre Erkrankungen, neurologische Störungen und das allgemeine Mortalitätsrisiko gezeigt werden. Nun zeigt eine neue Studie, dass mit einem reichlichen Verzehr von UPFs auch das Risiko für kolorektale Karzinome steigt (1).

Für die Studie im British Medical Journal zogen amerikanische Forscher Daten von 206.248 amerikanischen Erwachsenen (46.341 Männer, 159.907 Frauen) aus der Nurses‘ Health Study sowie der Nurses‘ Health Study II und der Health Professionals Follow-up-Studie heran. Während der Nachbeobachtungsdauer von bis zu 28 Jahren erkrankten 1.294 Männer und 1.922 Frauen an einem kolorektalen Karzinom.

Risiko erhöhte sich bei Männern mit viel «Junk Food» um fast ein Drittel

Dabei hatten Männer aus der Gruppe der Teilnehmer, die die meisten UPFs zu sich nahmen, ein um 29 Prozent erhöhtes Risiko gegenüber jenen, die den niedrigsten anteiligen Verzehr aufwiesen. Der Grossteil der UPF-induzierten kolorektalen Karzinome ging dabei auf das Konto von distal gelegenen Malignomen, für die das Risiko bei Männern mit UPF-reicher Ernährungsweise um 72 Prozent erhöht war.

Am stärksten war die Assoziation bei Männern, die häufig verarbeitete Lebensmittel auf Fleisch- und Fischbasis sowie Fertigprodukte und Softdrinks zu sich nahmen. Dazu gehörten etwa Wurst, Speck, und Schinken – drei Produkte, die bereits jetzt stark im Verdacht stehen, Darmkrebs zu begünstigen.

Bei Frauen konnte kein Zusammenhang zwischen der Gesamtmenge an gegessenen UPFs und dem Darmkrebsrisiko erkannt werden. Allerdings gab es eine Assoziation mit einzelnen Gruppen der hochverarbeiteten Lebensmittel, darunter Fertigprodukte wie Mikrowellen-Menüs. Umgekehrt hatten Frauen, bei denen viel Joghurt und Desserts in Form von Milchprodukten auf dem Speiseplan standen, sogar ein etwas niedrigeres Risiko für kolorektale Karzinome.

Suche nach den Schuldigen

Der karzinogene Effekt von UPFs war dabei unabhängig vom Body-Mass-Index. So stehen UPFs also zwar auch im Verdacht, Übergewicht und Adipositas zu verursachen – dies allein ist aber nicht der Grund für das erhöhte Darmkrebsrisiko.

Ausserdem war die Risikoerhöhung unabhängig von der Nährstoffzusammensetzung der verzehrten Produkte; viele der mittlerweile bereits weit verbreiteten Nährstoff-Scores sagen also vielleicht wenig darüber aus, wie die Lebensmittel auf den Darm wirken. Daher sind wohl andere Mechanismen an der karzinogenen UPF-Wirkung beteiligt.

Emulgatoren, Acrylamid, Plastik

«UPFs haben üblicherweise Zusätze wie Emulgatoren und Süssstoffe, die das Darm-Mikrobiom beeinträchtigen und dadurch Entzündungen und die Krebsentstehung begünstigen können», schreiben die Autoren etwa in ihrer Arbeit. Darüber hinaus enthalten hitzebehandelte Produkte wie Pommes frites bekannterweise Karzinogene wie Acrylamid, die zusätzlich eine Rolle spielen können. Auch Chemikalien, die sich aus der Verpackung der meist in Plastik gehüllten Lebensmittel lösen können – etwa das Bisphenol A – könnte laut den Forschern eine Rolle spielen.

Referenz