Medical Tribune
31. Mai 2022Babys und Senioren sind besonders gefährdet

Hitzschlag – Vorbeugung, Diagnose, Therapie

Das Spektrum hitzebedingter Erkrankungen reicht von der einfachen Synkope bis zum lebensbedrohlichen Hitzschlag - Personen jeden Alters können betroffen sein. Therapeutisch ist Kühlung das Mittel der Wahl, Flüssigkeitszufuhr unterstützt die Massnahmen zur Stabilisierung.

Der Hitzschlag ist eine lebensbedrohliche und die schwerste Form von hitzebedingten Erkrankungen, die durch eine Funktionsstörung des zentralen Nervensystems gekennzeichnet ist
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Zum Hitzschlag, auch Hyperthermiesyndrom genannt, kommt es, wenn die Wärmeregulation des Körpers versagt: Der Körper heizt sich durch Hitze auf, oft in Kombination mit körperlicher Anstrengung.

Diese Überwärmung kann durch Schwitzen alleine nicht mehr ausreichend kompensiert werden, sodass das Herz-Kreislauf-System gestört ist. Ein Hitzschlag kann in einem hypovolämischen Schock und Hirnödemen resultieren. Dem Hitzschlag geht vielfach eine Hitzeerschöpfung voraus. Je nach Ausmass zeigt sich ein Hitzschlag durch Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Bewusstseinstrübung, Tachykardie oder niedrigen Blutdruck (1). Der Hitzschlag ist eine schwerwiegende klinisch-pathophysiologische Erkrankung, die zu Multiorganversagen und sogar zum Tod führen kann (2).

Der Hitzschlag ist dabei keineswegs dasselbe wie ein Sonnenstich: Der Sonnenstich stellt eine Irritation von Gehirn und Gehirnhaut dar, der sich durch Rötung der Gesichtshaut, Unruhe, Kopfschmerzen und gelegentlich Ohrgeräusche bemerkbar macht. Beim Hitzschlag ist hingegen der gesamte Körper betroffen – dabei kann die Körpertemperatur auf 40 Grad Celsius oder mehr ansteigen. Neben diesem Unterschied gibt es aber auch einige Gemeinsamkeiten, gerade in den Erscheinungsbildern.

Risikopersonen: Jüngere und Ältere

Eine wesentliche Risikogruppe für den Hitzschlag sind Babys und Kleinkinder. Sie dehydrieren besonders schnell. Auf eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung sollte daher stets geachtet werden. Mittlerweile hat sich die riskanteste Situation bereits stark herumgesprochen: Kinder, die in einem Auto eingesperrt sind, können in der heissen Sonne einen Hitzschlag bekommen. so ist bekannt, dass sich unklimatisierte Autos bei einer Aussentemperatur von 30°C innerhalb von 30 Minuten auf rund 50°C aufheizen können.

Aber auch ältere Menschen müssen stärker aufpassen: Sie nehmen die körperlichen Empfindungen von Durst und Hitze oft weniger stark wahr als Jüngere. Verweilen Senioren zudem im Sommer für ein paar Tage in einer heissen, kleinen Wohnung, sind für einen Hitzschlag besonders gefährdet – auch wenn der Raum nicht wirklich heiss erscheint. Senioren in kleinen, nicht klimatisierten Wohnungen sollte jedenfalls nicht wie früher üblich empfohlen werden, die Fenster ganztägig geschlossen zu halten, «um die Hitze hinauszusperren». In einem kleinen, abgeschlossenen System, in dem sich Personen aufhalten steigt die Luftfeuchtigkeit schnell an. Und gerade diese macht die Hitze besonders unerträglich und im Endeffekt auch gefährlich. Gelegentliches Lüften ist daher auch an heissen Sommertagen unerlässlich.

Gefährdet sind weiterhin Menschen mit Adipositas, Menschen mit Durchblutungsstörungen oder Patienten mit Diabetes. Auch Sportler haben ein erhöhtes Risiko für einen Hitzschlag, insbesondere wenn sie Stimulanzien einnehmen oder wasserdichte Kleidung tragen, die die Wärme nicht richtig ableitet.

Pathophysiologie

Der Hitzschlag ist eine lebensbedrohliche und die schwerste Form von hitzebedingten Erkrankungen, die durch eine Funktionsstörung des zentralen Nervensystems gekennzeichnet ist. Der Hitzschlag wird in den «klassischen» nicht-anstrengenden Hitzschlag (non-exertional heat stroke, NEHS) und einen anstrengungsbedingten Hitzschlag (exertional heat stroke, EHS) eingeteilt. Die Pathophysiologie des Hitzschlags beinhaltet eine Kombination aus direkten Hitzeeinwirkungen auf den Körper, der systemischen entzündlichen Reaktion, und der koagulopathischen Reaktion.

Diagnose des Hitzschlags

  • In einer viel beachteten, mittlerweile immer noch aktuellen Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2002 wurden eine Reihe von Kriterien entwickelt, um den Hitzschlag zu diagnostizieren (3):
    Bouchama-Hitzschlagkriterien:
  • Anstieg der Kernkörpertemperaur auf >40 °C
  • heisse, trockene Haut
  • Anomalien des zentralen Nervensystems wie Delirium, Krämpfe oder Koma
  • vorangegangene Exposition gegenüber einer hohen Umgebungstemperatur oder durch anstrengende körperliche Betätigung

Andere internationale Vereinigungen wie die Japanese Association for Acute Medicine (JAAM) empfehlen auch die Überprüfung von potenziellen Nieren- und Leberkomplikationen oder der disseminierten intravaskulären Gerinnung (DIC) (4). Darüber hinaus beinhalten die Hitzschlag-Kriterien der JAAM keine Temperatur, da ältere Menschen oft keine hohe Temperatur haben, selbst wenn sie bereits an einem Hitzschlag leiden.

Nicht mit der intensivmedizinischen Betreuung warten

Der Hitzschlag ist ein medizinischer Notfall. Steht die Diagnose Hitzschlag im Raum, sollte der Patient sollte daher umgehend intensivmedizinisch betreut werden. Im Anschluss an die Sicherung der Vitalfunktionen muss die Körpertemperatur gesenkt werden. Während des Transportes sollte der Oberkörper hoch gelagert werden, um eine zusätzliche Hirndruckerhöhung zu vermeiden. In der Praxis ist die Vorhersage der Mortalität bei der Entlassung aus dem Krankenhaus schwierig vorherzusagen.

Behandlung und Prävention

Hitzekrämpfe, Hitzesynkopen und Hitzeerschöpfung sprechen leicht auf einfache Behandlungstechniken an. Unmittelbare Kühlung, eine angemessene Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr, die Aufrechterhaltung einer angemessenen kardiovaskulären Leistung und die sofortige Korrektur aller damit verbundenen oder daraus resultierenden Komplikationen sind der einzige kausale Therapieansatz beim Hitzschlag (5, 6). Besser als jede Behandlung sind Prävention (Akklimatisation, Expositionsreduzierung etc.) und rechtzeitiges Beenden des Hitzestresses (zum Beispiel Arbeitsabbruch) (7).

Referenzen
  1. Hitzschlag und Sonnenstich. I care Krankheitslehre. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2020. doi:10.1055/b-006-163256
  2. Inayat F, Virk HU. Liver Transplantation after Exertional Heatstroke-Induced Acute Liver Failure. Cureus. 2016 Sep 6;8(9):e768. doi: 10.7759/cureus.768
  3. Bouchama A, Knochel JP. Heat stroke. N Engl J Med. 2002 Jun 20;346(25):1978-88. doi: 10.1056/NEJMra011089.
  4. Miyake Y. [Characteristics of elderly heat illness patients in Japan--analysis from Heatstroke STUDY 2010]. Nihon Rinsho. 2013 Jun;71(6):1065-73.
  5. Asmara IGY. Diagnosis and Management of Heatstroke. Acta Med Indones. 2020 Jan;52(1):90-97.
  6. Lee-Chiong TL Jr, Stitt JT. Heatstroke and other heat-related illnesses. The maladies of summer. Postgrad Med. 1995 Jul;98(1):26-8, 31-3, 36.
  7. Leyk D et al. Gesundheitsgefahren und Interventionen bei anstrengungsbedingter Überhitzung. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 537-44; DOI: 10.3238/arztebl.2019.0537