Was Hausärzte über die Peritonealdialyse wissen sollten
Eine Peritonealdialyse kommt zwar seltener zum Einsatz als die Hämodialyse. Für manche Patienten hat sie jedoch Vorteile und kann nicht zuletzt zu Hause durchgeführt werden. Ein aktueller Review fasst zusammen, worauf zu achten ist.
Bei der Peritonealdialyse dient das Bauchfell als semipermeable Membran, über der sich ein osmotischer Gradient aufbaut und den Transfer von gelösten Stoffen ermöglicht: Nach Instillation einer hypertonen Flüssigkeit (z.B. Glukose 1,5%) in die Abdominalhöhle treten ausscheidungspflichtige Substanzen wie Harnstoff, Kreatinin und Kalium aus den Kapillaren des Peritoneums in das Dialysat über. Umgekehrt wandert Glukose ins Blut. Mit fortschreitendem Stoffaustausch sinkt der osmotische Druckunterschied, sodass das Dialysat erneuert werden muss. Die Geschwindigkeit der Ultrafiltration hängt vom Konzentrationsgefälle und dem individuellen Vaskularisierungsgrad des Bauchfells ab. (1)
Tab. 1: Sechs Formen der abdominellen Blutreinigung
Kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse (CAPD) | mehrmals täglich manuelle Instillation und Drainage des Dialysats |
Automatisierte Peritoneal-dialyse (APD) | Flüssigkeitsaustausch mithilfe eines Automaten (Cycler) über einen Zeitraum von mehreren Stunden täglich |
Nächtliche intermittierende Peritonaldialyse (NIPD) | automatisierte Anwendung auschliesslich während der Nachtstunden |
Kontinuierliche zyklische Peritonealdialyse (CCPD) | APD in der Nacht, bei der die letzte Dosis im Bauchraum bleibt; je nach Nierenfunktion mit oder ohne Flüssigkeitsaustausch am Tag |
Inkrementelle Peritonealdialyse | Beginn mit einer geringen Dosis, die je nach Verschlechterung der Nierenfunktion schrittweise gesteigert wird |
Dringliche Peritonealdialyse | bei Bedarf innerhalb der ersten zwei Wochen nach Implantation des Katheters |
Einfach anzuwenden für den Patienten oder Angehörige
Den Zugang zur Peritonealhöhle ermöglicht ein Silikonkatheter, der durch die vordere Bauchwand eingeführt wird und dessen Spitze idealerweise im kleinen Becken zu liegen kommt. Die Implantation erfolgt vorzugsweise laparoskopisch, weil zusätzlich erforderliche Eingriffe wie die Tunnelung der Rektusscheide, Omentopexie oder Adhäsiolyse bei Bedarf in der gleichen Sitzung erfolgen können. Bis zur ersten Anwendung empfiehlt sich eine Wartezeit von zwei Wochen, um die Einheilung sicherzustellen.
Zur Verfügung stehen verschiedene Formen der Peritonealdialyse, die sich hinsichtlich Applikation und Zeitdauer unterscheiden (s. Tabelle unten). Selbst Patienten mit Anurie können erfolgreich behandelt werden. Unabdingbare Voraussetzungen bzw. Kontraindikationen gibt es nur wenige. So muss gewährleistet sein, dass der Patient oder Angehörige die Therapie zu Hause selber durchführen können. Wegen der notwendigen Sterilität müssen gewisse Hygienemassnahmen beachtet werden. Ein medizinisches Hindernis stellen ausgeprägte Narben und Verwachsungen im Applikationsgebiet dar.
Hinsichtlich der Überlebensrate steht die Peritoneal- der Hämodialyse in nichts nach, wie zahlreiche Studien zur terminalen Niereninsuffizienz zeigen konnten. Auch zwischen der kontinuierlichen ambulanten Peritonealdialyse (CAPD) und der (maschinell unterstützten) automatisierten Variante (APD) liess sich kein relevanter prognostischer Unterschied eruieren. Allerdings ermöglicht die APD mehr Flexibilität und somit eventuell eine bessere Lebensqualität. Zusätzlich werden noch weitere Dialysemethoden über das Peritoneum unterschieden (siehe Tab. 1).
Tab. 2: Häufige Komplikationen bei Peritonealdialyse
infektiös | • Peritonitis • Entzündung an der Austrittsstelle oder im Tunnel |
nichtinfektiös | • Gestörter Durchfluss, Leck und/oder Schmerzen während der Infusion bzw. Drainage im Bereich des Katheters • Rückenschmerzen, Hernien und/oder Hydrothorax durch erhöhten intraabdominellen Druck. • Entwicklung eines metabolischen Syndroms durch glukosehaltiges Dialysat |
Bei pilzbedingter Peritonitis Katheter immer entfernen
Nicht zu unterschätzen sind die Risiken der Nierenersatztherapie über das Bauchfell (s. Tab. 2). Bei den infektiösen Komplikationen dominiert die bakterielle Peritonitis. Deren Frequenz liegt üblicherweise bei weniger als 0,33 Episoden pro Patientenjahr, in manchen Zentren derzeit schon unter 0,2 Ereignissen. Etwa die Hälfte der Betroffenen muss nach wie vor stationär behandelt werden, eine Entfernung des Katheters ist aber in den meisten Fällen nicht mehr erforderlich. Eine Ausnahme stellen therapierefraktäre Patienten dar, deren Bauchfellentzündung unter Antibiotika-Gabe nicht binnen fünf Tagen abheilt. Bei einer pilzbedingten Peritonitis muss der Katheter in jedem Fall gezogen werden. Die Mortalität der Peritonitis liegt heute bei drei bis zehn Prozent. Gefährlich ist nicht nur die akute Episode: Das Sterberisiko bleibt bis zu 120 Tage danach erhöht.
Zur Sicherheit gleich ein Antibiotikum
Die dialysebedingte Bauchfellentzündung wird – im Gegensatz zur zirrhotischen Variante – schon bei einer relativ niedrigen Leukozytenzahl von 100 pro Mikroliter Peritonealflüssigkeit diagnostiziert, sofern der Neutrophilen-Anteil mindestens 50 Prozent beträgt. Der Erregernachweis erfolgt über eine Kultur, deren Ergebnis allerdings erst mit Verzögerung eintrifft. Schnelltests sind noch nicht verfügbar. Eine Trübung der Flüssigkeit liefert einen wichtigen Hinweis auf die Diagnose, muss aber nicht zwingend vorliegen. Betroffene Patienten sollten in jedem Fall vorsorglich zunächst mit einem Antibiotikum behandelt werden. Dieses solle – sofern nichts auf eine Sepsis hindeutet – intraperitoneal appliziert werden, raten die Autoren. Denn so erreiche man die höchste Konzentration am Ort der Infektion.
Zu den mechanischen Komplikationen zählen Störungen der Flüssigkeitspassage. Sie werden am häufigsten durch eine Obstipation ausgelöst, bei der die aufgetriebenen Darmschlingen auf den Katheter drücken. Manche Patienten bekommen Probleme mit dem erhöhten intraabdominellen Druck, der zu Rückenschmerzen, Hernien oder Hydrothorax führen kann. Aufgrund der starken Glukosediffusion in die peritonealen Kapillaren kann sich zudem ein metabolisches Syndrom entwickeln.
Patienten sollten sich kaliumreich ernähren
Besondere Sorge gilt dabei oft der potenziellen Gewichtszunahme, die im Hinblick auf eine anvisierte Nierentransplantation nicht wünschenswert ist. Doch diese Befürchtung sei unbegründet, erklären die Autoren des Reviews: Patient nehmen innerhalb eines Jahres durchschnittlich nur ein bis zwei Kilogramm zu. Tatsächlich würden Patienten mit Peritonealdialyse sogar häufiger transplantiert als bei Hämodialyse. Die Überlebensraten seien ähnlich.
Besonderes Augenmerk verdient der Elektrolytstoffwechsel. Da die Dialyseflüssigkeit kein Kalium enthält, droht hier ein Mangel – vor allem bei kontinuierlicher Peritonealdialyse. Patienten sollten sich kaliumreich ernähren, im Einzelfall kann sogar eine Supplementierung erforderlich sein.
Eine schwerwiegende, aber eher seltene Komplikation der langfristigen Bauchfelldialyse ist die enkapsulierende Peritonealsklerose. Diese tritt in der Regel erst nach einer Dialysedauer von mehr als fünf Jahren auf. Sie führt zu einer progredienten Fibrosierung der Darmwand. Verdachtsmomente sind Anzeichen für Obstruktion und Malnutrition.
Referenz
Teitelbaum I. Peritoneal Dialysis. N Engl J Med. 2021 Nov 4;385(19):1786-1795. doi: 10.1056/NEJMra2100152.