Bei chronischer Hepatitis C auch extrahepatische Manifestationen im Blick behalten
Die chronische Hepatitis-C-Infektion ist vor allem wegen der dadurch drohenden Leberschäden gefürchtet. Doch auch extrahepatische Manifestationen sind möglich. Die meisten davon bessern sich durch die Viruseradikation.
Die Prognose von Patienten mit chronischer HCV-Infektion hat sich durch die Interferon-freie Therapie mit direkt antiviral wirksamen Agenzien (DAA) deutlich verbessert. Bei der Mehrzahl der Patienten kann heute eine Heilung erreicht werden. In den Industrieländern werden DAA bereits breit eingesetzt. Inwieweit sich durch die Eradikation des Virus auch extrahepatische Manifestationen zurückbilden, haben Professor Dr. Patrice Cacoub und Professor Dr. David Saadoun vom Hôpital La Pitié-Salpêtrière in Paris anhand der vorliegenden Literatur untersucht.
Die HCV-assoziierte gemischte kryoglobulinämische Vaskulitis hat früher eine erhebliche Morbidität und Mortalität verursacht. Betroffene haben ein erhöhtes Risiko, an einem B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) zu erkranken. Mit neuen DAA-Regimes, die zu einer anhaltenden virologischen Response führen, erfährt auch die kryoglobulinämische Vaskulitis bei etwa 80 % der Patienten eine Remission. Doch Symptome wie neuropathische Schmerzen oder Parästhesien können noch eine Weile fluktuieren, bevor sie verschwinden. Auch der Kryoglobulin-Spiegel fällt erst innerhalb einiger Monate ab. Eine langfristige komplette Clearance erreichen maximal zwei Drittel der Patienten. Patienten mit anhaltender virologischer Response sollten langfristig überwacht werden, wenn sie noch eine Kryoglobulinämie aufweisen, da sie ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines B-Zell-NHL haben. Bei schwerer Kryoglobulinämie kann es sinnvoll sein, die DAA-Therapie mit Plasmapherese und/oder Rituximab zu kombinieren.
DAA können mit Chemo kombiniert werden
Das Risiko für B-Zell-NHL ist bei Patienten mit chronischer HCV-Infektion generell etwa 35-fach höher als in der Allgemeinbevölkerung. Die Lymphome entwickeln sich auch unabhängig vom Fortschreiten der hepatischen Fibrose. Eine DAA-Therapie bringt vielfach ein B-Zell-NHL in komplette oder partielle Remission. Deshalb sollten alle HCV-Patienten mit B-Zell-Lymphomen, seien es indolente oder aggressive NHL, frühzeitig DAA erhalten. Die Behandlung kann mit einer Chemotherapie kombiniert werden.
Die chronische HCV-Infektion gilt als kardiovaskulärer Risikofaktor. In zahlreichen Studien wurde eine unabhängige Assoziation zwischen HCV-Infektion und kardiovaskulären Ereignissen gezeigt. Diese war ausgeprägter bei aktiver Virusreplikation im Vergleich zu einem HCV-RNA-Level unter der Nachweisgrenze. In Studien mit DAA konnte gezeigt werden, dass das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis bei Patienten mit anhaltender virologischer Response signifikant abnahm.
Auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Typ-2-Diabetes ist für Patienten mit HCV-Infektion dokumentiert. Daran beteiligt sind wahrscheinlich auch direkte virale Effekte. Denn das Diabetes-Risiko von Patienten mit HCV-assoziierter Zirrhose ist höher als das von Kranken mit Zirrhose anderer Genese. Patienten mit nicht zirrhotischer HCV-Infektion entwickeln häufiger einen Diabetes als beispielsweise Hepatitis-B-Infizierte ohne Zirrhose. In Patientenkollektiven, die mit DAA behandelt werden, ist die Diabetes-Inzidenz niedriger als in solchen unter Interferon-Therapie oder ohne Behandlung. Weiterhin ergibt sich aus einigen Studien, dass DAA die glykämische Kontrolle verbessern.
Nephropathien sind eine mögliche Folge
Eine chronische HCV-Infektion kann zu einer chronischen Niereninsuffizienz führen. Mehr als die Hälfte der Patienten mit kryoglobulinämischer Vaskulitis weisen z.B. eine membranoproliferative Glomerulonephritis Typ 1 auf. Auch ohneKryoglobulinämie treten mitunter membranoproliferative Glomerulonephritiden oder membranöse bzw. tubulointerstitielle Nephropathien auf. Eine Niereninsuffizienz kann sich wahrscheinlich auch sekundär aufgrund der systemischen Entzündung und vaskulären Schädigung durch die HCV-Infektion entwickeln. Was den Effekt von DAA betrifft, kann die Nierenfunktion bestenfalls stabilisiert werden.
Meist lässt sich die Progression der Niereneinschränkung bremsen. Keines der zugelassenen DAA muss bei leichter bis mittelschwerer Störung der Nierenfunktion (eGFR ≥ 30 ml/min) in der Dosis angepasst werden. Bei eGFR-Werten < 30 ml/min sollten Regimes ohne Sofosbuvir vorgezogen werden. Glecaprevir und Pibrentasvir können bei Niereninsuffizienz aller Schweregrade bis hin zur Dialyse eingesetzt werden.
In Entwicklungsländern ist man noch weit von einem flächendeckenden Einsatz der DAA und von einer weitgehenden HCV-Eradikation entfernt. Somit sind extrahepatische Manifestationen dort wahrscheinlich noch immer ein relevantes Gesundheitsproblem.
Cacoub P, Saadoun D. N Engl J Med 2021; 384: 1038–1052.