Medical Tribune
1. Okt. 2021Läuft auf dasselbe hinaus

Paukenröhrchen bei rezidivierender Otitis media offenbar ebenso effektiv wie Antibiotika

Paukenröhrchen oder konservative Antibiotika-Therapie – welches Vorgehen ist geeigneter bei der rezidivierenden Otitis media? Aktuelle Studien lassen vermuten, dass die Therapie am besten abhängig vom Alter gewählt wird.

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iStock/KatarzynaBialasiewicz

Einige Kinder werden immer wieder von Mittelohrentzündungen geplagt. Da stellt sich irgendwann die Frage: Soll man noch einmal antibiotisch behandeln oder doch lieber ein Paukenröhrchen einsetzen? Wissenschaftler um Professor Dr. Alejandro Hoberman von der University of Pittsburgh School of Medicine sind dieser Frage nachgegangen und zum Schluss gekommen, dass der Eingriff erneute Episoden nicht besser verhindert als der medikamentöse Ansatz.1 Argumente lassen sich dennoch für beide Verfahren finden.

Insgesamt 250 Kinder im Alter von 6–35 Monaten nahmen an der Studie teil. Alle litten unter rezidivierender Otitis media – waren aber gegen Pneumokokken geimpft. Randomisiert sollten sie entweder ein Paukenröhrchen erhalten oder über zehn Tage ein orales Amoxicillin-Clavulansäure-Präparat bzw. bei ausbleibendem Erfolg zweimal Ceftriaxon i.m.

Nach zwei Jahren lagen die Raten an neuen Infektionen in beiden Studienarmen bei durchschnittlich 1,5 Episoden pro Kind. Teilnehmer aus der Röhrchen-Gruppe blieben aber gut vier Monate und damit zwei Monate länger von einem erneuten Ereignis verschont als Kinder in der Medikamenten-Gruppe. In dieser hielten auch die Symptome länger an und sie benötigten in der Folge länger Antibiotika – was aber in beiden Gruppen nicht mit einer verringerten Sensitivität der pathogenen Bakterien im Nasen-Rachenabstrich einherging. Dafür kam es seltener zu Otorrhö. Zudem spielte das Alter der Kinder eine Rolle: Säuglinge bekamen im ersten Jahr 2,6-mal mehr Mittelohrentzündungen, Einjährige 1,8-mal mehr als die älteren Kinder.

Gefahr einer Resistenz nicht erhöht

Problematisch bei der Auswertung war allerdings, dass einige nicht die Behandlung erhielten, die sie bekommen sollten. So wurden beispielsweise in der Antibiotika-Gruppe 19 Kinder auf Wunsch der Eltern doch mit einem Paukenröhrchen versorgt. Berücksichtigte man dies, fiel der Vergleich eher zugunsten des Eingriffs aus.

Professor Dr. Ellen Wald hält die Ergebnisse trotzdem für hilfreich, um mit den Eltern betroffener Kinder eine Entscheidung zu treffen.2 Ihnen könne man mitteilen, dass Antibiotika die Gefahr einer Resistenz nicht erhöhen und bei einem Kind, das älter als zwei ist, die Infektionen seltener würden. Bei jüngeren Kindern sei dies mit einer 50%igen Wahrscheinlichkeit nicht der Fall, sodass hier der Eingriff Vorteile bieten könnte.

  1. Hoberman A et al. N Engl J Med 2021; 384: 1789–1799.
  2. Wald ER. A.a.O.; 1859–1860.