Medical Tribune
7. Sept. 2021Maribavir beendet Virämie mehr als doppelt so häufig wie herkömmliche Medikamente

Virostatikum gegen resistente CMV-Infektionen

Ein häufiges und gefürchtetes Problem nach einer Stammzell- oder Organtransplantation ist eine Infektion mit dem Zytomegalievirus oder dessen Reaktivierung. Das neue, in Europa noch nicht zugelassene Virostatikum Maribavir hat in der Therapie solcher Infektionen vielversprechende Phase-III-Studiendaten geliefert.

Junges Paar beim Küssen
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Durch infektiöse Körperflüssigkeiten wird das CMV übertragen. Etwa die Hälfte der Menschen in Europa hatte schon mal eine – meist asymptomatische – Infektion.

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Ob Maribavir die Therapie gegen das Zytomegalievirus (CMV) verbessert, wurde in einer Phase-III-Studie mit 352 Patienten geprüft, die eine Stammzell- oder eine Organtransplantation erhalten hatten. Alle waren positiv für das Zytomegalievirus getestet worden und ihre Infektion hatte sich als refraktär gegen vorangegangene Behandlungen erwiesen.

Etwa jeder Zweite genetisch bedingt therapieresistent

Die Teilnehmer wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert, acht Wochen lang entweder Maribavir (400 mg zweimal täglich) oder eine durch die behandelnden Ärzte bestimmte konventionelle antivirale Therapie mit Valganciclovir/Ganciclovir, Foscarnet, Cidofovir oder Foscarnet kombiniert mit Valganciclovir/Ganciclovir zu erhalten. Primärer Endpunkt war das Verschwinden einer CMV-Virämie nach der Behandlung, ein sekundärer Endpunkt die Kombination von Virämie- und Symptomfreiheit noch einmal acht Wochen später.

Etwa 40 % der Patienten hatten eine hämatopoetische Stammzelltransplantation erhalten, fast in allen Fällen von einem allogenen Spender. Mehr als die Hälfte wies zu Beginn eine genetisch bedingte Therapieresistenz auf, wie Dr. Rafael Duarte, Hospital Universitario Puerta de Hierro-Majadahonda, Madrid, erklärte. Nach der achtwöchigen Behandlung waren mit 55,7 % der Erkrankten im Maribavir-Arm mehr als doppelt so viele Erkrankte frei von dem Virus im Vergleich zur Kontrollgruppe mit 23,9 % (p < 0,001).

Hintergrund

Maribavir hemmt die CMV-Replikation stärker als Ganciclovir, Cidofovir, Lobucavir und Foscarnet. Es ist oral verfügbar und wirkt als ATP-kompetitiver Inhibitor der Serin/Threonin-Proteinkinase UL97 von CMV, die im Prozess der Virusreplikation virale und zelluläre Proteine phosphoryliert. Durch die gehemmte Phosphorylierung der Lamine A und C blockiert Maribavir ausserdem die Ausschleusung des Virus aus dem Zellkern ins Zytosol.

Behandlungsabbruch bei 13 % der Patienten

Ganz ähnlich fiel das Verhältnis in einer Subgruppenanalyse bei den Personen nach hämatopoetischer Stammzelltransplantation aus (55,9 % vs. 20,8 %). Auch hinsichtlich des Fehlens von Virämie plus Symptomen zum Therapieende und der Persistenz dieses Zustands nach acht weiteren Wochen war Maribavir signifikant überlegen (18,7 % vs. 10,3 %; p = 0,013).

Therapiebedingte Nebenwirkungen entwickelten 97,4 % der Patienten im Prüfarm im Vergleich zu 91,4 % der Kontrolle. Akute nephrotoxische Wirkungen und Neutropenien traten unter Maribavir seltener auf als unter den anderen Substanzen – mit Ausnahme von Cidofovir. Insbesondere waren diese Nebenwirkungen nur bei jeweils 1,7 % der Patienten mit Maribavir verknüpft.

Insgesamt führten Toxizitäten in 13,2 % der Fälle zum Abbruch der Behandlung gegenüber 31,9 % im Kontrollarm. Jeweils ein Patient in jeder Gruppe starb an einem solchen unerwünschten Ereignis.

Maribavir ist demzufolge, sagte Dr. Duarte, wirksamer als die konventionellen Therapien hinsichtlich der Bekämpfung der CMV-Virämie von Transplantationspatienten und gleichzeitig gut verträglich. Auch und vor allem bei Betroffenen, die eine Stammzelltransplantation erhalten haben.

Duarte R et al. EBMT 47th Annual Meeting virtual; Abstract GS2-5