Behandlung von Infektionen bei Patienten mit Bronchiektasen
Im Teufelskreis der Bronchiektasen gibt es einen wichtigen Treiber: die Infektion bzw. Kolonisierung der Atemwege. Dennoch fehlt bis dato ein evidenzbasiertes Konzept, z.B. wie man Pseudomonas am besten beikommt.
Die Prävalenz von Bronchiektasen scheint in den letzten Jahren zuzunehmen. Das allerdings dürfte weniger daran liegen, dass sie immer häufiger werden, sondern an der zunehmenden Aufmerksamkeit, sagte Professor Dr. Martin Witzenrath von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Die Inzidenz wird derzeit zwischen 4 und 50/100 000 angegeben, die Prävalenz mit 67/100 000. Innerhalb von vier Jahren sterben etwa 10–16 % der betroffenen Patienten.
Zwei Teufelskreise sind beim Krankheitsbild aktiv
Bronchiektasen werden als chronische Dilatation der Bronchien und Bronchiolen als Folge der Zerstörung der Muskulatur und des elastischen Bindegewebes definiert. Sie gehen in den meisten Fällen auf das Konto von viralen und bakteriellen Infektionen, aber auch Reflux, lange bestehendes Asthma, COPD, rheumatologische Erkrankungen, primäre Immundefekte und die primäre Ziliendyskinesie hat man als Verursacher erkannt.
Gleich zwei Teufelskreise sind beim Krankheitsbild aktiv: Der eine betrifft die Organebene mit gestörter mukoziliärer Clearance, chonischer bronchialer Infektion, Inflammation und strukturellen Lungenveränderungen, die die mukoziliäre Clearance nicht gerade verbessern. Dieser Prozess kann rasch bis zur Transplantationspflichtigkeit voranschreiten, aber auch viele Jahre klinisch stumm vor sich hin schwelen.
Als Beispiel nannte Prof. Witzenrath einen Mann, der als junger Erwachsener rezidivierende Pneumonien entwickelte. Erst mit Mitte 50 machte sich seine Lunge erneut bemerkbar, innerhalb von zwei bis drei Jahren fiel die Lungenfunktion dramatisch ab. Mittlerweile ist er erfolgreich transplantiert.
Der andere mit Bronchiektasen assoziierte Teufelskreis macht sich auf der Patientenebene bemerkbar. Durch die Lungenerkrankung bewegt sich der Betroffene zu wenig, es kommt zur Dekonditionierung. Weil er nicht mehr mithalten kann und sich nicht wohl fühlt, rutscht er zunehmend in die Isolation, wird oftmals depressiv, was wiederum den Bewegungsmangel und die Dekonditionierung fördert.
Langzeitig Makrolide bei häufigen Exazerbationen
Eingreifen kann man in diese Teufelskreise vor allem mit Atemphysiotherapie und Rehabilitationsmassnahmen. Die mukoziliäre Clearance lässt sich durch Inhalation von Mannitol und physiologischer Kochsalzlösung adressieren. Hat der Patient mindestens drei Exazerbationen pro Jahr, ist der Langzeiteinsatz eines Makrolids (z.B. dreimal pro Woche 500 mg Azithromycin) hilfreich. Welches Therapieschema man verfolgen sollte – etwa sechs Monate on, sechs Monate off –, ist allerdings völlig unklar. Kortikosteroide haben sich in puncto Eindämmen der Inflammation als weniger wirksam erwiesen.
Geht es um die Therapie von Infektionen bei Bronchiektasen, muss man unterscheiden zwischen:
- der Eradikation eines Erregers bei Erstnachweis,
- der Dauertherapie bei Kolonisation (sie erfolgt am häufigsten durch nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM), Pseudomonas und Aspergillen) sowie
- der Therapie der Exazerbation (vor allem durch Hämophilus influenzae und Pseudomonas aeruginasoa).
Wird Pseudomonas zum ersten Mal nachgewiesen, gelingt es in 50 % der Fälle, ihn zu eradizieren. Dies gilt auch für asymptomatische Bronchiektasen-Patienten, bei denen man (halb-)jährlich eine Sputumkultur durchführen sollte, um Besiedelungen auf die Spur zu kommen.
Eradikation zwei oder drei Mal versuchen
Prof. Witzenrath behandelt die Betroffenen zwei Wochen lang mit einem intravenösen plus einem inhalativen Antibiotikum, z.B. Ciprofloxacin 75 mg zweimal täglich plus Colistin. Anschliessend wird die inhalative Behandlung weitere zehn Wochen fortgeführt. Hat dies keinen Erfolg, kann man die Eradikation noch ein zweites und vielleicht ein drittes Mal versuchen.
Vorsicht bei Makroliden!
- Bevor man seinem Bronchiektasen-Patienten ein Makrolid gibt, ist ein EKG erforderlich, da das Medikament die QT-Zeit verlängern kann. Zudem muss man eine Infektion mit nichttuberkulösen Mykobakterien ausschliessen.
- Mögliche Interaktionen sind ein Thema: Makrolide blockieren CYP3A4 und beeinflussen damit den Stoffwechsel von Opiaten, Benzodiazepinen, Gerinnungshemmern und auch Statinen (nicht Pravastatin!).
Sind die Patienten allerdings schon seit Jahren besiedelt, bekommt man den Pseudomonas nicht mehr los. Hat solch ein Patient trotz adäquater Atemphysiotherapie mehrere Exazerbationen pro Jahr, kann man bei Pseudomonas-Befall eine Dauertherapie mit inhalierbaren Antibiotika – Tobramycin, Colistin, Aztreonam, Levofloxacin – versuchen und ggf. orale Antibiotika hinzugeben. Die genannten inhalierbaren Substanzen sind sehr teuer und nur für die zystische Fibrose zugelassen. Vor einer Verordnung muss man daher die Kostenübernahme durch die Kassen klären.
Zur spezifischen Antibiotika-Therapie akuter Exazerbationen fehlt ebenfalls die Evidenz, so ist z.B. unklar, ob sie mit einem einzelnen Medikament oder besser mit Kombinationen erfolgen sollte. In der Praxis richtet man sich nach dem letzten mikrobiologischen Nachweis und wird die Therapie breit angehen. Prof. Witzenrath: «Wir machen eine 14-tägige i.v. Therapie. Ob das wirklich richtig ist, wissen wir bisher leider nicht.»
8. Symposium Seltene Lungenerkrankungen im virtuellen Fokus