Patienten mit Epistaxis über heilungsförderndes Verhalten aufklären
Etwa 6 % der Betroffenen mit akutem Nasenbluten suchen ärztliche Hilfe. Meist blutet es in der vorderen Nasenhöhle und das Ganze lässt sich gut behandeln. Das gilt aber nicht unbedingt für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen oder Gerinnungsstörungen.
Nasenbluten beginnt meist spontan ohne einen klaren Auslöser. Doch es gibt eine Reihe von systemischen Risikofaktoren, die das Auftreten begünstigen können. Dazu gehören lokale Faktoren wie Trockenheit, Traumata, intranasale Medikamente und Entzündungen sowie systemische Faktoren wie Atherosklerose und Hypertonie. Häufiges Nasenbluten kann ausserdem das erste Anzeichen einer Leukämie oder solider Tumoren sein oder auf die seltene hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie hindeuten.
Plastikkittel, Schutzbrille, Maske und Handschuhe
Bei der Untersuchung eines Patienten mit Nasenbluten ist es wichtig, Massnahmen zu ergreifen, um sich vor dem Blut (bzw. Körperflüssigkeiten generell) zu schützen, betont Professor Dr. Hadi Seikaly von der Division of Otolaryngology – Head and Neck Surgery der University of Alberta. Er empfiehlt einen Kittel aus wasserundurchlässigem Material, Handschuhe, Augenschutz und eine Gesichtsmaske.
Als Erstes sollten die Atemwege überprüft und hämodynamische Parameter gecheckt werden, insbesondere wenn der Patient aus beiden Nasenlöchern oder dem Mund blutet. Auf Atemprobleme oder einen hämorrhagischen Schock sollte man auch bei blassen, stark schwitzenden oder hämodynamisch instabilen Patienten sowie Patienten mit Synkope oder kalten Extremitäten vorbereitet sein – vor allem, wenn mehrere dieser Faktoren zutreffen.
Schon während der Arzt zunächst eine kurze Anamnese und körperliche Untersuchung vornimmt, kann der Patient beginnen, mit den Fingern das untere Nasendrittel zusammendrücken – insgesamt werden etwa 15 bis 20 Minuten empfohlen. Eine vorgebeugte Haltung hilft, die Aspiration oder das Verschlucken von Blut zu vermeiden.
Danach folgt die anteriore Rhinoskopie. Wenn die Blutung nicht aufgehört hat und sich eine Blutungsquelle erkennen lässt, können topische Vasokonstriktoren appliziert oder kann das Gefäss verödet werden. Oxymetazolin wird im ambulanten Setting bevorzugt und scheint effektiver zu sein als Lidocain mit Epinephrin. Allerdings ist bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder Hypertonie Vorsicht geboten, weil es nicht ausgeschlossen ist, dass die topischen Vasokonstriktoren ischämische Ereignisse provozieren. Alternativ kann zur Hämostase topische Tranexamsäure eingesetzt werden. Die elektrische Kauterisierung scheint der chemischen mit Silbernitrat überlegen zu sein.
Kann man die Blutungsquelle nicht identifizieren oder blutet es weiterhin zu stark, um sie erkennen zu können, wird eine anteriore Nasentamponade für mindestens 48–72 h eingesetzt. Vorzugsweise benutzt man dafür ein resorbierbares Material. Dieses ist zwar teurer als nicht resorbierbare Materialien, aber beim Einbringen und während der Tragezeit für die Patienten weniger unangenehm. Zudem muss es nicht nach 48-72 h entfernt werden, wodurch sonst das Bluten manchmal wieder von vorne losgeht. Stattdessen werden bei der Nachkontrolle etwa eine Woche später nur eventuell verbliebene Materialreste entfernt. Mit den bisher genannten Massnahmen lassen sich fast alle anterioren Blutungsepisoden kontrollieren und der Patient kann nach Hause.
Antikoagulation während akuter Episode pausieren
Patienten, die unter Antikoagulation stehen oder an einer Gerinnungsstörung leiden, werden nach dem gleichen Schema behandelt, allerdings sollte besonders auf die Verwendung resorbierbarer Tamponaden geachtet werden. Man muss zudem damit rechnen, dass die Betroffenen stärker gefährdet sind, mehr als 250 ml Blut zu verlieren und damit eine Transfusion zu benötigen. Die Antikoagulation sollte während der akuten Blutungsepisode pausiert werden. Der Einsatz von spezifischen Antidots oder Plättchenkonzentraten bei sehr schweren Blutungen sollte nur nach Konsultation eines Fachspezialisten erfolgen.
Lässt sich die Blutung nicht kontrollieren, werden eine stationäre Aufnahme und aggressivere Massnahmen wie beispielsweise posteriore Tamponaden nötig, in refraktären Fällen auch Arterien-Ligation oder endovaskuläre Embolisation. Dies wäre dann aber Sache des HNO-Spezialisten, betont Prof Saikaly.
Die Patienten sollten allerdings nicht ohne vorherige Aufklärung aus der Praxis spazieren: Damit die Nasenschleimhaut abheilen kann, gilt es, in der ersten Woche auf heftiges Naseputzen, anstrengende Tätigkeiten, schweres Heben und Nasenbohren zu verzichten. Die Nasenschleimhaut soll er mit Kochsalzlösung oder Nasengel feucht halten.
Immer der Nase nach
Die Blutungsquelle liegt in 80–90 % der Fälle in der anterioren Nasenhöhle. Oft ist das anteroinferiore Septum betroffen, wo der Kiesselbach-Plexus sitzt, ein Geflecht aus Zweigen der A. carotis interna und externa. Anteriores Nasenbluten ist meist leicht zu stoppen und es besteht kaum ein Aspirationsrisiko. Beim posterioren Nasenbluten (10–20 % aller Ereignisse) blutet es aus Zweigen der A. sphenopalatina und der aufsteigenden pharyngealen Arterien. Meist ist das posteriore Septum der Ursprung, manchmal die laterale Nasenwand und selten der Nasenboden. Diese Blutungen sind profuser, schwerer zu kontrollieren. Zusätzlich besteht eine höhere Gefahr, dass der Patient das Blut aspiriert.
Seikaly H. N Engl J Med 2021; 384: 944–951; doi: 10.1056/NEJMcp2019344.