Cranberry-Präparate halten nicht, was sie versprechen
Cranberry-Präparate haben einen schweren Stand gegenüber Antibiotika-Regimes zur Präventivtherapie rezidivierender Harnwegsinfekte. Bislang konnte keine einzige wissenschaftliche Studie ihre Wirksamkeit diesbezüglich nachweisen. Ob als Saft oder in Kapselform – laut Professor Dr. Martin Smollich von der Klinischen Pharmakologie und Pharmakonutrition der praxisHochschule Rheine sollte vor diesem Hintergrund den Patienten von ihrer Anwendung abgeraten werden.
Gerade was die Gruppe der älteren Patienten betrifft, sieht der Pharmakologe seine Meinung durch eine aktuelle repräsentative US-amerikanische Studie erneut bestätigt. Insgesamt nahmen daran 185 Frauen (65 Jahre und älter) teil. Die Altersheimbewohnerinnen erhielten ein Jahr lang zweimal täglich 36 mg Proanthocyanidin (entspricht ungefähr 600 ml Cranberrysaft) oder Placebo.
Und erneut konnten die pflanzlichen Kapseln nicht überzeugen. Weder in Sachen Bakteriurie plus Pyurie (primärer Endpunkt) noch bezüglich sekundärer Endpunkte, wie z. B. der erforderlichen Antibiotikagabe wegen eines Harnwegsinfektes, den Tagen unter Antibiose oder den Hospitalisierungsraten, gab es Vorteile. Zu Studienzwecken wird allgemein die Kapselform dem Saft vorgezogen. Der saure Geschmack des Safts und das generell reduzierte Trinkverhalten älterer Menschen führen zu einer hohen Abbruchquote.
Auf das Trinkverhalten kommt es an
Allerdings scheint gerade ein hoher Wasseranteil bei der potenziellen Wirksamkeit der Präparate eine zentrale Rolle zu spielen. Eine andere Untersuchung zeigte nämlich einen positiven Effekt der Beerenkapseln, wenn jeder Teilnehmer dazu gleichzeitig 500 ml Wasser trank. Diese und ähnliche Studien wiesen aber auch erhebliche methodische Mängel auf.
Aufgrund der aktuellen Datenlage rät das letzte Cochrane-Review von der Cranberrysaft-Anwendung ab. Prof. Smollich empfiehlt zudem, den Patienten zur Reinfektionsprophylaxe keine falschen Versprechungen mit unwirksamen Produkten zu machen.
Smollich M. internistische praxis 2017; 57: 539–541.