Risikopatienten vor der Thrombose schützen
Mit einer TVT-Prävalenz von 10-20 % bildet die Innere Medizin das Schlusslicht in der Häufigkeitsstatistik von Krankenhauspatienten. Patienten mit gynäkologischen Eingriffen tragen ein 15–40 %iges und Hüft- und Knieprothesenempfänger ein 40–60 %iges Risiko. Spitzenreiter sind Polytraumatisierte, Rückenmarkverletzte und intensivpflichtige Patienten mit Raten bis zu 80 %. Damit erhöhen expositionelle Faktoren, wie grosse operative Eingriffe, schwere Traumata und akute Erkrankungen mit Immobilisation, das individuelle Risiko erheblich.
Daneben spielt aber die individuelle Disposition eine wichtige Rolle, betonen die Autoren. So erhöhen z.B. Antithombin-, Protein C-/S-Mangel und APC-Resistenz die Gefahr jeweils um das 8–15-Fache. Auch frühere Thrombosen, maligne Erkrankungen oder höheres Lebensalter scheinen die Gerinnselbildung zu fördern. Laboruntersuchungen, wie die Messung der D-Dimere, tragen dagegen nicht zur Risikostratifizierung bei.
Was ist HIT I?
Eine heparininduzierte Thrombozytopenie Typ I (HIT I) geht mit mässigen und klinisch irrelevantem Abfall der Thrombozytenzahl einher. Meist tritt er zu Beginn der Heparintherapie auf. Die Blutplättchen sinken dabei aber nicht auf Werte unter 100 000/µl. Unter der Weiterbehandlung mit Heparin steigen die Blutplättchen dann wieder an.
Schwangerschaft, Kontrazeptiva und Rauchen sind wichtige Risikofaktoren
Der Umfang der prophylaktischen Massnahmen richtet sich dann entsprechend nach der individuellen Gefahr. Ist sie niedrig, genügen in der Regel die Basismassnahmen: Frühmobilisation, Bewegungsübungen und Anleitung zu Eigenübungen (wie Fusswippen). Diese Prophylaxe, die grundsätzlich bei allen Patienten angewandt werden sollte, kann durch physikalische Interventionen ergänzt werden. Sie bestehen aus medizinischen Kompressionsstrümpfen und/oder intermittierender pneumatischer Kompression. Letztere ersetzt die Wadenmuskelpumpe bei immobilen Patienten.
Ab einem mittleren Risiko besteht die Indikation zur medikamentösen Vorbeugung. Dafür stehen unfraktioniertes Heparin (UFH), niedermolekulare Heparine (NMH), Danaparoid, Thrombininhibitoren und orale Faktor-Xa-Hemmer zur Verfügung. Bei Einsatz von Heparinen gilt es immer auch an die Möglichkeit der heparininduzierten Thrombozytopenie Typ II (HIT II) zu denken. Gerade bei UFH sind deshalb regelmässige Kontrollen der Thrombozyten bis zum 14. Tag der Anwendung unverzichtbar.
Fraktionierte Heparine senken das HIT-Risiko
Die Dauer der Prophylaxe insgesamt richtet sich danach, welche Risikofaktoren für eine TVT noch wie lange fortbestehen. Um eine lückenlose Prophylaxe zu gewährleisten, ist die Kommunikation zwischen den behandelnden Ärzten, z.B. Klinik- und Hausärzten, besonders wichtig.
Notfall-Massnahmen bei Verdacht auf HIT II
Die heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II (HIT II) ist eine gefährliche Komplikation der Heparintherapie. Zu möglichen Hinweisen darauf gehören Thrombose- oder Emboliezeichen unter Heparingabe und ein Abfall der Thrombozytenzahl ab Tag 5 um mehr als die Hälfte im Vergleich zum höchsten Wert. Auch nekrotische oder entzündliche Infiltrationen an den Injektionsstellen können darauf hindeuten. In diesen Fällen muss das Heparin sofort gestoppt und durch ein alternatives Antikoagulans ersetzt werden. Die Leitlinie rät in der Akutphase von der Verwendung von Thrombozytenkonzentraten ab, Vitamin-K-Antagonisten sollten erst nach Stabilisierung der Thrombos Verwendung finden. Der kompressionssonographische Ausschluss einer TVT kann sinnvoll sein.Im Nachgang sollte man jede Episode darauf prüfen, ob wirklich eine HIT II vorlag. Falls ja, braucht der Patient eine genaue Aufklärung und einen entsprechenden Ausweis.
Quelle: S3-Leitlinie "Prophylaxe der venösen Thromboembolie", AWMF Leitlinien-Register 003/001