Medical Tribune
29. Apr. 2015Schutzhandschuhe am Arbeitsplatz

„Mit Handschuhen kann ich nicht arbeiten“

Viele Patienten mit berufsbedingten Dermatosen sind auf Schutzhandschuhe an ihrem Arbeitsplatz angewiesen. Doch nicht jeder kommt damit auf Anhieb zurecht. Was Sie für die Beratung wissen sollten: Die Abklärung von Berufsdermatosen und die Wiedereingliederung in den Beruf mit individuellen Hautschutz-Beratungen zur sekundären Prävention übernehmen spezialisierte Fachärzte und Reha-Einrichtungen. Doch die "Nachbetreuung" findet nicht selten beim Hausarzt statt.

Die Schutzhandschuhe sind genormt entsprechend europäischen Richtlinien und aufgeteilt in verschiedene Risikokategorien. Diese Handschuhe gewähren einen überprüften und zuverlässigen Schutz während der Arbeitszeit. Doch bei der Akzeptanz durch die Patienten können Probleme auftreten, weiss Gesundheitspädagogin Dr. rer. nat. Flora Sonsmann vom Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDEM) der Universität Osnabrück.

Unterziehhandschuhe aus Baumwolle saugen Schweiss

Problem Nr. 1 – Schwitzen: Bei längerem Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen machen Feuchtigkeits- und Wärmestau dem Patienten und seiner Haut zu schaffen. Abhilfe schaffen Unterziehbaumwollhandschuhe, die allerdings nach 10 bis 30 Minuten gewechselt werden müssen. Für Patienten, die feine manuelle Arbeiten durchführen, gibt es fingerlose und fingerspitzenlose Baumwollhandschuhe.

Viele Dermatose-Kranke gewöhnen sich an das häufige Wechseln, schreibt Dr. Sonsmann. Problematisch ist diese Lösung lediglich, wenn keine Unterbrechungen möglich sind. Hier können neuentwickelte semipermeable Unterzieh-Handschuhe aus Polyehtylenglykol (Sympatex®) möglicherweise Abhilfe schaffen.

Problem Nr. 2 – Allergien gegen die Schutzhand-schuhe: Nicht selten entwickeln die be
reits allergischen Patienten zusätzlich ein Kontaktekzem gegen verschiedene Handschuhinhaltsstoffe. Dies betrifft in erster Linie auf Kautschuk basierte Materialien, manchmal aber auch Handschuhe aus Polyvinylchlorid (PVC). Zur Lösung des Problems bieten sich Nachfragen bei den Herstellern an, die in der Regel akzeptable Ersatzmöglichkeiten nennen können.

Allergien verhindern und Alternativen suchen

Ein weiteres Problem sind übergeordnete sozial-psychologische Hemmnisse. Diese generieren sich zum einen aus früheren, schlechten Erfahrungen mit Handschuhen oder Vorbehalten der Patienten. "Manchmal erübrigen sich allerdings die Vorurteile, sobald der Patient merkt, dass es heute durchaus Schutzhandschuhe mit hohem Tragekomfort und hoher Taktilität gibt", erläutert Dr. Sonsmann.

Eine Erprobung der Handschuhe am Arbeitsplatz oder in einer simulierten Arbeitsumgebung baut ebenfalls Vorurteile ab. Nachberatungen, die Möglichkeit zur Grössenanpassung und zur Erprobung unterschiedlicher Modelle festigen die Akzeptanz. Schwieriger ist die Überwindung sozialer Faktoren nach dem Motto "Keiner trägt bei uns Handschuhe". Hier bietet z.B. das iDerm Schulungen mit dem Ziel an, "Argumentationshilfen zu schaffen und den Schutz so zu organisieren, dass er an jeden Arbeitsplatz passt".

Quelle

Text und Abb.: F. Sonsmann, S.M. John, B. Wulfhorst, A. Wilke "Ich kann mit Handschuhen nicht arbeiten! – Oder doch? Herausforderungen und Lösungen bei der Auswahl eines adäquaten Handschuhschutzes", Akt Dermatol 2015; 41: 25-30, © Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart