Medical Tribune
2. Dez. 2014Syphilis-Infizierten

Syphilis überholt HIV: Sex-Infektion stoppen

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts werden seit 2010 jedes Jahr mehr Fälle von Syphilis gemeldet. Die Zahl stieg von 3033 Fällen im Jahr 2010 auf 5015 in 2013. Dabei liegt die Inzidenz bei Männern mehr als zehnfach höher als bei Frauen, und zu über 80 % betrifft es homosexuelle Männer, häufig HIV-positive in den grossstädtischen Ballungsräumen.

Eine französische Erhebung zeigt ein ähnliches Bild: 95 % der Syphilis-Infizierten waren Männer, 83 % Homosexuelle (HIV-positiv 50,5%). Mehr als die Hälfte der Männer hatte pro Jahr mehr als zehn Sexualpartner. Obwohl 79 % bereits vorher an einer sexuell übertragbaren Erkrankung (STI) litten, benutzten 19 % nie ein Kondom.

Diagnostik qua PCR oder TPPA, nach 3–4 Wochen IgM-ELISA

Tipp für die Praxis

Für Benzathin-Benzylpenicillin besteht derzeit ein Lieferengpass, wie Prof. Schöfer erklärte. Ersatzweise kann man sich über die internationale Apotheke ein Importpräparat aus Österreich oder Spanien bestellen, z.B. Retarpen® Trockenstechampullen (2,4 Megaunits).

Die Syphilis hat die HIV-Infektion in der Häufigkeit inzwischen längst überholt: Im Jahr 2013 wurden 3263 HIV-Erstdiagnosen gemeldet, obwohl auch hier die Zahl der Neuerkrankungen wieder nach oben geht, so Professor Dr. Helmut Schöfer von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Frankfurt. Zur Diagnostik des Primäraffekts eignet sich gemäss der neuen S2K-Leitlinie der Erregernachweis mittels spezifischer Nukleinsäuren (z.B. PCR aus dem Abstrich).

In der Serologie hat der TPPA (Treponema-pallidum-Partikel-Agglutinationstest) den TPHA (Hämagglutinationstest) als Suchtest fast überall ersetzt, berichtete der Experte. Um Ergebnisse im Verlauf der Behandlung besser vergleichen zu können, sollten immer die gleichen Tests im gleichen Labor durchgeführt werden.

Neu in der Leitlinie sei die Empfehlung, den Ausgangswert eines quantifizierbaren, rasch ansprechenden Aktivitätsparameters (z.B. IgM-ELISA) für Verlaufskontrollen erst 3–4 Wochen nach Therapieeinleitung zu bestimmen, da er initial noch ansteigen kann.

Negativer Syphilis-Schnelltest schliesst Infektion nicht aus

Syphilis-Schnelltests können zur Suche verwendet werden. Doch Vorsicht: Ein negatives Resultat schliesst eine hochinfektiöse Frühsyphilis nicht aus. Und ein positives verlangt weitere Bestätigungstests.

Die erfreuliche Botschaft im Hinblick auf die Therapie lautet: Treponema pallidum spricht immer noch auf Penicillin an. Da sich der Erreger langsam vermehrt, muss die Behandlung mindestens zehn Tage dauern.

Als Standardmedikament gilt das Depotpräparat Benzathin-Benzylpenicillin, von dem bei Frühsyphilis einmal 2,4 Mio. IE und bei Spätsyphilis dreimal 2,4 Mio. IE im Abstand von je einer Woche intramuskulär gespritzt werden.

Als Alternativen bei Penicillin-Allergie kommen bei Frühsyphilis Doxy­cyclin (2 x 100 mg) oder Erythromycin (4 x 500 mg) oral für 14 Tage bzw. Ceftriaxon (Kurzinfusion mit 2 g einmal täglich für zehn Tage) in Betracht.

Bei Spätsyphilis eignen sich Doxycyclin oder Erythromycin für 28 Tage und Ceftriaxon (14 Tage). Empfohlen wird auch, Patienten ab dem Sekundärstadium einmalig 30–60 Minuten vor der ersten Antibiotikagabe 1 mg Prednisolon-Äquivalent/kg oral oder intravenös zu geben, um eine Jarisch-Herxheimer-Reaktion zu vermeiden.

Die Therapiekontrolle

Therapiekontrollen sollten vierteljährlich für ein Jahr stattfinden. Erfolgreich ist eine Behandlung, wenn die klinischen Symptome verschwinden, die Kardiolipinantikörper-Titer um mindestens zwei Verdünnungsstufen abfallen und innerhalb eines Jahres nicht wieder ansteigen.

Bei HIV-Patienten verläuft die Serokonversion langsamer als bei HIV-negativen. IgM-Antikörper dürfen nach 6–12 Monaten nicht mehr nachweisbar sein.

Quelle: 24. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie