Medical Tribune
23. Okt. 2014Die Ergebnisse einer klinischen Studie scheinen vielversprechend

Stammzelleninfusion nach Schlaganfall

Die prospektive, nicht randomisierte, offene Phase-I-Studie zur Stammzelleninfusion nach zerebralem Insult zielte primär auf die Sicherheit und Umsetzbarkeit des Verfahrens bei Menschen mit schwerem Hirninfarkt.1 Die klinischen Effekte versetzten die britischen Wissenschaftler dann aber in Erstaunen: Vor der Stammzellentherapie hatten vier der Patienten eine Chance von weniger als 4 %, die nächsten sechs Monate zu überleben. Drei von ihnen konnten sich nach einem halben Jahr wieder selbstständig versorgen.2

Funktionen bessern sich, Läsionen schrumpfen

Von insgesamt fünf Patienten (< 80 Jahre, klinisch stabil, ohne 
signifikante Karotisstenose), die maximal sieben Tage vorher einen schweren Mediainfarkt erlitten hatten, isolierten die Ärzte jeweils CD34+-Zellen aus dem Knochenmark. Diese hämatopoetischen Stammzellen injizierten sie dann via Angiographiekatheter in die ipsiläsionale Arteria cerebri media. Die Patienten vertrugen die Behandlung ohne Komplikationen und alle zeigten beim Follow-up nach sechs Monaten sowohl verbesserte klinische Funktionsscores (Modified Rankin Score und NIHSS*) als auch einen Rückgang der Läsionsvolu­mina.

Doch ist die funktionelle Regeneration tatsächlich auf die Stammzellen zurückzuführen? Die Pilotstudie kann dazu keine verlässliche Aussage treffen. "Es ist noch zu früh, Schlüsse zur tatsächlichen Therapiewirksamkeit zu ziehen. Bevor wir grössere klinische Studien einleiten, müssen wir noch mehr Tests durchführen, um die optimale Dosierung und den besten Behandlungszeitpunkt herauszufinden", gibt einer der Studienautoren, Dr. Soma Banerjee vom Imperial College Healthcare in London, zu bedenken. Um die Ergebnisse zu validieren, forscht die Studiengruppe zudem nach neuen Hirnscan-Techniken, anhand derer die Effekte der injizierten Zellen unmittelbar nachvollzogen werden können.

Es wird vermutet, dass die CD34+-Zellen über die Ausschüttung von Zytokinen die Angio- und Neurogenese anregen. Professor Dr. Nagy Habib, Imperial College London, der ebenfalls zum Studienteam gehört, erläutert: "Unser Ziel ist es, ein Medikament, basierend auf den von den Stammzellen ausgeschütteten Faktoren, zu entwickeln, das in der Krankenhausapotheke gelagert und so dem Patienten noch in der Notaufnahme, umgehend nach der Schlaganfalldiagnose, verabreicht werden kann."

* National Institutes of Health Stroke Scale

Quelle: 1. Soma Banerjee et al., Stem Cells Translational Medicine 2014; online first 3: 1-92. Pressemitteilung des Imperial College London