Medical Tribune
3. Nov. 2014Die Alopecia areata

Haarausfall? Differentialdiagnostik und Behandlung

Die Alopecia areata wird durch T-Lymphozyten ausgelöst. Sie infiltrieren die Papillenregion und lähmen sozusagen die Haarfollikel, wie Professor Dr. Hans Wolff, Dermatologische Klinik der LMU München, ausführte. Eigentlich besitzt der Haarfollikel eine Art Immunprivileg, das ihn vor Attacken des Immunsys­tems schützt. Bei der Alopecia areata bricht dieses Privileg zusammen, so die Hypothese zur Pathogenese.

Etwa alle zwei Jahre kommen grosse Hoffnungen zu neuen Behandlungsoptionen auf, zuletzt durch den Januskinase-Inhibitor Tofacitinib, der T-Lymphozyten supprimiert. Bei einem Patienten mit Psoriasis hat die Substanz nicht nur die Schuppenflechte etwas gebessert, sondern auch das Haarwachstum an den kahlen Stellen in Schwung gebracht. Alle Studien, die mit dieser Substanz gestartet wurden, hat man inzwischen abgebrochen.

Psoriasis: Steroide führen zu Kapillarektasien

Bis heute muss sich die Therapie auf Altbewährtes stützen: z.B. Zinktabletten oder lokale Immuntherapie mit Diphenylcyclopropenon (DCP), die vor allem dann wirkt, wenn keine komplette Alopezie vorliegt und sie erst seit Kurzem besteht. "Topische Steroide geben wir nicht, weil diese zu Kapillarektasien führen können", so Prof. Wolff.

Das Problem der Alopecia areata ist, dass Wirkstoffe die intakte Hautbarriere kaum durchdringen. Deswegen ergeben Therapieansätze mit Calcineurininhibitoren wenig Sinn. Demgegenüber könnten Januskinase-Inhibitoren therapeutisch relevant werden, wenn es gelänge, sie als topische Zubereitung zu ent­wickeln.

Bei Lichen planopilaris wirkt topische Therapie

Auch der Lichen planopilaris mit perifollikulären Rötungen und Schuppungen wird als T-lymphozytäre Autoimmunreaktion verstanden. Da diese nicht an der Papille, sondern auf Höhe der Stammzellen des Haarfollikels abläuft, wird der Haarfollikel allmählich zerstört. Doch die Hautbarriere ist bei dieser Erkrankung nicht so intakt wie bei der Alopecia areata. Daher hilft die topische Therapie mit Steroiden oder Calcineurininhibitoren. Der Experte rät zur Kombinationstherapie: An zwei Wochentagen Kortikoid-Kopfhautschaum (Clobetasolpropionat) und Pimecrolimus an zwei anderen Tagen. Systemische Therapien mit Acitretinoin, Ciclosporin oder Steroiden sind wegen einer ungünstigen Nutzen-Risiko-Relation problematisch.

Die Folliculitis capitis tritt überwiegend bei Männern auf. Man findet Pusteln, die gramnegative Keime enthalten. Die nicht vernarbende Entzündung spricht sehr gut auf niedrig dosiertes Isotretinoin an, 10–20 mg (off label). Zusätzlich sollten antiseptische oder antibiotische Begleittherapien, z.B. Benzoylperoxid-Clindamycin-Gel oder Zinkpyrithion-Shampoo zur täglichen Kopfwäsche, eingesetzt werden.

Bei der Folliculitis decalvans läuft eine destruierende Entzündungsreaktion ab, in den Pusteln findet man Staphylokokken. Die Erkrankung zeigt einen chronischen, vernarbenden Verlauf. Zu topischen Therapien, die im Falle einer Folliculitis capitis gegeben werden, ist eine systemische Therapie erforderlich: Rifampicin (2 x 300 mg/Tag) und Clindamycin (2 x 300 mg/Tag) über vier bis zehn Wochen.

Um die androgenetische Alopezie bei Männern zu behandeln, empfiehlt Prof. Wolff topisches Minoxidil (5 %). Es weist eine gute Langzeitwirkung auf. Alternativ kann 1 mg Finasterid pro Tag systemisch gegeben werden. Bei Frauen kommt nur eine 2%ige Minoxidillösung in Betracht. Alles, was sonst in Apotheken freiverkäuflich angeboten wird, bringt dem Experten zufolge nichts.

Quelle: 24. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie