Postoperativen Myokardinfarkt verhindern
Können Acetylsalicylsäure oder Clonidin, perioperativ gegeben, einen Herzinfarkt nach einem nicht kardialen Eingriff verhindern? Die Theorie spricht dafür. Doch greifen bei einer Operation zahlreiche Pathomechanismen ineinander, ausserdem haben die Medikamente Nebenwirkungen.
Nun befasste sich eine Studie aus Kanada mit der perioperativen Infarkt-Prophylaxe. Der Herzinfarkt stellt die häufigste postoperative Komplikation der grossen Gefässe bei nicht kardialen Eingriffen dar. In der POISE-2-Studie (Perioperative Ischemic Evaluation 2 trial) sollte die Myokardschutzwirkung von Acetylsalicylsäure1 und Clonidin2 untersucht werden.
Herzinfarkt post-OP: Gerinnung und Stress
Pharmakodynamisch antagonisieren die Medikamente wichtige Pathomechanismen, die einen Myokardinfarkt nach nicht kardialer Op. auslösen. Dies ist zum einen die Plättchenaktivierung, die das Risiko für einen Koronararterien-Thrombus erhöht. Hier könnte ASS als Plättchenaggregationshemmer gute Dienste leisten. So wird ASS auch heute schon bei einem Teil der Patienten perioperativ eingesetzt – doch fehlt eine grosse placebokontrollierte Studie, die Wirksamkeit und Nebenwirkungen systematisch erfasst.
Als zweiten infarkttriggernden Mechanismus nennen die Autoren die Sympathikus-Aktivierung durch den Eingriff mit konsekutiver myokardialer Sauerstoffnot. In diesem Szenario könnte Clonidin als α2-Agonist helfen: Die sympathikotone Überstimulation sinkt, hinzu kommen analgetische, angstlösende und antiinflammatorische Effekte. Die Ergebnisse kleinerer Studien mit niedrig dosiertem Clonidin fielen positiv aus.
ASS und Clonidin als bisheriger Behandlungsstandard
Auch hier sollte die placebokontrollierte POISE-2-Studie weitere Klarheit über Nutzen und Risiken bringen. Einbezogen in die einfachblinde, randomisierte Studie waren 10 010 Patienten, die sich einer nicht kardialen Operation unterziehen mussten. Sie erhielten entweder ASS oder Placebo bzw. Clonidin oder Placebo.
ASS wurde unmittelbar vor der Operation (200 mg) und dann 30 Tage postoperativ (100 mg/d) gegeben1, Clonidin wurde ebenfalls unmittelbar vor dem Eingriff und dann bis zu 72 Stunden danach eingenommen (niedrig dosiert oral und transdermal)2.
Die Ergebnisse fielen für beide Medikamente enttäuschend aus. Weder Clonidin noch ASS waren beim primären kombinierten Endpunkt Tod oder nicht tödlicher Myokardinfarkt innerhalb von 30 Tagen einer Placebogabe überlegen.
Ergebnisse enttäuschen
ASS erhöhte das Risiko für schwere Blutungen, Clonidin das Risiko für klinisch schwerwiegende Blutdruckabfälle und Herzstillstand. Gut, dass man anhand der grossen Studie über mehr Evidenz verfügt, heisst es in einem Kommentar zur Studie. Nun müsse man aber dringend neue Strategien entwickeln, um die perioperative Myokardinfarkt-Problematik in den Griff zu bekommen.
Quelle
1 Philip J. Devereaux et al., N Engl J Med 2014; online first
2 Philip J. Devereaux et al., a.a.O.
P. Vaishnava et al., a.a.O.