Medical Tribune
18. Aug. 2014Sport verringert kardiovaskuläre Hospitalisierungsrate

Stabile Herzinsuffizienz? Auf zum Sport!

Körperliche Bewegung kann die Belastbarkeit und Lebensqualität von medikamentös gut eingestellten Patienten mit Herzinsuffizienz in den NYHA-Stadien I bis III verbessern. Auch die kardiovaskuläre Hospitalisierungsrate wird gesenkt, wie Studien belegen.

Belastungs-EKG vor Trainingsbeginn

Vor Beginn des Trainings ist aus Sicherheitsgründen allerdings eine sorgfältige Diagnostik indiziert. Sie sollte neben ausführlicher Anamnese und klinischer Untersuchung ein Ruhe-EKG, eine Echokardiographie sowie ein symptomlimitiertes Belas­tungs-EKG (am besten als Spiroergometrie) umfassen. Treten während der Ergometrie Belastungshypertonie, Blutdruckabfall, Ischämiezeichen oder höhergradige Herzrhythmusstörungen auf, müssen diese zunächst abgeklärt und ggf. medikamentös behandelt werden. Zudem gilt es Kontraindikationen und Risikokonstellationen zu erfassen (s. Kästen) und den individuell geeigneten Trainingsumfang festzulegen, schreiben Dr. Silja Schwarz und ihr Kollege von der Präventiven und Rehabilitativen Sportmedizin am Klinikum rechts der Isar der TU München.

Erst aktiver werden, dann trainieren

Erhöhtes Risiko beim Training  

  • Höhergradige Rhythmusstörungen
  • Blutdruckabfall unter Belastung
  • NYHA-Klasse IV
  • Gewichtszunahme > 1,8 kg in 1–3 Tagen
  • Ruhefrequenz im Liegen > 100/min
  • Begleiterkrankungen, die die Belastbarkeit einschränken

Vor Beginn des eigentlichen Trainingsprogramms sollte man die Patienten zu einem aktiven Lebensstil motivieren – z.B. zu täglichen schnellen Spaziergängen (evtl. Schrittzähler nutzen), zu Treppensteigen oder Gartenarbeit. Ziel ist, innerhalb von etwa vier Wochen die Lebensgewohnheiten umzustellen und eine positive Einstellung zur körperlichen Aktivität zu schaffen. Für das Training lautet die oberste Maxime dann "Start low – go slow". Einheiten von fünf bis zehn Minuten Dauer zweimal pro Woche reichen am Anfang aus.

Kontraindikationen für Ausdauer- und Krafttraining

  • Ruhedyspnoe oder Verschlechterung der Belastbarkeit in den letzten 3–5 Tagen
  • Signifikante Ischämie bei geringer Belastung (< 50 W)
  • Unbehandelte maligne Rhythmusstörungen
  • Schlecht eingestellte Hypertonie (>160/100 mmHg)
  • Hämodynamische Instabilität Neu aufgetretenes Vorhofflimmern/-flattern

Das am häufigsten durchgeführte kontinuierliche Ausdauertraining findet meist auf dem Fahrradergometer oder Laufband statt, bei dem die Patienten 40–50 % der maximalen Sauerstoffaufnahme (peakVO2) zunächst nicht überschreiten sollten.

Trainingsintensität richtet sich nach peakVO2

Wird das Startpensum gut vertragen, verlängert man zunächst die sportlichen Einheiten auf 15–20 min, langfristiges Ziel sind 30–45 min. Erst wenn dieses Ziel erreicht ist, sollte man an der Intensitätsschraube drehen, die sich am peakVO2 orientiert. Auch die Trainingsfrequenz kann man bis auf einmal täglich erhöhen.

Als Alternative zum kontinuierlichen Ausdauertraining bietet sich die Intervallmethode an, bei der kurze Phasen mit geringer Belastung (30 bis 50 % peakVO2 bzw. max. Herzfrequenz) und solche mit kurzen intensiveren Intervallen (max. 90 % peakVO2) wechseln. Im weiteren Verlauf werden zunächst die intensiven Intervalle verlängert, dann die Erholungsphasen verkürzt. Kommt der Patient gut damit zurecht, können Trainingsdauer und -frequenz erhöht werden.

Beim Krafttraining setzt man auf geringe Gewichte und häufige Wiederholungen. Das Gewicht ist für den Patienten korrekt gewählt, wenn dieser pro Minute zehn bis zwölf Wiederholungen schafft und diese Belastung als leicht oder nur etwas anstrengend empfindet.

Puls- und Stoppuhr statt Faustformel

Pro Übung wird mit 5–10 Wiederholungen und ein bis drei Durchgängen mit entsprechenden Erholungspausen gestartet. Je nach Verträglichkeit kann das Training langsam auf 15 bis 20 Wiederholungen in nur noch einem Durchgang gesteigert werden. Erst im nächsten Schritt bietet sich eine Erhöhung des Gewichts bzw. der Zahl der Trainingseinheiten (max. drei pro Woche) an.

Um das Training sicher durchzuführen, empfiehlt sich am Anfang – insbesondere für stärker eingeschränkte Patienten – eine sportmedizinische Überwachung, idealerweise in einem kardiologischen Reha-Zentrum. Ist der Patient geübt und sicher, überwacht er sein Training durch Pulsuhr und Zeitmessung eigenverantwortlich. Absolut ungeeignet ist die Verwendung von Faustformeln für die Herzfrequenz wie beispielsweise 180 minus Lebensalter.

Mit steigender Belastbarkeit werden auch Sportarten wie Joggen und Skilanglauf sowie Übungen mit Crosstrainer oder Stepper möglich. Beim Intervall-Lauftraining im Freien wechseln sich Phasen geringer Belastung wie Walken minütlich mit Phasen höherer Intensität ab. Dafür bietet sich der Tripp-Trapp-Lauf, kleine Trippelschritte mit Abrollen über die Fussballen, an. Schwimmen ist aufgrund möglicher Druck- und Volumenüberlastung des Herzens nicht empfehlenswert.

Quelle: Silja Schwarz et al., Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 845 – 850