Medical Tribune
16. Juli 2014Die stereotaktische Bestrahlung von Hirnmetastasen

Mit Gammaknife statt 
Ganzhirn-Bestrahlung

Die erste Behandlung eines Patienten mit Hirnmetastasen mittels stereotaktischer Radio­chirurgie wurde im Jahr 1989 publiziert. Seither ist die Technologie weiterentwickelt worden – alleine und in Kombina­tion mit einer Ganzhirnbestrahlung.

Weniger kognitive Defizite dank Strahlen-Messer

Gegenüber Letzterer hat die Behandlung mit dem Gammknife zahlreiche Vorteile: Sie lässt sich an einem Tag durchführen und kann Tumor und Symptomatik bei mehr als 80 % der Patienten kontrollieren.

Neben einer Reihe weiterer Vorteile sind neurokognitive Einschränkungen nach der Radiochirurgie seltener und weniger ausgeprägt als nach konventioneller Bestrahlung, und nicht zuletzt kommt es kaum zu Haarausfall.

Offen ist zurzeit, wie viele (und wie grosse) Hirnmetastasen sich erfolgreich stereotaktisch bestrahlen lassen. Meist wird eine Grenze bei vier Läsionen gezogen. Da die Prognose bei diesen Patienten aber durch viele Faktoren beeinflusst wird, ist eine solch starre Grenzziehung vielleicht nicht sinnvoll, meinen die japanischen Gammaknife-Spezialisten. Sie starteten deshalb zunächst in 23 Zentren eine prospektive Beob­achtungsstudie, um Belege dafür zu finden, dass auch multiple Hirnmetastasen mit der Methode erfolgreich behandelt werden können.

Filiae-Volumen von 15 ml als Obergrenze

In die Untersuchung eingeschlossen wurden 1194 Patienten mit bis zu zehn neu diagnostizierten Hirnmetastasen, von denen keine ein Volumen von über 10 ml und einen Durchmesser grösser als 3 cm überschritt. Das Gesamtvolumen durfte nicht mehr als 15 ml betragen.

Bis zu 4 ml grosse Tumoren wurden mit einer Dosis von 22 Gy an ihrer Peripherie bestrahlt, bei grösseren Läsionen betrug die Dosierung 20 Gy. Es erfolgte keine Ganzhirnbestrahlung. 455 Patienten hatten eine einzelne Metastase (für die die Ergebnisse bekanntermassen besser sind als für multiple Läsionen), 531 hatten zwei bis vier und die anderen 208 Patienten hatten fünf bis zehn intrazerebrale Tumoren.

Die Studie folgte einem Nicht-Unterlegenheits-Design mit dem primären Endpunkt Gesamtüberleben. Dieses betrug 13,9 Monate für Patienten mit einer solitären Metastase und jeweils 10,8 Monate für die beiden anderen Gruppen.

Auch mit mehr als vier Hirnmetastasen zur stereotaktischen Bestrahlung

Bei Nebenwirkungen unterschieden sich die beiden Gruppen mit multiplen Metastasen nicht signifikant. Dies war keine randomisierte Studie – in einer solchen wird derzeit in Nordamerika bei Patienten mit fünf oder mehr Metastasen die Radiochir­urgie mit der Ganzhirnbestrahlung verglichen.

Die japanische Studie zeigt aber anhand des Gesamtüberlebens, dass es nicht mehr angemessen ist, Patienten mit mehr als vier Hirnmetastasen pauschal von einer stereotaktischen Radiochirurgie auszuschliessen und nur einer Ganzhirnbestrahlung zuzuführen. Bestehende Leitlinien, so die Autoren, werden demnächst entsprechend überarbeitet werden müssen.

Quelle: Yamamoto M et al., Lancet Oncol 2014; 15: 387-95