Medical Tribune
8. Jan. 2014Was ist für die Diagnose nötig?

Wie Sie knifflige Refluxfälle beherrschen

Die Unklarheiten zur gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) fangen schon bei den vielfältigen Definitionen an. Die Leitlinienautoren definieren GERD folgendermassen: Symptome oder Komplikationen durch Reflux von Mageninhalt in den Ösophagus oder darüber hinaus (Mundhöhle inkl. Larynx, Lunge).

Zusätzlich kann GERD als nicht erosiv (NERD) oder erosiv (ERD) klassifiziert werden, so Dr. Philip Katz vom Einstein Medical Center in Philadelphia und Kollegen.

Protonenpumpen-Inhibitoren bei Sodbrennen indiziert

Eine vorläufige Diagnose lässt sich bereits bei Vorliegen von Sodbrennen und Regurgitation stellen. Diese Beschwerden erlauben eine empirische Therapie mit Protonenpumpen-Inhibitoren. Liegt ein GERD-suspekter, nicht kardialer Thoraxschmerz vor, sollte dieser zunächst kardiologisch abgeklärt werden.

Eine Endoskopie ist diesen neuen Praxisleitlinien zufolge generell nicht erforderlich. Zur Spiegelung raten die Autoren nur bei Alarmsymptomen (z.B. Dysphagie), zum Screening bei hohem Risiko für einen Barrett-Ösophagus. Die Ösophagusmanometrie dient nur der präoperativen Evaluation.

Ein ambulantes Refluxmonitoring empfehlen die Autoren bei zweifelhafter Diagnose, PPI-refraktärer GERD oder zur Planung einer endoskopischen bzw. chirurgischen Therapie.

Helicobacter pylori Suche und Eradikation nicht sinnvoll

Ob zwischen Helicobacter pylori und GERD ein Zusammenhang besteht, wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Laut Praxisleitlinie ist weder die Suche nach dem Keim noch die Eradikation sinnvoll.

Studien haben keinen sicheren Hinweis dafür ergeben, dass nach langem PPI-Gebrauch bei besiedeltem Magen das Risiko für eine atrophische Gastritis ansteigt.

Was tun bei Komplikationen?Bei etwa 5–15 % aller Patienten mit GERD findet sich ein Barrett-Ösophagus.Die Behandlung entspricht der des Grundleidens, allerdings sollten regelmässig endoskopische Kontrollen erfolgen.

Wiederholte Spiegelungen empfehlen die Leitlinienautoren auch bei Patienten mit schwerer ERD (erosive Form) nach antisekretorischer Therapie, um einen zugrunde liegenden Barrett auszuschliessen.

Wie sollte man bei GERD-Patienten therapeutisch vorgehen? Zu den Allgemeinmassnahmen gehören:

  • Gewichtsreduktion bei bestehendem Übergewicht,
  • erhöhtes Kopfteil im Bett und
  • Verzicht auf Mahlzeiten zwei bis drei Stunden vorm Schlafengehen.

Verzicht auf Schokolade, Alkohol und Koffein!

Ein genereller Verzicht auf triggerverdächtige Lebensmittel – z.B. Schokolade, Alkohol, Koffein und saure oder gewürzte Speisen – hat sich nicht als hilfreich erwiesen.

Medikamentös gilt eine achtwöchige Behandlung mit PPI als Mittel der Wahl, um die Beschwerden zu lindern und mögliche Schleimhauterosionen abheilen zu lassen. Bei traditionellen Substanzen ist auf die Einnahme 30–60 Minuten vor der Mahlzeit zu achten. Neuere Zubereitungen erlauben mehr Flexibilität dank rascher Freisetzung.

Bei partiellem Ansprechen eventuell den PPI wechseln

Etwa 70–80 % aller Patienten mit erosiver Refluxkrankheit und 60 % der Kranken ohne Erosionen werden unter der Therapie komplett beschwerdefrei. Bei nur partiellem Ansprechen kann die Dosis erhöht oder auf einen anderen PPI gewechselt werden. Für Patienten mit vorwiegend nächtlichem Reflux stellt die abendliche Beigabe eines H2-Blockers eine Option dar.

Eine Langzeittherapie (niedrigste Dosis oder Intervall-/Bedarfsgabe) mit PPI empfiehlt sich, wenn die Symptome nach dem Absetzen der Medikamente erneut aufflackern. Prokinetika oder Baclofen sollten nicht ohne weiterführende Diagnostik zur Verwendung kommen.

Bei komplettem Therapieversagen wird zunächst empfohlen, die Compliance zu prüfen und ggf. die Dosis anzupassen. Gegebenenfalls ist eine weitere diagnostische Abklärung erforderlich (z.B. Endoskopie, pulmologische, allergologische oder HNO-ärztliche Diagnostik).

Osteoporose kein Grund für PPI-Verzicht

Bezüglich möglicher Risiken der PPI weisen die Experten auf eine erhöhte Gefahr für ambulant erworbene Pneumonien bei kurzzeitiger Einnahme (nicht bei langfristigem Gebrauch!) hin. Grundsätzlich steigt die Gefahr für eine Infektion mit Clostridium difficile – vor allem bei gefährdeten Patienten sollte daher keine PPI-Gabe erfolgen.

Die US-Autoren sehen aufgrund der Datenlage keinen Anlass, dass Patienten mit bekannter Osteoporose auf die Therapie mit PPI verzichten müssen. Auch zur gleichzeitigen Einnahme von Clopidogrel wird Stellung genommen: Sie führe klinischen Daten zufolge nicht zu einem erhöhten Risiko für unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse. 

Wann operieren? Eine Fundoplicatio durch einen erfahrenen Chirurgen ist bei sorgfältig ausgewählten Patienten so effektiv wie die medikamentöse Behandlung. Mögliche Indikationen für den Eingriff sind Non-Compliance, der Wunsch, die Medikamente abzusetzen, grosse Hiatushernien, refraktäre Ösophagitis oder persistierende Symptome. Die besten Erfolge lassen sich bei Patienten erzielen, die gut auf PPI ansprechen. Bei Adipösen wird statt der Fundoplicatio ein bariatrischer (vorzugsweise Magenbypass) empfohlen.

Quelle: Philip O. Katz et al., Am J Gastroenterol 2013; online first