Lifestyle-Interventionen bei Diabetiker durchaus nicht nutzlos
Die Fakten: Nachdem ein gesunder Lebensstil mit Gewichtsreduktion und körperlicher Aktivität in zahlreichen Studien günstige Effekte bei Diabetes-Patienten entfaltet hat, wollten die LookAHEAD* Autoren die Wirksamkeit auf lange Sicht belegen. In 16 US-Studienzentren rekrutierten sie über 5000 übergewichtige und adipöse Patienten mit Typ-2-Diabetes im Alter zwischen 45 und 76 Jahren. Randomisiert bildeten sie zwei Gruppen. In der Interventionsgruppe erhielten die Patienten den Rat zu intensiver Lebensstiländerung mit dem Ziel, das Körpergewicht um rund 7 % zu reduzieren. In der Kontrollgruppe folgte die Diabetes-Schulung einem konventionellen Protokoll.
Mehr Statine, weniger LDL in der Kontrollgruppe
Im Hinblick auf das Körpergewicht verzeichnete man gute Erfolge: Um 8,6 % sank das durchschnittliche Gewicht in der Interventionsgruppe im ersten Jahr, über den gesamten Studienzeitraum waren es im Mittel 6 %. "Ziel verfehlt" hiess es allerdings bezüglich Herzinfarkt-, Schlaganfall- und Mortalitätsrate, weshalb Look AHEAD nach einer mittleren Laufzeit von 9,6 Jahren vorzeitig abgebrochen wurde – geplant war eine maximale Nachbeobachtungszeit von 13,5 Jahren.
Ein Grund, sich fortan den mühsamen Einsatz für einen gesünderen Lebensstil Ihrer Diabetes-Patienten zu schenken? "Auf keinen Fall!", betonte die Studienleiterin Dr. Rena Wing von der Universität in Providence, als sie die Studie auf dem ADA-Kongress vorstellte.
Es gebe diverse Erklärungen für den überraschenden Misserfolg der Lifestyle-Änderungen. So nahmen z.B. die Patienten der Kontrollgruppe zu einem deutlich höheren Anteil Statine ein und wiesen niedrigere LDL-Cholesterinwerte auf als die Interventionspatienten. Und möglicherweise benötigt man eine stärkere Gewichtsreduktion und einen längeren Beobachtungszeitraum, um signifikante Prognosevorteile zu erzielen, so die Studienautoren.
Weniger Retinopathie, bessere Lebensqualität
Kein Anlass, mit den Bemühungen um den Lebensstil Ihrer Zuckerpatienten nachzulassen, betont auch Dr. Hertzel C. Gerstein von der McMaster University in Hamilton, Kanada, in seinem Kommentar zu den Daten. Als möglichen Grund für das verfehlte Studienziel nennt er ebenfalls den verminderten Gebrauch kardioprotektiver Medikamente (Statine, ACEHemmer, Metformin) in der Interventionsgruppe.
Abgesehen davon dürfe man die Vorteile in der Interventionsgruppe nicht übersehen: Neben signifikanter Gewichtsreduktion und verbesserter Infarktraten auf die Intervention ansprechen, z.B. die Progression der diabetischen Retinopathie.
Auch die medizinischen Kosten gingen zurück
Die Studienautoren selbst bleiben ähnlich optimistisch: Allein schon wegen der belegten Benefits, zu denen HbA1c-Reduktion, Besserung von Schlafapnoe, Depression und Harninkontinenz gehören, dürfe man mit der Bemühung um Fitness und Gewichtsreduktion nicht nachlassen.
Quelle: 73rd Scientific Sessions American Diabetes Association Kongress der ADA American Diabetes Association
1. The Look AHEAD Research Group, N Engl J Med 2013, online first;
2. H. C. Gerstein, N Engl J Med 2013, online first