Kalzium riskant fürs Herz?
Kalzium gilt gemeinhin als sehr gesund – insbesondere schätzt man die positiven Effekte bei der Prävention und Behandlung der Osteoporose. Über den Effekt auf andere Erkrankungen ist aber ziemlich wenig bekannt. In neueren randomisierten Studien zur Kalziumsupplementation mehrten sich jetzt die Hinweise, dass das Spurenelement das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse eher erhöht. Zwei aktuelle Untersuchungen untermauern den Verdacht.
Die Arbeitsgruppe um Dr. Qian Xiao vom National Cancer Institute in Bethesda ging der Sache in einer grossen prospektiven Studie mit knapp 400 000 Teilnehmern zwischen 50 und 71 Jahren genauer nach1. Mitte der 1990er-Jahre wurde bei den Teilnehmern die Einnahme von Kalzium in der Nahrung oder in Form von Supplementen erfasst, anschliessend beobachtete man den weiteren Verlauf über durchschnittlich zwölf Jahre.
Kalziumsupplemente nur für Männerherzen riskant?
51 % der Männer und 70 % der Frauen nahmen Kalziumsupplemente ein – entweder in Form von reinen Kalziumpräparaten oder als Multivitamintabletten.
Die männlichen Probanden taten sich offensichtlich mit einer hohen Dosis (> 1000 mg/d) nichts Gutes: Ihr Risiko für kardiovaskuläre Todesfälle war um 20 % erhöht, was vor allem auf Herzerkrankungen (RR 1,19) und weniger auf Schlaganfälle (RR 1,14) zurückzuführen war.
Bei Frauen liess sich dagegen kein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Kalziumtabletten und einem erhöhten kardiovaskulären Risiko nachweisen. Ebenfalls kein Bezug fand sich zwischen der Aufnahme von Kalzium mit der Nahrung und dem Risiko für Tod durch Herzinfarkt und Schlaganfall.
Auch wenn die amerikanische Studie für Frauen kein erhöhtes Risiko ermittelte, bedeutet dies noch nicht, dass für sie tatsächlich keine Gefahr besteht. Denn eine schwedische Untersuchung kommt zu entgegengesetzten Ergebnissen. Die Kollegen rekrutierten zwischen 1987 und 1990 insgesamt 61 433 Frauen aus der Mammographie-Screening-Kohorte und beobachteten sie durchschnittlich 19 Jahre lang. Die Kalziumaufnahme wurde mittels Ernährungsfragebögen erfasst, schreiben Professor Karl Michaëlsson von der Abteilung für chirurgische Wissenschaft der Universität Uppsala und Kollegen2.
Insgesamt starben im Beobachtungszeitraum 11 944 Teilnehmerinnen, davon 3862 an kardiovaskulären Erkrankungen, 1932 an KHK und 1100 an Schlaganfällen. Frauen mit einer Kalziumaufnahme von mehr als 1400 mg/Tag wiesen gegenüber solchen mit moderatem Konsum (600 bis 1000 mg) eine höhere Gesamtsterblichkeit auf (HR 1,40). Auch die Todesfälle aufgrund kardiovaskulärer Ereignissse oder KHK waren in der "Hochdosisgruppe" deutlich vermehrt (HR 1,49 bzw. 2,14). Dagegen fand sich keine grössere Gefahr für tödliche Schlaganfälle (HR 0,73).
Kalzium: Anstieg der Mortalität bei extremen Dosen
Die Einnahme von Kalziumtabletten erhöhte zwar nicht grundsätzlich die Sterblichkeit, aber wenn Frauen schon mit der Nahrung mehr als 1400 mg täglich konsumierten und dann noch entsprechende Supplemente einnahmen, erhöhte sich die Hazard Ratio (HR) für Tod jeglicher Ursache auf 2,57.
In der amerikanischen Studie blieb offen, welche Bedeutung die Aufnahme von Vitamin D und das Rauchen in diesem Zusammenhang haben. In der schwedischen Studie zeigte das Knochenvitamin keinen Einfluss auf die Ergebnisse. Bevor es weitere Erkenntnisse gibt, rät das Team um Dr. Xiao dazu, den Kalziumbedarf durch eine kalziumreiche Ernährung zu decken.
1. Qian Xiao et al., JAMA 2013; online first
2. K. Michaelsson et al., BMJ 2013, online first