Ticken in der Bauchspeicheldrüse
Alkohol und Tabak sind Gift für viele Organe, darunter auch die Bauchspeicheldrüse. Das ist nicht unbedingt etwas Neues. Die prospektive Datenbank des kollaborativen Pankreaskarzinomregisters lieferte nun präzise Daten: Dosisabhängig sorgt Trinken für eine Hazard Ratio (HR) von 1,6 und Rauchen für eine HR von 2,7, berichtete Professor Dr. Peter Layer vom Israelitischen Krankenhaus Hamburg. Die gute Nachricht, die Sie für die Gesundheitsberatung in Ihrer täglichen Praxis nutzen können: Nach zehn Jahren Abstinenz ist die Extra-Gefahr vorüber.
Diabetes und Hepatitis B: fünffach erhöhtes Risiko für Pankreskarzinom
Eine Studie1 aus China mit rund 1000 Malignompatienten und etwa ebenso vielen gesunden Kontrollpersonen enthüllte, dass der chronische Hepatitis-B-Carrier-Status eine Rolle spielt: Dauerhaft HBsAg-positive Virusträger wiesen eine signifikant erhöhte Gefährdung für Bauchspeicheldrüsenkrebs auf. Eine gleichzeitig bestehende Diabetes-Anamnese potenzierte diesen Effekt in erschreckendem Ausmass: Bei Diabetikern mit chronischer Hepatitis B schnellte das Risiko für ein Pankreaskarzinom fünffach in die Höhe.
Mit dem Einfluss unterschiedlicher Antidiabetika beschäftigte sich die Arbeit von Schweizer Kollegen.2 Diese bedienten sich einer britischen Datenbasis, die Angaben zu mehr als 2700 Patienten mit Pankreaskarzinom umfasste. Patienten, die mit einem Sulfonylharnstoff oder mit Insulin behandelt wurden, trugen jeweils ein verdoppeltes Krebsrisiko, mit Metformin behandelte dagegen ein mehr als halbiertes. Der protektive Effekt war in dieser Analyse allerdings auf weibliche Patienten beschränkt. Diese Daten stehen in gutem Einklang mit den Ergebnissen früherer Studien, so Prof. Layer.
Ernährungsaspekte zur Krebsentstehung widersprüchlich diskutiert
Widersprüchliche Resultate erzielten zwei Studien, die sich mit Ernährungsaspekten befassten. In einer britischen Antioxidanzien-Studie3 mit über 23 000 Teilnehmern stellte man die Daten von 49 Pankreaskrebspatienten denen von knapp 4000 Kontrollpersonen gegenüber. "Stark vermindertes Karzinomrisiko durch hohe Zufuhr von Vitamin C, Vitamin D und Selen", lautete die fast euphorische Botschaft, wie es der Referent formulierte.
Dagegen kam eine kanadische gepoolte Kohortenstudie4 mit mehr als 850 000 eingeschlossenen Individuen in puncto Ernährungs-Einflüsse zu einem enttäuschenden Ergebnis. Auch wer viel Obst und Gemüse verzehrt, kann damit keine Schutzwirkung für die Bauchspeicheldrüse erzielen. Prof. Layer zumindest neigt dazu, dieser grossen prospektiven Studie "mit fast 50-fach höherer Fallzahl" mehr Glauben zu schenken.
Spurenelemente: Verschobene Balance begünstigt Krebs
Einen Dämpfer gibt der Experte damit denjenigen, die Spurenelemente generell für schützend halten: Für derartige protektive Effekte fehle bisher die Evidenz. Im Gegenteil, es scheint sogar Spurenelemente zu geben, die die Zellentartung vorantreiben. In einer Studie5 entnahm man 118 Pankreaskrebs-Kranken und knapp 400 Kontrollen Proben der Fusszehennägel und bestimmte darin diverse Stoffe.
Malignomkranke wiesen deutlich höhere Konzentrationen an Arsen, Blei und Cadmium, sowie niedrigere Werte für Selen und Nickel auf. Möglicherweise sind es nicht die Spurenelemente selbst, sondern verschobene Balancen zwischen den Substanzen, die für die Karzinogenese eine Rolle spielen – "ein vielleicht unterschätzter Faktor", meinte der Gastroenterologe.
Parodontitis als Malignomrisiko
Last, but not least stehen auch bakterielle Ursachen in der Diskussion. Nachdem bereits frühere Arbeiten auf eine Rolle pathologischer Mundflora hingewiesen hatten, ermittelte eine europäische Multizenterstudie6 an je etwa 400 Pankreaskrebskranken und Kontrollen einen Hauptverdächtigen: Porphyromonas gingivalis. Wer hohe Antikörperspiegel gegen das Parodontitis-Bakterium aufweist, trägt ein erhöhtes Erkrankungsrisiko, so das Ergebnis. Umgekehrt scheinen Menschen mit guter Besiedlung durch physiologische Mundflora (halbiertes Risiko) über einen gewissen Schutz vor Pankreaskrebs zu verfügen.
Quelle: 21. Gastroenterologie-Update-Seminar Wiesbaden;
1. Q. Ben et al., Pancreas 2012; 41: 435-440;
2. M. Bodmer et al., Am J Gastroenterol. 2012; 107: 620-626;
3. P.J. Banim et al., Gut 2012; online first;
4. A. Koushik et al., Am J Epidemiol. 2012; 176: 373-386
5. A.F. Amaral et al., Gut 2012; 61: 1583-1588;
6. D.S. Michaud et al., Gut 2012; online first